Neue Regeln zur Rücknahme von Altgeräten

Erwartungsgemäß hat der Entwurf zum neuen ElektroG das Bundeskabinett passiert. Die nächste Hürde wird nun der Bundesrat sein. Umstritten ist nach wie vor die Rolle des Handels.

Kabinett stimmt Entwurf zum neuen ElektroG zu


Auf Vorschlag von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks hat das Bundeskabinett heute neue Regelungen zur Rücknahme von Elektro- und Elektronik-Altgeräten beschlossen. Ziel des neuen Elektrogesetzes (ElektroG) ist es, die Sammelmenge bei Elektro- und Elektronik-Altgeräten zu steigern, wertvolle Metalle aus den Altgeräten zurückzugewinnen und für eine umweltgerechte Entsorgung der Reststoffe zu sorgen, betont das Bundesumweltministerium.

Der heute beschlossene Entwurf dient der Umsetzung der neuen EU-WEEE-Richtlinie. Große Vertreiber von Elektrogeräten sind künftig verpflichtet, Altgeräte beim Neukauf eines gleichwertigen Geräts zurückzunehmen. Als „große Vertreiber“ gelten Geschäfte, die auf mehr als 400 Quadratmetern Verkaufsfläche Elektro- und Elektronikgeräte anbieten. Bei kleinen Geräten (keine Kantenlänge größer als 25 cm) müssen diese großen Vertreiber die Altgeräte sogar ohne Kauf eines entsprechenden Neugeräts zurücknehmen. Mit dieser Regelung soll es für Verbraucher wesentlich einfacher werden, Elektro- und Elektronik-Altgeräte zurückzugeben.

Das Gesetz sieht außerdem eine schrittweise Erhöhung der E-Schrott-Sammlung vor: Bis zum 31. Dezember 2015 sollen durchschnittlich mindestens 4 Kilogramm Altgeräte pro Einwohner und Jahr aus privaten Haushalten gesammelt werden. Ab dem Jahr 2016 fordert das Gesetz eine jährliche Mindesterfassungsquote von 45 Prozent. Diese wird sich aus dem Gesamtgewicht der erfassten Altgeräte im Verhältnis zum Durchschnittsgewicht des E-Schrotts aus den vorherigen drei Jahren bemessen. Ab 2019 soll dann die Mindesterfassungsquote 65 Prozent betragen.

Auch die Recycling- und Verwertungsquoten werden sich laut Gesetz erhöhen: Je nach Gerätekategorie muss der Anteil der Verwertung mindestens zwischen 75 und 85 Prozent betragen. Der Anteil der Vorbereitung zur Wiederverwendung und des Recyclings bei Bauteilen, Werkstoffen und Stoffen liegt zwischen 55 und 80 Prozent.

Nur noch sechs Sammelgruppen

Das neue Elektrogesetz stärke zudem eine qualitativ hochwertige Behandlung des Elektroschrotts, die auf die Rückgewinnung ressourcenrelevanter Metalle ausgerichtet ist, erklärt das Bundesumweltministerium. Auch die illegale Verbringung von Elektro- und Elektronik-Altgeräten ins Ausland soll mit dem neuen Gesetz eingedämmt werden. Künftig muss der Exporteur und nicht mehr der Zoll nachweisen, dass die zu exportierenden Geräte noch funktionsfähig sind.

Weitere Regelungen betreffen die Optierung durch die Kommunen und die Sammelgruppen. Der Zeitraum für die Optierung wird von bisher einem Jahr auf zwei Jahre ausgeweitet. Der öffentlich-rechtliche Entsorger muss die Optierung künftig sechs, statt bisher drei Monate im Voraus bei der Stiftung Elektro-Altgeräte Register (ear) ankündigen. Darüber hinaus bezieht sich der Zeitraum einer Optierung nicht mehr wie ursprünglich vorgesehen auf zwei Kalenderjahre, sondern kann beliebig beginnen. Künftig müssen die Kommunen jeden vollen Container bei der ear anmelden – auch wenn dieser selbst vermarktet wird.

Die Zahl der Sammelgruppen wird sich künftig von zehn auf sechs reduzieren. LED-Lampen und Gasentladungslampen werden gemeinsam in der Sammelgruppe 4 erfasst. Neu ist, dass drei Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes auch Leuchten aus privaten Haushalten und Photovoltaikmodule unter die Gesetzgebung fallen – sie zählen zur neuen Sammelgruppe 6.

