Kombiniertes Recycling

In Deutschland macht Bauschutt mehr als ein Viertel aller mineralischen Bauabfälle aus. Bislang landen die Materialien überwiegend im Straßen- oder Erdbau. Bayerische Forscher wollen nun das Material als Sekundärrohstoff für den Hochbau nutzen.

Hochbauprodukte aus Keramik- und Mauerziegelbruch


Mit 192 Millionen Jahrestonnen sind Bauabfälle hierzulande der größte Abfallstrom. Rund 52 Millionen Tonnen davon sind Bauschutt – Beton, Ziegel, Porenbeton oder Kalksandstein. Während RC-Beton inzwischen als Baustoff in der Bauindustrie verwendet wird, wandern die restlichen Wertstoffe in den Tiefbau.

Dieser Art von „Downcycling“ sind Wissenschaftler im Projekt „Produktgestaltung mit Sekundärrohstoffen in der Baustoff‐ und Keramikindustrie – BauKera“ auf den Grund gegangen. Ihr Ziel war es, ein Verfahren zu finden, um Produkte mit definierten Eigenschaften für den Hochbau und die Keramikindustrie herzustellen. Daran beteiligt waren die Technische Hochschule Nürnberg, das Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie (ICT) und die Bayreuther Porzellanfabrik Walküre.

Für ihre Untersuchungen haben die Forscher zunächst verschiedene Modelbaustoffe aus Bauschutt – bestehend aus Mauerziegelbruch, Kalksandstein und Porenbeton – hergestellt. Danach wurde der Baustoff zu unterschiedlichen Anteilen mit Keramikbruch gemischt. Dieses hybride Material (Korngröße fünf Zentimeter) durchläuft anschließend die neu entwickelte Prozesskette.

Zerkleinern, Agglomerieren, Brennen

Im ersten Schritt wird das Gemisch in einem Backenbrecher grob auf eine Korngröße von zwei Zentimetern zerkleinert. Anschließend geht das Material in eine Hammermühle und wird auf kleiner ein Millimeter zermahlen. Durch weitere Zerkleinerung via Bondmühle entsteht schließlich Feinstmaterial mit Korngrößen unter 100 Mikrometern.

Die sogenannte Aufbauagglomeration ist der zweite Schritt des Verfahrens. Dabei wird in einem Intensivmischer unter Zugabe von Wasser aus dem Feinstmaterial Granulat mit einem Durchmesser von vier bis acht Millimetern erzeugt. Am effektivsten erwies sich hierbei ein Aggregat der Firma Eirich, so die Forscher. Ein ebenfalls getesteter Tellermischer lieferte unterschiedlich große und teils zu große Granulate.

Zu guter Letzt wurde das gewonnene Material gehärtet. Hier wurden zwei Wege beschritten: die hydrothermale Härtung in einem Autoklaven beim Projektpartner ICT (mineralisiertes Wasser, 200 Grad Celsius, 12 bar Druck) und die Härtung bei 900 Grad Celsius im Brennofen in der Porzellanfabrik Walküre.

Verwendung im Hochbau möglich

Unterm Strich waren die Forscher mit den erzeugten Granulaten zufrieden. Sie eignen sich zum Beispiel als Zuschlagstoffe für Leichtbeton, Materialien zur Wärmedämmung und für den Schallschutz. Darüber hinaus könnten sie auch als Trägermaterial für Pflanzennährstoffe verwendet werden.

Je nach Druckfestigkeit müssen allerdings verschiedene Brennprozesse und -temperaturen für die Materialgemische beachten werden. So liefert bei Hybriden mit hohen Ziegelanteilen (90 Masseprozent) die hydrothermale Härtung die höchste Druckfestigkeit. Für geringe Ziegelanteile zeigten hingegen die bei 900 Grad Celsius gebrannten Granulate die besten Werte.

Bezüglich der Wärmeleitfähigkeit erreichten die Granulate den Wissenschaftlern zufolge einen besseren Wert als in der Literatur für Hochloch‐Ziegel veranschlagt. Dieser liegt bei einem Wert von etwa 0,5 Watt pro Meter und Kelvin. Für die erzeugte Schüttung mit 10 Prozent Porzellan und 90 Prozent lag der Wert bei 0,146 Watt pro Meter und Kelvin; für die umgedrehte Verteilung nur bei 0,127 Watt pro Meter und Kelvin.


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Lösungsansatz für das Sulfat-Problem

Damit die Produkte künftig auch eingesetzt werden, müssen sie umweltverträglich sein, dürfen also gemäß Einbaukriterien einen bestimmten Grenzwert für Sulfat nicht überschreiten. Innerhalb des Projekts haben die Forscher daher versucht, den Schadstoff vor der Produktherstellung auszuschleusen.

Wie sie betonen, ist ihnen dies durch die sogenannte selektive Zerkleinerung der Modellbaustoffe gelungen. Dabei wird mittels Hammermühle die Feinfraktion unter einem Millimeter abgetrennt. Dennoch lagen die Sulfatwerte für Kalksandstein, Porenbeton und Ziegelbruch schließlich über den Grenzwerten der LAGA-Mitteilung 20 – egal ob verputzte oder unverputzte Proben getestet wurden. Lediglich für unverputzten Kalksandstein wäre ein eingeschränkter Einbau nach Z1.2 erlaubt gewesen.

Projekte für die Zukunft

Dennoch sehen die Forscher das nicht als Misserfolg an. So könnten die vorgestellten Sulfatwerte den Recyclingfirmen eine Auskunft über den zu erwartenden Sulfatgehalt geben. Darüber hinaus zeige es den Bedarf einer weiteren Schadstoffanalyse der Baustoffe.

Ebenfalls ein Projekt für die Zukunft ist die Herstellung eines Keramikproduktes aus den untersuchten Sekundärrohstoffen. Zwar konnten die Forscher innerhalb des zweieinhalbjährigen Projekts einen gießfähigen Schlicker herstellen. Allerdings sei bei der anschließenden Formgebung und dem damit verbundenen Trocknen kein stabiles Keramikprodukt entstanden.

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