Gutachten der Monopolkommission

Die Entsorgungswirtschaft bekommt immer mehr kommunale Schlagseite, meint die Monopolkommission. Sie fordert Veränderungen: Kommunen sollten künftig die Hausmüllentsorgung ausschreiben. Alternativ käme auch das Modell der „Grundentsorgung“ in Betracht – so wie bei den Stromanbietern.

Hausmüllentsorgung: Mehr privat, weniger kommunal


Die Monopolkommission ist ein kleiner Kreis von Leuten. Nur vier Mitglieder zählt das Gremium, das die Bundesregierung in Sachen Wettbewerbspolitik und Regulierung berät. Mindestens alle zwei Jahre melden sich die vier zu Wort. Dann überreichen sie der Bundesregierung ihr neues Hauptgutachten. Dort lässt sich dann nachlesen, wie es um die Privatwirtschaft in Deutschland bestellt ist. Und in welchen Bereichen aus ihrer Sicht Korrekturbedarf besteht.

An Handlungsfeldern besteht offenkundig kein Mangel. Das aktuelle Gutachten, das die Kommission vergangene Woche vorgestellt hat, ist 824 Seiten stark. Davon betreffen 16 Seiten die Entwicklung in der deutschen Abfallwirtschaft.

Korrekturbedarf sehen die Wettbewerbsexperten unter anderem im Bereich der Siedlungsabfälle. Die Kommission hatte schon vor Jahren das „faktische Monopolorecht“ der Kommunen bezüglich der Entsorgung von Hausmüll kritisiert. Im aktuellen Gutachten fordert sie nun, den Übergang zu einer Ausschreibung der Hausmüllentsorgung zu prüfen.

„Die seit langem sehr erfolgreichen Ausschreibungen insbesondere im ländlichen Raum zeigen, dass private Unternehmen die erforderlichen Leistungen mindestens ebenso hochwertig erbringen können wie kommunale Entsorger“, schreibt die Kommission. Besondere Anforderungen der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger wie ökologische Kriterien oder der Einsatz moderner Hybrid-Fahrzeuge könnten in den Ausschreibungen festgeschrieben werden. Eine Ausschreibung böte zudem den Vorteil der besseren Kontrolle ökologischer Standards, weil eine klare Trennung zwischen dem beauftragten Entsorgungsunternehmen und dem Träger der kommunalen Entsorgungsverantwortung erfolge.

Modell mit kommunalem „Grundentsorger“

Alternativ bringt die Kommission ins Spiel, jeden Haushalt frei wählen zu lassen, ob er am grundsätzlich kommunal organisierten Entsorgungssystem teilnimmt oder stattdessen die Abfallentsorgung mithilfe von zugelassenen Entsorgungsanbietern selbst regelt. Die öffentliche Hand würde in diesem System eine Gewährleistungsverantwortung behalten. Das würde bedeuten, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger ein kommunales Unternehmen beauftragt, als „Grundentsorger“ die Entsorgung zu übernehmen. Der Bürger hätte jedoch die Wahl, zu einem anderen (privaten) Entsorger zu wechseln. Die Kommission verweist hierbei auf die leitungsgebundene Energieversorgung, wo es ebenfalls einen kommunalen Grundversorger gibt, daneben aber auch private Anbieter.

Das Risiko, dass dadurch die Entsorgung ineffizient würde, sieht das Gremium nicht. Der private Entsorger könne schließlich selbst entscheiden, wo er in Konkurrenz zum kommunalen „Grundentsorger“ treten will. Eine Prüfung von Kosten und Nutzen eines solchen Modells sieht die Kommission in jedem Fall als lohnenswert an. Darüber hinaus verweist sie auch auf ihren Vorschlag, die Transparenz über die Höhe kommunaler Benutzungsgebühren dadurch zu erhöhen, dass die Kommunen den Stückerlös verpflichtend ausweisen.

Müllverbrennung eindämmen

Wie die Kommission weiter hinweist, gibt es „starke Argumente dafür, die kommunale Erbringung der Aufgaben weniger in den Vordergrund zu rücken“. Das betreffe auch ökologische Überlegungen. Kommunale Unternehmen seien heute nur selten in der Lage, zeitgemäße Recyclingbetriebe aufzubauen. Für den effizienten Betrieb solcher hochtechnischen Anlagen seien große Mengen Abfall und damit große Entsorgungsgebiete nötig. Teilweise werde davon ausgegangen, dass hierfür Entsorgungsgebiete von rund 5 Millionen Einwohnern nötig seien. Deshalb bestehe bei einer kommunal organisierten Abfallentsorgung die Gefahr, dass eine „ökologisch problematische Verbrennung“ vorgezogen wird. Die Recycling- und Verwertungsquoten ließen sich dadurch langfristig nicht erhöhen.

Um die Müllverbrennung einzudämmen, empfiehlt die Kommission eine Anpassung der Abfallhierarchie. Die Vorgabe, dass eine energetische Verwertung ab einem Heizwert von 11.000 Kilojoule pro Kilogramm dem Recycling gleichgestellt wird, verhindere ein nachhaltig ökologisches Handeln. Weil die durchschnittlichen Heizwerte der Müllverbrennungsanlagen in Deutschland bei etwa 10.000 Kilojoule pro Kilogramm liegen und neue Anlagen Werte von 12.000 bis 14.000 Kilojoule erreichen, sei der Grenzwert zu niedrig angesetzt. Dadurch würden „unverhältnismäßige Vorteile“ für die Müllverbrennungsanlagen gegenüber privat errichteten Sortier- und Verwertungsanlagen geschaffen.

Hinzu komme, dass Müllverbrennungsanlagen überwiegend von Kommunen betrieben würden. Dabei sei der Anteil der kommunalen Betätigung bei der Entsorgung von Siedlungsabfällen in den vergangenen Jahren ohnehin schon gestiegen. Zwischen 2005 und 2013 habe der Anteil kommunaler Unternehmen an der Restmüllentsorgung von 37,4 auf 45 Prozent zugenommen, betont die Monopolkommission. Kommunale Unternehmen seien dabei auf dicht besiedelte Gebiete konzentriert, während in Flächenkreisen fast ausschließlich private Unternehmen aktiv seien. Laut BDE liege der Marktanteil der kommunalen Entsorgungsbetriebe in Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern bei fast 80 Prozent, so die Kommission.

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