Altkleidercontainer im öffentlichen Straßenraum

Mit welcher Begründung kann eine Kommune die Sondernutzungserlaubnis für die Altkleidersammlung verweigern? Und welchen Abstand muss ein Container auf einem Privatgrundstück zu öffentlichen Straßen einhalten? Eine Rechtsanwältin gibt Antworten.

„Kein Schutzzaun der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger“


Der Sachverhalt erscheint zunächst klar. Will ein gewerblicher Sammler einen Altkleidercontainer auf öffentlichem Grund abstellen, benötigt er hierfür eine Sondernutzungserlaubnis der betreffenden Kommune. Denn der Zweck einer öffentlichen Straße oder eines öffentlichen Platzes ist dadurch beschrieben, dass jeder die Straße oder den Platz nutzen kann. Mit dem Aufstellen eines Altkleidercontainers schränkt der gewerbliche Sammler die Nutzung ein, weil die Fläche, wo der Container steht, nicht mehr von allen genutzt werden kann. Folglich benötigt er hierfür eine Sondernutzungserlaubnis.

Doch damit ist der Sachverhalt nicht abschließend geklärt, wie Rechtsanwältin Anne-Kathrin Sinner von der Darmstädter Kanzlei Lankau, Weitz und Collegen beim bvse-Alttextiltag in Bremen erläuterte. Im Einzelfall stellt sich eine Reihe von Fragen, die zum Teil durchaus umstritten sind:

Was zählt zu einer öffentlichen Straße, und was nicht?

Zur öffentlichen Straße zählen laut Sinner nicht nur der Straßengrund an sich, sondern auch Seitengräben, Gehwege, Böschungen sowie Trenn- oder Randstreifen. Sie sind auch dann Bestandteil der öffentlichen Straße, wenn sie nicht unmittelbar mit der Straße verbunden sind. In Einzelfällen können auch Randstreifen zur öffentlichen Straße gehören, die sich im Privateigentum befinden. Voraussetzung ist, dass der Randstreifen eine „öffentlich gewidmete“ Fläche ist.

Benötigen auch Container eine Sondernutzungserlaubnis, die auf privatem Grund am Straßenrand stehen?

Ja, sagt Sinner, sofern Personen während des Befüllens des Containers auf der öffentlichen Verkehrsfläche verweilen müssen. Denn dieser Vorgang dient nicht überwiegend dem Verkehr, sondern der gewerblichen Betätigung des gewerblichen Sammlers. Entscheidend sei die Blickrichtung der Einwurfklappe und der Abstand des Containers zur öffentlichen Verkehrsfläche. Wie groß der Abstand genau sein muss, beurteilen die Gerichte unterschiedlich: Das Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen setzt einen Abstand von mindestens drei Metern an, das Verwaltungsgericht Ansbach einen Abstand von 1,0 bis 1,5 Metern und das Verwaltungsgericht Wiesbaden hält 30 Zentimeter für ausreichend.

Befindet sich der Container jedoch unmittelbar an der Straße zur öffentlichen Straße und ist die Einwurfklappe in Richtung Straße aufgerichtet, dann sehen alle Verwaltungsgerichte die Sondernutzung als erlaubnispflichtig an.

Was, wenn der Container auf privatem Grund nur über öffentlichen Grund zu erreichen ist?

In diesem Fall ist laut Sinner keine Sondernutzungserlaubnis erforderlich. Denn öffentliche Straßen dienen gerade dazu, dass Betriebe erreicht werden und Waren dorthin oder von dort weg transportiert werden können.

Kann die Kommune die Sondernutzungserlaubnis mit dem Argument „Verschmutzung“ verweigern?

Ja, das kann sie. Denn auch Altkleidercontainer ziehen Verschmutzungen an, indem ihre Standorte als Müllabladeplätze benutzt werden. Die Rechtsanwältin weist jedoch darauf hin, dass die Kommune den Einwand der Verschmutzung nicht pauschal geltend machen kann. Die Kommune müsse zumindest darlegen, dass es in der Vergangenheit zu solchen Missständen gekommen ist.

Kann die Kommune die Sondernutzungserlaubnis mit dem Argument „Abfallrechtlicher Bedarf“ verweigern?

Dieses Argument greift nach Sinners Auffassung nicht. Der abfallrechtliche Bedarf an Altkleidercontainern sei keine straßenrechtliche Erwägung. Ein Bescheid, der sich allein auf diesen Ablehnungsgrund stützt, wäre rechtswidrig aufzuheben.

Kann die Kommune die Sondernutzungserlaubnis mit dem Argument „Orts- und Stadtbild“ verweigern?

Gemeint ist mit diesem Argument, dass Container beispielsweise mit Graffiti besprüht werden und dadurch das Orts- oder Stadtbild beeinträchtigt wird. Wie Sinner darlegt, muss die Kommune für diese Argumentation ein Gestaltungskonzept verabschiedet haben. Ein bestimmtes Orts- oder Straßenbild könne nur dann geschützt werden, „wenn eine konkretisierende Vorstellung darüber besteht, wie sie Flächen zu gestalten sind“, argumentiert die Rechtsanwältin. Ein solches Konzept müsse vom „Gemeindeparlament“ beschlossen werden.

Kann die Kommune die Sondernutzungserlaubnis mit dem Argument „Sammlung aus einer Hand“ verweigern?

Grundsätzlich ja, aber auch für dieses Argument bedürfe es einer Grundentscheidung der kommunalen Volksvertretung. Wenn die verschiedenen Depotcontainer nur von einem Kooperationspartner betrieben werden sollen, müssten nach neuester Rechtsprechung aber auch die Belange der Wettbewerber und „insbesondere die gesetzgeberische Grundentscheidung des Abfallrechts, wie sich aus dem Kreislaufwirtschaftsgesetz ergibt“ beachtet werden, betont Sinner. So dürfe nicht außer Acht gelassen werden, dass dem Partner, der alleiniger Betreiber der Wertstoffinseln sein soll, eine marktbeherrschende Stellung eingeräumt wird. Der Gesetzgeber habe mit der Entscheidung, keine Zulassungspflicht für gewerbliche Sammlungen vorzusehen, sondern lediglich eine Anzeigepflicht, eben keinen Schutzraum der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger geschaffen, sondern die gewerblichen Sammlungen grundsätzlich dem Wettbewerb geöffnet.

Kann die Kommune die Sondernutzungserlaubnis mit dem Argument „Bevorzugung gemeinnütziger Sammler“ verweigern?

Nein, gemeinnützige Altkleidersammlungen sind nicht vorzugswürdig, sagt Sinner. Eine solche Bevorzugung wäre zum einen keine straßenrechtliche Erwägung und zum anderen ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Es sei nicht Aufgabe der Behörde, über das Straßenrecht bewusst Wirtschaftsförderung zu betreiben oder betriebswirtschaftlich möglicherweise nicht überlebensfähige Unternehmen durch die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen zu unterstützen. Es sei auch nicht zulässig, einen gewerblichen Sammler auf Dauer von einer Vergabe mit dem Argument auszuschließen, die Kommune habe bisher gute Erfahrungen mit sozialen Einrichtungen mit Ortsbezug gemacht.

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