Trend bei Hotelketten

Die großen Hotelkonzerne ergreifen die Initiative. Eine Kette nach der anderen kündigt an, in naher Zukunft Einweg-Plastikprodukte zu verbannen. Für Strohhalme steht eine mögliche Alternative schon bereit – Trinkhalme aus Apfeltrester, entwickelt von einem Startup aus Deutschland.

Hotelkonzerne verzichten auf Einwegplastik


Die Hotelkette Iberostar hat es vorgemacht und Hilton und Scandic Hotels haben nur wenige Tage später nachgezogen. Und jetzt folgt auch die spanische Hotelgruppe Meliá: Sie alle werden künftig auf Plastik-Einwegprodukte wie Strohhalme und Becher verzichten.

Wie Meliá-Chef Gabriel Escarrer angekündigt hat, wird Einwegplastik bis Ende dieses Jahres aus allen Meliá-Hotels verbannt. In den über 380 Hotels, die Meliá Hotels International weltweit betreibt, seien im vergangenen Jahr allein über 22 Millionen Plastikflaschen konsumiert und entsorgt worden, rechnete er vor.

Darüber hinaus sollen nicht nur Plastikflaschen, sondern auch Becher, Tüten, Strohhalme und Untersetzer durch biologisch abbaubare oder umweltfreundliche Alternativen ersetzt werden. In einem weiteren Schritt sollen so schnell als möglich auch die Plastikverpackungen von Kosmetikartikeln aus den Hotelzimmern verschwinden.

Iberostar will Hotelzimmer komplett plastikfrei machen

Bereits im Mai hatte die spanische Hotelkette Iberostar angekündigt, ihre Hotelzimmer plastikfrei zu machen. Auch Iberostar schiebt die Umsetzung nicht auf die lange Bank. Bereits seit Anfang Juni werden die Zimmer aller 36 Iberostar Hotels und Resorts in Spanien frei von Einwegplastik gemacht.

Produkte wie Tüten für Pantoffeln und Toilettenartikel oder Artikel in der Minibar sollen durch alternative Materialien ersetzt werden, wie Iberostar mitteilt. Statt Plastik sollen Materialien wie Glas, kompostierbarer Karton oder erneuerbare pflanzliche Produkte zum Einsatz kommen.

Allein in den spanischen Iberostar-Hotels sollen so jährlich 1,5 Millionen Plastikflaschen gespart und die Erzeugung von 43 Tonnen Kunststoffabfall vermieden werden. Diese Initiative soll aber nicht nur auf Spanien beschränkt bleiben, sondern in allen 110 Hotels der Gruppe weltweit eingeführt werden. Die Hotelkette schreibt sich auf die Fahne, bis 2019 vollständig „Single Use Plastic Free“ zu sein.

Plastik-Trinkhalm-Verzicht bei Hilton und Scandic

Hiltons Einwegplastik-Verzicht fällt im Vergleich dazu eine Nummer kleiner aus. Die US-amerikanische Hotelkette nimmt lediglich Kunststoff-Strohhalme ins Visier. Bis Ende 2018 will Hilton diese Trinkhalme aus seinen über 550 Hotels und Resorts weltweit entfernen und stattdessen eine biologisch abbaubare Alternative anbieten.

Auf Einweg-Plastikflaschen will das Unternehmen ebenfalls verzichten – zumindest teilweise. So sollen Plastikflaschen von Meetings oder Veranstaltungen in Hotels in der gesamten EMEA-Region verbannt werden. Damit würden in Europa, im Nahen Osten und in Afrika 20 Millionen Plastikflaschen weniger im Abfall landen, wie es heißt.

Das nordische Hotelunternehmen Scandic hat ebenfalls beschlossen, in allen seinen über 280 Hotels auf die Verwendung von Plastikhalmen und Cocktail-Sticks zu verzichten. „Insgesamt nehmen wir jährlich ungefähr 1,3 Millionen Strohhalme und 120.000 Cocktail-Sticks aus dem Verkehr“, sagt Lena Bjurner, als Senior Vice President verantwortlich für den Bereich Nachhaltigkeit bei Scandic.