Zersplitterung der Rücknahmewege

Bei den Verbänden stoßen die neuen Regelungen zum ElektroG vielfach auf Zustimmung. Umstritten ist indes die Rolle des Handels. Während die Recyclingverbände BDE und bvse die Rücknahme über den Handel weitgehend positiv bewerten, üben der Kommunalverband VKU und der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) Kritik. Der VKU bezweifelt, dass der Einzelhandel in gleicher Qualität wie die kommunalen Entsorger sammelt und fordert eine einheitliche Sammelzuständigkeit auf Seiten der Kommunen: „Der Handel verfügt weder über ein ausreichendes Platzangebot oder entsprechend qualifizierte Mitarbeiter, noch über ein Managementsystem zur Sammlung und Lagerung der zurückgenommenen Elektroaltgeräte wie die Kommunen“, erklärt VKU-Hauptgeschäftsführer Hans-Joachim Reck. „Es ist nicht davon auszugehen, dass bei tausenden von neuen Sammelstellen die ordnungsgemäße Behandlung der Geräte sichergestellt und kontrolliert werden kann. So steht zu befürchten, dass Elektroaltgeräte nicht in ordnungsgemäße Entsorgungspfade gelangen und die Mengen statistisch nicht erfasst werden.“

Ähnlich sehen es die Branchenverbände Bitkom und ZVEI. „Die vermeintlich bürgerfreundlichere Rücknahme durch den Handel führt nach Einschätzung der Hersteller nicht zu einer Steigerung der Sammelmenge, sondern lediglich zu einer weiteren Zersplitterung der Rücknahmewege“, heißt es. Eine kleinteiligere Transportkette mit geringen Mengen wirke sich außerdem negativ auf die CO2-Bilanz aus.

Auch der Handel selbst lehnt die zusätzliche Rücknahmemöglichkeit ab. Der Handelsverband Deutschland (HDE) bezeichnete die beschlossene Rücknahmepflicht als unnötig. „Schon jetzt funktioniert die freiwillige Rücknahme von Elektrogeräten im Einzelhandel hervorragend“, so HDE-Geschäftsführer Kai Falk. Neben den Wertstoffhöfen trügen Elektrofachmärkte, Baumärkte und Lebensmitteleinzelhandel dazu bei, dass die Kunden ihre Geräte fachgerecht entsorgen können. Die Unternehmen des Einzelhandels hätten angeboten, die Rücknahmemengen auf freiwilliger Basis deutlich zu erhöhen. Der HDE hatte sich darüber hinaus für eine haushaltsnahe Entsorgung in die geplante Wertstofftonne eingesetzt. „Die Recyclingwirtschaft muss hierfür die technologischen Voraussetzungen schaffen“, so Falk weiter. Das würde die Bereitschaft der Verbraucher zu einer umweltgerechten Entsorgung der Altgeräte deutlich erhöhen.

BDE fordert weitere Maßnahmen

Aus Sicht des BDE gehen die neuen Regelungen im ElektroG noch nicht weit genug. „Es muss sichergestellt werden, dass nachweisbar alle Mengen zur Erstbehandlung in zertifizierte Aufbereitungsanlagen gebracht werden“, fordert BDE-Präsident Peter Kurth. „Wir fordern deshalb in Ergänzung zum neuen ElektroG präzisierende Durchführungsbestimmungen, die ein qualitativ hochwertiges Recycling stärken.“

Darüber hinaus bemängelt der BDE, dass sich im aktuellen Entwurf nur unzureichende Vorgaben zur sicheren Erfassung von lithiumhaltigen Altgeräten finden. Nur mit klaren und praxistauglichen Regelungen für die Erfassung und den Transport könne das durch Lithium-Ionen-Batterien entstehende Brandrisiko minimiert werden, stellt der Verband klar. Das Elektroaltgerätegesetz müsse daher die Anforderungen an Sammel- und Übergabestellen deutlich formulieren. „Um das Brandrisiko nachhaltig zu mindern, müssen Geräte mit Lithium und Geräte ohne Lithiumanteil schon bei der Annahme separiert werden. Dafür bedarf es eines erhöhten Einsatzes von Fachpersonal. Ohne eine sichere Erfassung kann ein gefahrloser Transport aber nicht gewährleistet werden“, so Kurth.

Nach dem heutigen Beschluss im Kabinett wird sich der Bundesrat voraussichtlich im Mai 2015 erstmals mit dem Entwurf befassen. Ende Juni/Anfang Juli soll das Gesetz dann im Bundestag beraten werden. Abschließend wird sich der Bundesrat in seiner zweiten Lesung voraussichtlich im September 2015 mit dem Gesetz befassen. Geplant ist, dass die neuen Regelungen der Novelle bis spätestens Ende dieses Jahres in Kraft treten.

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