Marktbericht für Edelmetalle

Nach der jüngsten Talfahrt an den Börsen sind „sichere Häfen“ gefragt. Davon profitiert Gold und zum Teil auch Silber. Bei Platin und Palladium hingegen herrscht starke Volatilität. Der wöchentliche Marktbericht für Edelmetalle.

Gold profitiert von wachsender Unsicherheit


Von Sonia Hellwig und Florian Richard, Heraeus Metals Germany GmbH & Co. KG.

Gold: Trendumkehr oder Strohfeuer?

Nach der Abwertung der chinesischen Währung Yuan schürten vergangenen Freitag enttäuschende Wirtschaftsdaten die Befürchtungen einer deutlich abkühlenden Konjunktur. So war etwa die Industrieproduktion im Juli so stark geschrumpft, wie seit sechseinhalb Jahren nicht mehr. In der Folge reagierten die Aktienmärkte weltweit mit herben Verlusten.

Die Talfahrt an den Börsen setzte sich auch nach dem Wochenende fort: Heute Morgen rutschte der DAX unter die 10.000 Punkte-Marke.Auch der Ölpreis und der US-Dollar zählten zu den Verlierern. Die Sorte Brent handelte am Freitag bei 46 USD je Barrel auf dem tiefsten Stand seit Mitte Januar. Der US-Dollar musste bereits am Mittwoch erste Verluste verbuchen.

Die Protokolle der letzten US-Notenbanksitzung enttäuschten den Markt und nährten Zweifel an einer Zinserhöhung im September. Obwohl sich der US-Arbeitsmarkt gut entwickelt, sprechen die niedrige Inflation, vor allem getrieben durch billigeres Öl, gegen eine Zinserhöhung. Auch günstigere chinesische Importe, die aus der Yuan-Abwertung resultieren, drücken auf die Inflation.

In diesen turbulenten Zeiten sind bei den Anlegern „sichere Häfen“ gefragt: Neben Bundesanleihen profitiert nun auch Gold wieder von wachsender Unsicherheit. Das Metall legte am Freitag bis auf 1.168 US-Dollar/oz zu und handelt damit knapp 90 US-Dollar/oz über seinem am 24. Juli erreichten Fünfeinhalbjahrestief von 1.077 US-Dollar/oz. ETF-Bestände wurden in der vergangenen Woche um etwa 200 koz aufgebaut. Charttechnisch liegt die Unterstützung für Gold nun bei 1.130 US-Dollar/oz und 1.110 US-Dollar/oz, Widerstand bildet sich bei 1.185 US-Dollar/oz und 1.200 US-Dollar/oz.

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Gold: 17.08.-23.08.2015 Dollar/oz Euro/oz Euro/g
Hoch 1.154,10 1.035,09 33,28
Tief 1.109,15 1.001,17 32,19

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Silber: Gold/Silber-Ratio steigt auf 75

Die Turbulenzen an den Finanzmärkten sorgten vergangene Woche für eine Verschiebung des Gold/Silber-Ratios zu Gunsten von Gold. Während Gold von einer nun später und langsamer erwarteten Zinserhöhung profitiert, ist die Situation für Silber nicht eindeutig. Zwar gilt auch Silber als „Safe Haven“-Investment, eine harte Landung der chinesischen Konjunktur würde allerdings die industrielle Nachfrage nach dem Metall deutlich dämpfen.

Noch ist hiervon allerdings wenig zu spüren: Im Juli lagen die Silber-Importe nach China um 63 Prozent über dem Vorjahresmonat. Auch aus den USA verzeichnen wir aufgrund des relativ günstigen Preises eine hohe Nachfrage nach dem Metall.

Die ETF-Bestände blieben letzte Woche weitgehend unverändert.

