Ersatz für Gipskartonplatten

Ein britisches Start-up hat einen Ersatz für Gipskartonplatten entwickelt, der aus landwirtschaftlichen Abfällen hergestellt wird. Nach Gebrauch lässt sich das Material einfach kompostieren. Die Produktion in größerem Stil ist geplant.

Kompostierbare Konkurrenz


Wenn Kevin McCloud etwas toll findet, dann hat das in Großbritannien Gewicht. Der britische Architekt führt in England durch die populäre Fernsehsendung „Grand Designs“, die besondere Bauprojekte und immer wieder auch so genannte „Green Heroes“ vorstellt. Solche grünen Helden sind für McCloud die beiden Gründer des Start Ups „Adaptavate“. Denn Thomas Robinson und Alberto Fernandez Minguela haben eine umweltfreundliche Alternative für Gipsplatten entwickelt, die in vielen Häusern als Wand- und Deckenbekleidung dienen soll.

„Ich konnte das irgendwann einfach nicht mehr ansehen. Diese riesigen Mengen Gipsplatten, die bei der Sanierung von Gebäuden auf die Deponie wandern“, sagt Thomas Robinson. Er recherchierte nach Alternativen, doch er fand schlicht nichts. Also machte er sich selbst ans Werk. Im Rahmen seiner Abschlussarbeit im Studiengang „Nachhaltige Architektur“ entwickelte und erprobte Robinson monatelang verschiedene Bio-Verbundstoffe.

Das Ergebnis ist das „Breathaboard“. Gefertigt wird das Baumaterial zum überwiegenden Teil aus einem Rohstoff, der im Massen verfügbar ist und der ohnehin anfällt: Getreideabfälle aus der Landwirtschaft. Nach Gebrauch sind die Platten nach Aussage von Robinson vollständig kompostierbar.

Kompostierbar, atmungsaktiv und feuerfest

Insgesamt fallen in Deutschland jedes Jahr rund 600.000 Tonnen gipshaltige Abfälle an. Gut die Hälfte davon sind Baustellenabfälle, also Ziegel und Beton mit Gipsanhaftungen. Diese Mengen stehen für das Recycling nicht zur Verfügung. Die andere Hälfte, also die 300.000 Tonnen Gipsplattenabfälle, soll künftig recycelt werden.

Dafür gibt es derzeit zwei Recyclinganlagen in Deutschland. Dennoch wird ein Teil deponiert oder im Ausland zur Verfüllung von bergbaulichen Hohlformen genutzt. Beides ist nicht unproblematisch, da Gipsabfälle, die zusammen mit organischen Bestandteilen abgelagert werden, Sulfate absondern und Methangas bilden können. Die Deponierung ist kostspielig und geeignete Räume werden immer knapper.

Eine kompostierbare Alternative würde die Entsorgung also denkbar einfach machen. Zumal das Breathaboard den Gipskartonplatten auch in anderen Punkten überlegen sei. „Es ist atmungsaktiv, verhindert Kondensation und Schimmel in der Wohnung, und kann Krankheiten wie Asthma, die durch Feuchtigkeit ausgelöst werden, reduzieren“, sagt Robinson. Die Atmungsaktivität des Materials reduziere den Bedarf an mechanischer Umlüftung, was auch den Energiebedarf senke. Die kompostierbare Platte sei von Natur aus feuerfest, die Installation sei unproblematisch und laufe genau wie bei Gipsplatten – nur dass das Breathaboard weniger schwer sei.

Zertifizierung steht noch aus

Prototypen der neuen Platten gibt es bereits, doch bislang fehlt ein echtes Vorzeigeprojekt. Auch die problemfreie Kompostierbarkeit und der Brandschutz sind bisher nicht von einer externen Stelle zertifiziert. Dennoch hat das Start Up für seine Idee bereits zahlreiche Umwelt- und Klimaschutzpreise erhalten – kürzlich wurde es auch für den von dem Recyclingunternehmen Landbell initiiertenGründerpreis Green Alley Award nominiert.

Vor allem, seit der britische Startarchitekten McCloud die „Green Heroes“ vorgestellt hat, steht bei den Gründern das Telefon nicht mehr still. „Wir haben bereits Vorbestellungen von über 20.000 Quadratmetern“, sagt Robinson. Diverse Bauunternehmen, aber auch viele private Hauseigentümer hätten Interesse signalisiert.

Mit diesen Vorschusslorbeeren im Gepäck soll das Unternehmen nun schnell vorangebracht werden, kündigt Robinson an: „Wir bauen gerade einen Prozess auf mit dem wir größere Mengen produzieren können. Bis Ende des Jahres wollen wir soweit sein.“

 

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