Neues Wertstoffgesetz

Die Kommunen sollen für die Erfassung, Sortierung und Verwertung aller Wertstoffe aus privaten Haushalten verantwortlich sein, fordern vier Landesumweltminister aus den Reihen der Grünen. Sorgen um den Wettbewerb machen sie sich nicht: Regelungen zum Schutz der privaten Entsorger seien problemlos möglich.

Grüne Umweltminister sehen „historische Chance“


Die Grünen-Umweltminister aus Baden-Württemberg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Bremen sehen die Zeit gekommen, die Wertstofferfassung und –verwertung grundsätzlich neu zu gestalten. „Ziel muss es sein, alle Wertstoffe, insbesondere im Bereich der Verbunde, Kunststoffe und Metalle, aus Verpackungen und Nichtverpackungen, verbraucherfreundlich und möglichst einfach verbindlich zu erfassen und einer hochwertigen Verwertung zuzuführen“, heißt es im Länderkonzept der Minister.

Die Organisationverantwortung soll bei den öffentlich-rechtlichen Entsorgungstdrägern liegen. Ein solches Organisationsmodell aus einer Hand sei leistungsfähiger, ökologischer und letztendlich wohl auch kostengünstiger als das Nebeneinander von Dualem System und kommunaler Zuständigkeit, schreiben die Grünen-Politiker. Für die Neuordnung der Wertstofferfassung und –verwertung sollen dabei folgende Eckpunkte gelten:

  • Die Erfassung und Verwertung von Wertstoffen aus privaten Haushalten soll durch das geplante Wertstoffgesetz geregelt werden, die Regelungen für Wertstoffe aus dem gewerblichen Bereich sollen durch die geplante Novelle der Gewerbeabfallverordnung festgelegt werden.
  • Die Neuordnung der Wertstofferfassung darf nicht zu einer Kostenausweitung führen. Darüber hinaus soll eine Vereinfachung des Vollzuges gewährleistet werden.
  • Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sollen die Organisationsverantwortung für die Erfassung, Sortierung und Verwertung der Wertstoffe aus privaten Haushalten übernehmen.
  • Einzelnen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern soll die Option eingeräumt werden, die Organisationsverantwortung für Sortierung und Verwertung abzugeben. Dabei können sie die Leistungen Dritter in Anspruch nehmen. „In der Regel wird dies bedeuten, dass die Kommunen zumindest die Sortierung und Verwertung ausschreiben werden. Die private Entsorgungswirtschaft wird dabei weiterhin am Markt teilnehmen können. Regelungen zum Schutz der privaten Entsorger sind problemlos möglich, um den Wettbewerb zu gewährleisten“, heißt in dem Papier. Wie solche Regelungen aussehen könnten, wird allerdings nicht ausgeführt.
  • Eine finanzielle Beteiligung der Hersteller an der Wertstofferfassung und -entsorgung halten die Umweltminister für unverzichtbar. Die Hersteller bzw. Vertreiber müssten sich im Rahmen der Finanzverantwortung an den Kosten der Erfassung, Sortierung und Verwertung/Entsorgung „angemessen“ beteiligen. Eine zentrale Stelle soll dafür sorgen, dass ein „gerechter Finanzstrom“ von den Herstellern zu den öffentlich-rechtlichen Entsorgern und den von ihnen beauftragten Dritten erzeugt und aufrechterhalten wird.
  • Eine Absenkung der ökologischen Standards darf es nicht geben. Ziel soll neben der Recyclingmenge auch eine möglichst hohe Recyclingqualität sein. Das neue Wertstoffgesetz soll ambitionierte, selbstlernende Recyclingquoten insbesondere bei Kunststoffen mit einer anspruchsvollen werkstofflichen Quote vorschreiben.
  • Nach Auffassung der Umweltminister ist es zugunsten der Hersteller vorstellbar, über eine Herausnahme von PPK und Glas aus der Finanzverantwortung und dem bisherigen Dualen System nachzudenken.
  • Die „geradezu beliebige und missbräuchliche“ Verwendung des Begriffs Produktverantwortung wollen die Grünen-Politiker beenden. „Es gilt echte Stoffkreisläufe zu schaffen, welche wechselseitig auf Herstellungsprozess und Abfallbehandlung wirken und alle Beteiligten zu einer Betrachtung des gesamten Kreislaufes angefangen vom Produktdesign bis zur hochwertigen Abfallbehandlung motivieren“, heißt es in dem Papier. Dann werde sich Ressourceneffizienz und Ressourcenschonung als Wettbewerbsfaktor „automatisch“ etablieren.

Wie aus den Ausführungen im Papier hervorgeht, haben die Querelen der Dualen Systeme in den vergangenen Monaten offenbar als Steilvorlage gedient. „Nicht zuletzt aufgrund der schlechten Erfahrungen mit der durch die Dualen Systeme privat organisierten Verwertung der Verpackungen hat sich der ursprüngliche Ansatz der alten Bundesregierung, auch die Entsorgung der Nichtverpackungen aus dem Restmüll zu privatisieren („gelbe Tonne plus“), als nicht mehrheitsfähig erwiesen“, heißt es. Eine Absage erteilen sie auch den Überlegungen des Bundesumweltministeriums, „Systeme einer Mischverantwortlichkeit von Kommunen und Dualen Systemen“ zu etablieren. Das drohe das ohnehin komplizierte System der heutigen Verpackungsverordnung „vollends zu sprengen“.

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