Recyclingindustrie steht vor komplexen Herausforderungen

Auf die Goldrecycling-Industrie kommen große Veränderungen zu. Der Wettbewerb wird angesichts Überkapazitäten und einer zunehmenden Konsolidierung immer härter. Auch die wachsenden E-Schrott-Berge sind keine wahren Goldminen mehr.

Goldrecycling verliert an Glanz


Die goldenen Zeiten beim Goldrecycling sind vorbei. Ein Indikator dafür ist der Anteil von Recyclinggold an der gesamten zur Verfügung stehenden Menge Gold. Nach dem absoluten Hoch im Jahr 2009, mitten in der globalen Banken- und Finanzkrise, ist das Goldrecycling 2014 auf den tiefsten Stand seit 2007 gefallen. An diesem relativ niedrigen Niveau dürfte sich auch in diesem und in den kommenden Jahren nicht viel ändern. Zu dieser Einschätzung kommen das World Gold Council und die Boston Consulting Group (BCG). Die Recycler von Industriegold und E-Schrott müssen sich daneben auf weiter wachsende Überkapazitäten und eine Schwerpunktverschiebung des Recyclings von West nach Ost einstellen. Nicht zuletzt dürfte es zu einer weiteren Konsolidierung über die gesamte Wertschöpfungskette kommen.

Zwischen 1995 und 2014 machte recyceltes Gold durchschnittlich ein Drittel des gesamten globalen Goldbestandes aus. Das Rekordhoch von 2009 „wurde durch den wirtschaftlichen Schock der globalen Wirtschaftskrise ausgelöst“, wie es im Marktbericht The Ups and Downs of Gold Recycling heißt. In diesem Report haben die Lobby-Organisation der Goldminenindustrie World Gold Council und die Unternehmensberatung BCG die wirtschaftlichen Antriebskräfte des globalen Goldrecyclingmarkts untersucht. Mit 1.728 Tonnen betrug der Anteil des Recyclinggolds im Jahr 2009 42 Prozent am Gesamtbestand. 2014 ist dieser Anteil auf 26 Prozent beziehungsweise 1.122 Tonnen gefallen.

Menge des recycelten Goldes in ausgewählten Ländern 2012Angesichts der prognostizierten rasant wachsenden Menge an E-Schrott sollten die Wachstumsaussichten für die Goldrecyclingindustrie eigentlich besser als nur gut sein. Basierend auf Zahlen der Universität der Vereinten Nationen geht BCG von einem jährlichen Wachstum von Elektro- und Elektronikschrott – inklusive der Haushaltsgroßgeräte – von 6 Prozent aus. Im Jahr 2025 sollen demzufolge 99 Millionen Tonnen E-Schrott weltweit anfallen. „Allerdings ist die Menge des Materials, das für ein Goldrecycling in Frage kommt, eher gering“, schreiben die Autoren des Marktberichts. Der Strom an geeigneten Altgeräten mache 2025 nur 2 Prozent der gesamten E-Schrott-Menge aus. Zudem werde es zunehmend schwieriger, aus diesem Materialstrom Gold zurückzugewinnen, weil immer weniger Gold in den Elektronikprodukten verbaut werde.

Einige neue Marktteilnehmer kämpfen mit harten Bandagen

„Abgesehen davon sehen sich die Marktteilnehmer mit Überkapazitäten konfrontiert. Das gilt fürs Recycling von Industriegold und stärker noch für das Recycling von E-Schrott. Hier haben sich die Verarbeitungskapazitäten innerhalb der vergangenen zehn Jahre beinahe verdoppelt“, sagt Matthias Tauber, der als Berater zur weltweiten Geschäftsführung der BCG zählt. Die weltweiten Recyclingkapazitäten für E-Schrott sind dem Report zufolge von ungefähr 337.000 Tonnen im Jahr 2008 innerhalb von nur sechs Jahren auf 600.000 Tonnen angewachsen. „Derzeit geplante Projekte zum Kapazitätsausbau könnten die Verwertungskapazitäten bis 2018 auf 690.000 Tonnen steigern“, schätzt Tauber.

Der Wettbewerb werde sich deshalb in den kommenden zwei, drei Jahren noch weiter verschärfen. Vor allem, weil einige der neuen Player bereit seien, den bestehenden Recyclingmarkt durch neue Geschäftsmodelle aufzumischen, die auf dem Recycling von großen Mengen an minderwertigem E-Schrott zu Niedrigpreisen basieren. Was den Recyclingmarkt von Industriegold angeht, erwarten die BCG-Analysten beträchtliche freie Kapazitäten in Höhe von bis zu 40 Prozent.

Eine weitere einschneidende Veränderung wird sicherlich die Schwerpunktverschiebung von recyclingfähigem Gold werden. Falls Asiens Lagerbestände an Gold weiter zunehmen, wird sich das Recycling höchstwahrscheinlich von Nordamerika und Europa nach Osten verschieben, erwartet BCG. Der Goldschmuckverbrauch in Indien und China ist demnach von einem Anteil von 28 Prozent am weltweiten Gesamtverbrauch im Jahr 2004 auf 60 Prozent im Jahr 2014 nach oben geschossen. Auch in Zukunft werde Asien im Allgemeinen und speziell in Indien und China die Hauptzentren des globalen Goldbedarfs bleiben.

Westliche Unternehmen werden es schwer haben

Diese Entwicklung wird vor allem den Wettbewerb auf regionaler Ebene in Asien befeuern. Marktteilnehmer aus dem Westen mit ihren hochentwickelten aber teuren Recyclingverfahren werden es höchstwahrscheinlich schwer haben, um hier im Wettbewerb bestehen zu können. Einen Hoffnungsschimmer sieht BCG aber für die Recycler aus den Industrienationen: Falls in Indien, China und Asien strengere Vorschriften und Gesetze hinsichtlich nachhaltiger Umweltschutz-, Gesundheits- und Sicherheitsmaßnahmen erlassen werden, könnte der Bedarf an sauberen und effizienten Technologien steigen.

„Um in diesem Marktumfeld erfolgreich zu sein, müssen Unternehmen ihre Wettbewerbsstrategien und Betriebsmodelle überdenken“, rät Tauber. Das umfasse auch die Nutzung von Skaleneffekten durch Mergers & Acquisitions, Optimierung der Betriebsabläufe und den Aufbau einer guten Reputation bei den Kunden. Das klingt lapidar, „aber es würde den Rahmen dieser Studie sprengen, um detailliert auf die bestmöglichen strategischen Ansätze einzugehen, die es jedem Marktteilnehmer erlauben, Herausforderungen und Chancen wirksam begegnen zu können“, schreiben die BCG-Analysten, die nur eine grobe strategische Richtung vorgeben wollen.

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