Pyrolyse von Biomasse

In der Kaffeeproduktion entstehen jährlich große Mengen schlecht verwertbare Biomasse, die Boden und Klima schädigen. Schweizer Wissenschaftler haben nun eine Pyrolyse entwickelt, mit der in den Produktionsländern aus den Ernterückständen Pflanzenkohle und Wärme gewonnen werden kann. Eine Pilotanlage ist bereits im Einsatz.

Kohle aus Kaffee


Kaffee steht als beliebter Wachmacher fast in jedem Haushalt auf dem Frühstückstisch. Millionen von Kaffeefrüchten werden dazu jährlich angebaut, vergoren und geröstet. Übrig bleibt von der Herstellung die Kaffeekirsche, die aus dem Fruchtfleisch und der Schale der Kaffeebohnen besteht.

Die Schale der Kaffeebohnen wird meist als Abfallprodukt behandelt und weggeworfen, denn sie ist schwierig zu nutzen und schlecht zu kompostieren. Außerdem produziert sie beim Verfaulen das klimaschädliche Methan und ist durch seine sauren Säfte problematisch für das Grundwasser. Die Schale, auch Pulpe genannt, enthält aber auch wertvollere Stoffe. So sind pro Kilogramm Trockensubstanz 53 Gramm Kalium, ein wertvoller Mineral-Dünger, enthalten.

Wissenschaftler des Schweizer Ökozentrums Langenbruck haben nun ein spezielles Pyrolyse-Verfahren entwickelt, um aus Pulpe Pflanzenkohle zu gewinnen. „Unser Ziel ist es, dass die komplette Wertschöpfungskette von der Anlage profitiert: Die Farmer, die Trockner, die Röster und die Exporteure“, sagt Umweltingenieur Hannes Zellweger.

Wasseranteil von bis zu 55 Prozent

Die Pyrolyse ist eine thermo-chemische Spaltung organischer Verbindungen, die unter Einwirkung hoher Temperatur und ohne zusätzlich zugeführten Sauerstoff geschieht. Die technische Herausforderung bei der Pyrolyse der Kaffeekirschen besteht darin, dass die Pulpe mit einem Wasseranteil von bis zu 55 Prozent sehr feucht ist und während des Prozesses getrocknet werden muss. In der Regel erfordert das einen doppelwandigen Behälter aus teurem rostfreiem Stahl.

Damit das Verfahren auch in ärmeren Ländern eingesetzt werden kann, haben die Schweizer Wissenschaftler einen Verfahrensaufbau entwickelt, der mit billigeren Materialien auskommt. Das Ergebnis ist ein Tank, der von oben kontinuierlich mit der feuchten Pulpe befüllt wird. Nachdem der Reaktor mit Propangas auf Betriebstemperatur gebracht und so die erste Pulpe getrocknet wurde, setzt der Pyrolyse-Prozess ein. Die Kohlenwasserstoff-Moleküle zerfallen und da Sauerstoffmangel herrscht, entsteht vor allem Wasserstoff-Gas und etwas Kohlenmonoxid.

statistic_id157872_erntemenge-der-fuehrenden-anbaulaender-von-kaffee-weltweit-2013Diese Pyrolysegase werden dann in eine separate Kammer geleitet und dort verbrannt. Die Hitze aus dieser Brennkammer wird in den Pulpe-Reaktor zurückgeführt, um dort die Pyrolyse in Gang zu halten. Gleichzeitig kann die entstehende Wärme von den Kaffeebauern während der Ernte zum Trocknen des Kaffees verwendet werden ohne weitere fossile Energieträger einsetzen zu müssen.

Nach der Spaltung bleibt im Reaktor der Kohlenstoff zurück, der nicht mit Sauerstoff reagieren konnte: Diese Pflanzenkohle können Kaffeebauern als Bodenverbesserer verwenden und auf diese Weise jährlich große Mengen Kunstdünger einsparen, so die Schweizer Wissenschaftler. „Die erzeugte Kohle unterbietet in allen Messungen die Grenzwerte für Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) massiv. Damit könnte eine solche Kleinanlage auch von Landwirten in Mitteleuropa ohne Abgasfilter eingesetzt werden“, sagt Projektleiter Martin Schmid.

Auch für andere Ernteabfälle geeignet

Bislang wurde ein erstes Pilotprojekt mit dem peruanischen Zentrum für Ressourcen- und Energieeffizienz CER realisiert. Die Pyrolyse wurde für den Einsatz als mobile Anlage konzipiert, so dass sie von Kaffeeplantage zu Kaffeeplantage gefahren werden kann. Das Verfahren lasse sich auch bei anderen Ernteabfällen wie Reisspelzen, Cashewnussschalen oder Pfefferschoten einsetzen.

„Wir gehen sogar soweit zu sagen, dass bei dieser überragend guten Klimabilanz und den extrem niedrigen Emissionen in Zukunft sogar sämtliche feste Biomasse, also auch das Energie-Holz, nach diesem System umgesetzt werden könnte – zum Nutzen von Boden, Luft, Geldbörse und Klima,“ meint Martin Schmid.

 

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