Die Hotelkette testet den Angaben zufolge bereits verschiedene umweltfreundliche Alternativen. In Bars und Restaurants will Scandic umweltverträgliche Strohhalme für Gäste anbieten, die diese benötigen, etwa Menschen mit besonderen Bedürfnissen. „Des Weiteren wollen wir auch die Plastikdeckel für unsere To-Go-Kaffeebecher durch biologisch abbaubare Deckel ersetzen“, wie Bjurner sagt.

Essbare Trinkhalme aus Apfelresten

Eine mögliche umweltfreundliche Alternative könnte Apfeltrester sein – ein Abfallprodukt, das bei der Herstellung von Apfelsaft anfällt. „Allein in Deutschland kommen davon pro Jahr etwa 60.000 Tonnen zusammen. Das ist ein enormes ungenutztes Potenzial“, meint Konstantin Neumann. Der 21-Jährige hat vor einem Jahr mit zwei Freunden das Unternehmen Wisefood gegründet und einen essbaren Trinkhalm mit dem Namen „Eatapple“ auf den Markt gebracht.

Der glutenfreie Trinkhalm aus Apfelmark und Apfelfasern habe die Form einer überdimensionalen Makkaroni und enthalte viele Ballaststoffe, aber quasi kein Fett, wie Neumann betont. Bereits seit 2015 feilt das Start-up-Unternehmen an der optimalen Rezeptur. Die Prototypen seien anfangs noch zu weich gewesen. Beim Trocknen hätten sie sich außerdem verzogen.

„Eatapple“ ist den Angaben zufolge der weltweit erste essbare Trinkhalm. Inzwischen produzieren die drei Unternehmensgründer täglich bis zu 10.000 Öko-Halme im Deutschen Institut für Lebensmitteltechnik im niedersächsischen Quakenbrück. Aktuell laufen die Vorbereitungen für den Umzug der Produktion zu einem Nudelhersteller. Ab Juli sollen täglich eine halbe Million essbarer Halme vom Band laufen.

Erste Tests mit verschiedenen Hotelketten laufen

Anders als die Plastikkonkurrenz weicht die Ökovariante allerdings irgendwann durch. „In Alkohol bleibt unser Trinkhalm derzeit rund 45 Minuten formbeständig, bei Saft nur etwa 20 Minuten“, räumt Neumann ein. Derzeit würde aber an einer weiteren Rezepturverbesserung gearbeitet, um eine Haltbarkeit von zwei bis drei Stunden zu erreichen.

Der Preis für diese Öko-Trinkhalme liegt allerdings deutlich über der Einmalvariante aus Plastik: 100 Stück kosten im Wisefood-Onlineshop 40 Euro. „Derzeit führen wir viele Gespräche, um Kooperationspartner und neue Vertriebskanäle zu finden“, so Neumann. Unter anderem laufen demnach die ersten Tests mit verschiedenen Hotelketten und dem Großhandelsunternehmen Metro.

 

© 320°/mit Material von dpa | 14.06.2018

Mehr zum Thema
Fragen und Antworten zum PET-Markt in Europa
Institute senken Konjunkturprognose – Nur noch Miniwachstum
Erstes deutsches Unternehmen für Schiffsrecycling
„Noch wenig Hinweise auf konjunkturelle Belebung“
Forscher: Plastik ist viel großräumiger verteilt als vermutet
UN-Bericht: Die Welt produziert Jahr für Jahr mehr Elektroschrott
Nur rund ein Viertel der Kunststoffe in Europa wird recycelt
Circular Economy: München hat die meisten Start-ups
Voestalpine will Buderus Edelstahl verkaufen
Wertstofftonne: Karlsruher hadern mit privatem Entsorger
Kunststofferzeuger beklagen „schwerste ökonomische Krise“