Gutachten

Darf ein duales System die Zahlung der Nebenentgelte einstellen, wenn es in finanziellen Schwierigkeiten steckt? Die Berliner Kanzlei GGSC meint, nein. Die übrigen dualen Systeme müssten in einem solchen Fall in die Bresche springen.

GGSC: Jeder örE hat Anspruch auf Anpassung der Nebenentgelt-Vereinbarungen


Die Anwaltskanzlei GGSC hat eigens für diese Fragestellung ein Gutachten erstellt. Beauftragt wurde es vom Strategiekreis Verpackungsgesetz, dem bundesweit 30 öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger (örE) angehören und der von GGSC betreut wird. Das Fazit des Gutachtens wird die örE freuen, denn es spricht eindeutig zu Ihren Gunsten.

Anlass für das Gutachten waren die Zahlungsschwierigkeiten des Systembetreibers ELS. Der Sachwalter und die ELS hatten angekündigt, sich zur Zahlung der Nebenentgelte nicht verpflichtet zu sehen. Die Masseerhaltungspflicht gehe vor und die Bezahlung der Nebenentgelte sei nicht „systemrelevant“, erklärten sie zur Begründung. Die Nebenentgeltrechnungen zum 01.04.2018 für das 1. Halbjahr 2018 wurden deshalb nicht beglichen.

In dem Gutachten zeigt GGSC aber auf, dass jeder örE einen Anspruch auf den Gesamtbetrag der Nebenentgeltvereinbarungen habe. Der Gesamtbetrag wird von der „Clearingstelle Nebenentgelte“ jährlich festgelegt. Die Clearingstelle teilt dann dem örE mit, wie die Aufteilung dieses Gesamtbetrages auf die einzelnen Systembetreiber gemäß dem ermittelten Marktanteil zu erfolgen hat. Diese Aufteilung des Gesamtbetrages dient dem Clearing zwischen den Systembetreibern, wie GGSC betont. Der Anspruch des örE auf den ausgewiesenen Gesamtbetrag bleibt somit aber unberührt.

Anspruch gegen übrigen Systembetreiber

Gerät also ein duales System in finanzielle Schwierigkeiten und kann dieses duale System die Nebenentgelte nicht mehr bezahlen, müssten die übrigen dualen System einspringen. Die örE hätten in diesem Fall einen Anspruch gegen die übrigen Systembetreiber. Folglich müsste die Binnenaufteilung der Systembetreiber angepasst werden.

„Die Unteilbarkeit der Leistungen, also die Standplatzbereitstellung und -reinigung sowie Abfallberatung, erlaubt keine Leistungsreduzierung des örE“, betont GGSC. „Weil er die Leistung unverändert erbringt und zwar zu 100 Prozent, steht ihm auch der Anspruch auf Gegenleistung zu 100 Prozent zu. Die Binnenaufteilung der Systembetreiber muss angepasst werden, wenn sie nicht mehr geeignet ist, den unteilbaren Anspruch des örE auf den Gesamtbetrag der Nebenentgeltforderungen zu gewährleisten.“

Wie die Kanzlei weiter erklärt, handele es sich bei diesem Anspruch auf Vertragsanpassung nicht um eine gesamtschuldnerische Haftung der Systeme, denn er begründe keinen unmittelbaren Zahlungsanspruch, sondern nur eine quotale Anpassung nach den bestehenden Marktanteilen.

Strategiekreis prüft weitere Schritte

Laut GGSC prüfen die Mitglieder des Strategiekreises aktuell ein entsprechendes Vorgehen gegen die dualen Systeme. Diese sollen sich verpflichtet sehen, die ELS-Anteile von 5,9 Prozent an den Nebenentgelten entsprechend ihrer Marktanteile mit zu übernehmen. Dabei werde in Abzug zu bringen sein, was die örE noch von der ELS, ggf. im Zuge eines Insolvenzverfahrens, erhalten. Der Anpassungsanspruch betrifft laut Kanzlei das gesamte Jahr 2018 und sei nicht abhängig von Stichtagen, wie beispielsweise dem 19.03.2018, an dem das AG Bonn die vorläufige Sachwaltung über das Vermögen der ELS angeordnet hat.

„Gerichtliche Schritte sollten nicht notwendig werden“, meint GGSC. Schließlich hätten die Systeme verschiedentlich erklärt, sich als Solidargemeinschaft zu verstehen, weshalb beispielsweise die Erhöhung der Sicherheitsleistungen durch die Länder nicht zu rechtfertigen sei.

 

© 320° | 28.05.2018

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