Bundesweite Übersicht

Einige Kommunen in Deutschland zeigen sich noch immer unbeeindruckt von den gesetzlichen Vorgaben zur Bioabfallsammlung. Eine aktuelle Untersuchung zeigt, dass in jeder fünften Kommune der Biomüll meist in der Restmülltonne landet. Wie kann das sein?

In diesen Kreisen und Städten gibt es noch immer keine Biotonne


In der deutschen Abfallwirtschaft können immer wieder gesetzliche Vorgaben missachtet werden, ohne dass unmittelbar Sanktionen drohen. Das zeigt das Beispiel Getrenntsammelpflicht für Bioabfälle, die seit 1. Januar 2015 vorgeschrieben ist. Noch immer gibt es einige Kommunen, die die Vorgabe konsequent missachten. Ein noch schlechteres Licht wirft die frühere Gewerbeabfallverordnung auf den Vollzug. Die Verordnung wurde seit Inkrafttreten im Jahr 2003 schlichtweg ignoriert – über mehr als 14 Jahre hinweg.

Inzwischen gilt die Getrenntsammelpflicht für Bioabfälle seit dreieinhalb Jahren. Doch Dutzende Landkreise und Städte bieten noch immer keine Biotonne an. Recherchen des Umweltverbands NABU zufolge gibt es in 24 Kreisen oder kreisfreien Städten gar keine Biotonne.

In anderen Städten und Kreisen können Bürger ihren Biomüll zu zentralen Sammelstellen bringen, was die Umweltschützer als wenig verbraucherfreundlich kritisieren. „Das ist fern von jeder Praxis und macht es unmöglich, energiereiche Küchenabfälle aus den Haushalten zu erfassen, deren Vergärung die größten Klimaschutzpotenziale verspricht“, erklärt NABU-Präsident Olaf Tschimpke.

Laut NABU gehen unter diesen Umständen große Mengen an Biomüll verloren, die zur Gewinnung von Bioenergie, Erde und Dünger genutzt werden könnte. So könnten bundesweit über vier Millionen Tonnen Bioabfälle pro Jahr zusätzlich gesammelt werden. Das würde laut NABU die derzeit gesammelte Menge von 4,8 Millionen Tonnen fast verdoppeln.


Biotonnen-Angebot in Deutschland 2018

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„Die Abfallwirtschaft hat sich viel zu lange auf der Müllverbrennung ausgeruht und verschenkt hier enorme Möglichkeiten zum Klimaschutz. Wir brauchen deutschlandweit ein Holsystem, mit dem Bioabfall in einer separaten Mülltonne bei den Bürgerinnen und Bürgern abgeholt wird“, sagte Tschimpke.

Die Erhebung des NABU zeigt außerdem, dass zahlreiche Kreise die Biotonne lediglich auf freiwilliger Basis eingeführt haben. Bürgerinnen und Bürger müssten die Tonne beim öffentlich-rechtlichen Entsorger bestellen, oftmals ohne finanziell davon zu profitieren. Während bundesweit im Schnitt jährlich 59 Kilogramm Küchen- und Gartenabfälle pro Einwohner über die Biotonne gesammelt werden, sind dies in Kreisen mit freiwilliger Biotonne – insbesondere im Ruhrgebiet – oftmals weniger als zehn Kilogramm pro Einwohner, so der Umweltverband.

„Eine Pflichttonne in Kombination mit einem auf Abfallvermeidung ausgerichteten Gebührensystem ist eine Grundvoraussetzung für hohe Sammelmengen und hochwertiges Recycling“, betont NABU-Abfallexperte Benjamin Bongardt. Landkreise wie der Hohenlohekreis, Cochem-Zell und die Südwestpfalz würden zeigen, dass nach Einführung der Biotonne bereits in kurzer Zeit Sammelmengen von über 80 Kilogramm pro Einwohner erzielt werden könnten. Im Optimalfall werde die Bioabfallsammlung über die Gebühren der Restmülltonne quersubventioniert.

Generell gelte, dass Haushalte mit geringem Abfallaufkommen durch niedrigere Gebühren und das Angebot kleinerer Tonnen belohnt werden sollten, so Bongardt weiter. Der NABU fordert, dass Städte und Landkreise endlich ihrer Pflicht nachkommen sollten, die verpflichtende, kostenlose Biotonne einführen. „Wenn dies nicht endlich umgesetzt wird, müssen die Bundesländer als zuständige Vollzugsbehörden entsprechende Anordnungen androhen und aussprechen“, fordert der Verband.

Auch hätten die öffentlich-rechtlichen Entsorger die Bürgerinnen und Bürger umfassend zur Mülltrennung aufzuklären, damit wertvolles Biogut nicht im Restmüll landet. „Um das ökologische Potenzial des gesammelten Bioabfalls anschließend voll auszuschöpfen, bedarf es hochwertiger Vergärungs- und Kompostierungsanlagen“, unterstreicht der NABU. Hierfür seien in Deutschland Investitionen in neue Anlagen nötig, die sich mittelfristig auch rechnen.

 

© 320° | 06.072018

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