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Silber: 17.08.-23.08.2015 Dollar/oz Euro/oz Euro/g
Hoch 15,72 14,01 450,45
Tief 14,70 13,31 427,90

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Platin: Platin durchbricht Marke von 1.000 US-Dollar/oz

Trotz der schwachen Konjunktursignale aus China konnte Platin in der vergangenen Woche wieder Kursgewinne verzeichnen. Im Vergleich zum Vorjahr wurden im August gute Umsätze an der SGE verzeichnet. Am Mittwoch konnte die psychologische Grenze von 1.000 US-Dollar/oz nachhaltig durchbrochen werden, ein weiterer Anstieg auf 1.035 US-DOllar/oz scheint nicht mehr ausgeschlossen. Um negative Tendenzen zu eliminieren, müsste sich der Preis erneut über diesem Level festigen, was bisher jedoch nicht gelang.

Die Tatsache, dass das Metall innerhalb weniger Tage in einer Bandbreite um 50 US-Dollar/oz handelte, zeigt die extreme Volatilität der Märkte. Vergangene Woche blieben die ETF-Bestände stabil, im längerfristigen Vergleich zeigt sich allerdings ein Zufluss um 9 Prozent oder 226 koz innerhalb der letzten 2 Monate.

Bei im Wochenverlauf steigenden Preisen blieb die Industrienachfrage auf niedrigem Niveau. Das insgesamt niedrige Preisniveau scheint strukturelle Anpassungen in der Minenindustrie zu forcieren: Vergangene Woche kündigte Glencore an, die Schließung der Eland-Mine in Erwägung zu ziehen, während Lonmin weitere Restrukturierungsmaßnahmen bekanntgab.

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Platin: 17.08.-23.08.2015 Dollar/oz Euro/oz Euro/g
Hoch 1.043,00 928,54 29,85
Tief 975,25 883,38 28,40

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Palladium: Starke Volatilität

Ähnlich wie bei Platin war auch bei Palladium in der vergangenen Woche eine starke Volatilität zu beobachten, die sich auch nach dem Wochenende zunächst in einem Abwärtstrend fortsetzte. Preislevel um 600 US-Dollar/oz und darunter sorgten für ein starkes Verbraucherinteresse mit guten Umsätzen. Wir konnten auch eine gestiegene Nachfrage nach Palladium-Schwamm feststellen. Verkäufe im weltgrößten Automarkt China waren im Juli den vierten Monat in Folge rückläufig, eine solche Schwächephase wurde zuletzt 2009 verzeichnet. Die Palladium-Importe nach China fielen um 42 Prozent auf 1.272 Tonnen.

In EUR ging der Preisrückgang auf 590 US-Dollar/oz mit einem neuen 18-Monats-Tiefstand einher. Das Platin/Palladium-Ratio ist vergangene Woche auf 1,65 gestiegen und markiert somit den höchsten Level seit Januar 2015.

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Palladium: 17.08.-23.08.2015 Dollar/oz Euro/oz Euro/g
Hoch 628,50 563,00 18,10
Tief 588,50 525,00 16,88

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Rhodium, Ruthenium, Iridium: Rhodium wieder leicht unter Druck

Trotz festerer Kurse bei Platin und Palladium ging Rhodium eigene Wege und handelte tiefer als in der Vorwoche. Aufgrund von Investoren-Verkäufen geriet das Metall leicht unter Druck. Die sehr gute physische Nachfrage reichte allerdings nicht aus, um sich den Verkäufern entgegenzustellen. Die Volatilität im Rhodium ist letzte Woche wieder leicht angestiegen.

Ruthenium zeigte vergangene Woche wenig Aktivität, folglich bleiben die Umsätze auch auf schwachem Niveau.

Bei Iridium stiegen die Handelsvolumina wieder leicht an. Wir konnten eine erhöhte Marktaktivität und „two-way-business“ beobachten.

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17.08.-23.08.2015 Rhodium ($/oz) Iridum ($/oz) Ruthenium ($/oz)
Geld 775,00 36,00 435,00
Brief 950,00 44,00 535,00

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