Erfassung von Grünabfällen

In Baden-Württemberg werden derzeit 925.000 Tonnen Grünabfälle gesammelt. Eine Potenzialanalyse zeigt jedoch, dass deutlich mehr möglich ist. Für die Abschätzung wurden Verkehrs- und Siedlungsflächen ausgewertet.

Großes Potenzial für Grünabfälle in Baden-Württemberg


Grünabfälle stellen nicht nur einen großen Abfallstrom dar, sondern besitzen auch ein bedeutendes Wertpotenzial. So lassen sich mit der Verarbeitung der holzigen Anteile zu Hackschnitzeln und der anschließenden Verbrennung zur Wärmeerzeugung gute Erlöse erzielen, betont Florian Knappe vom Heidelberger ifeu-Institut. Das sei ein wichtiger Beitrag zur regionalen Wertschöpfung. Hinzu komme das energetische Potenzial für die Vergärung und die Weiterverarbeitung zu Komposten. Gute Gründe also, sich mit dem Abfallstrom intensiver auseinanderzusetzen.

Genau das hat ifeu für das Land Baden-Württemberg getan. Das Institut hat in sechs Pilotkreisen eine Potenzialschätzung für das Aufkommen an Grünabfällen durchgeführt, deren Ergebnisse Knappe beim Kasseler Abfall- und Bioenergieforum vergangene Woche vorgestellt hat. Demnach reicht das Grünabfallpotenzial in Baden-Württemberg von minimal 2,5 Millionen bis maximal 4,3 Millionen Tonnen. Im Vergleich zur aktuellen Erfassung von 925.000 Tonnen pro Jahr ist also noch viel Luft nach oben.

Um das Potenzial abzuschätzen, hat das ifeu spezifische Kennzahlen zum Biomasseaufkommen für Siedlungs- und Verkehrsflächen festgelegt, um auf dieser Basis das Aufkommen an Garten- und Grünabfällen abzuschätzen. Die Siedlungs- und Verkehrsflächen wiederum wurden in Gebäude- und Freiflächen, Betriebsflächen, Erholungsflächen sowie Friedhöfe und Verkehrsflächen aufgegliedert. Die Ergebnisse im Einzelnen sind:

Gebäude- und Freiflächen: Hier ist laut Knappe mit einem Grünabfallaufkommen in Baden-Württemberg von minimal 1,9 Millionen bis maximal 3,3 Millionen Tonnen zu rechnen. Der Löwenanteil eines verwertbaren Massenstroms kommt dabei aus dünn bis mäßig besiedelten Landkreisen. Demgegenüber ist das Aufkommen von Grüngutabfällen in Städten gering, weil dort der Anteil versiegelter Flächen höher ausfällt und Grünflächen weniger pflegeintensiv angelegt werden.

Betriebsflächen: Das gesamte Grünabfallaufkommen schätzt Knappe auf minimal knapp 9.000 und maximal rund 36.000 Tonnen. Auch hier sei die Besiedlungsdichte entscheidend. So sind Betriebsflächen in Städten häufig mit weniger Vegetation bedeckt als im ländlichen Raum.

Erholungsflächen: Dazu gehören laut Knappe Sportflächen, Campingplätze und Grünanlagen. Mindestens rund 261.000 Tonnen und maximal rund 595.000 Tonnen Grünabfälle können seinen Angaben zufolge in Baden-Württemberg theoretisch genutzt werden. Dabei spielt vor allem die Bewirtschaftungsart eine Rolle.

Friedhofsflächen: Insgesamt geben diese Flächen eine Grünabfallmenge von rund 57.000 Tonnen bis rund 66.000 Tonnen her, so Knappe. Innerhalb der Studie zeigte sich tendenziell ein höheres Potenzial in Städten als in Landkreisen, was aber wohl daran liegt, dass diese stärker bewirtschaftet werden. Friedhöfe seien eben auch Erholungsflächen.

Verkehrsflächen: Folgt man Knappes Gliederung, zählen hierzu Straßen, Wirtschaftswege sowie Schienen- und Wasserwege. In der Summe kommt der Wissenschaftler zu einem Grünabfallaufkommen von rund 255.000 Tonnen pro Jahr. Darin eingeschlossen sind Grasschnitt und rund 116.000 Tonnen rein holziges Material. Das größte Potenzial bergen Bundesautobahnen.

Um das Potenzial auch so gut wie möglich abschöpfen zu können, kommt der Erfassung eine entscheidende Rolle zu. In der Regel werden Grünabfälle im Bringsystem erfasst, meist über Sammel- beziehungsweise Häckselplätze. Die größten Erfolge erreiche man dabei mit einer Netzdichte von weniger als 5 Quadratkilometern Siedlungsfläche pro Übergabepunkt, sagt Knappe. Eine weitere Kenngröße für städtische Räume könne ein Übergabepunkt pro 10.000 Einwohner sein. Von Bedeutung sei aber auch die zeitliche Verfügbarkeit dieser Übergabepunkte. Hinsichtlich der Öffnungszeiten sollten auch das Wochenende und hier insbesondere die Samstage einbezogen sein.

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