Biomüll

Als letzter Landkreis in Baden-Württemberg wird auch Sigmaringen die Getrennterfassung von Bioabfällen einführen. Die Kreistagsfraktionen haben zugestimmt – nicht aus Überzeugung, sondern auf Druck der Landesregierung. Die CDU-Fraktion hofft, dass sich der Wähler rächen wird.

Kreis Sigmaringen gibt nach – zähneknirschend


Nun hat sich auch der Kreis Sigmaringen dem Willen der Landesregierung gebeugt: Der Kreistag hat am Montag (22. Oktober) beschlossen, die getrennte Sammlung von Bioabfällen einzuführen. Damit haben nun alle Kreise in Baden-Württemberg eine Getrennterfassung der Bioabfälle umgesetzt oder zumindest beschlossen.

Ob die Abfälle im Kreis Sigmaringen über eine Biotonne erfasst werden, ist allerdings noch ungewiss. Wie das Landratsamt mitteilt, will die Verwaltung nun eine „für unseren Landkreis sinnvolle Lösung zur separaten Biomüllsammlung in Form eines Bring- oder Holsystems erarbeiten“.

Für den Beschluss des Kreistages gab es eine breite Mehrheit der Kreistagsfraktionen, wenngleich alle Fraktionen entgegen ihrer Überzeugung zustimmten. So betont der Fraktionsvorsitzende der CDU-Fraktion, Thomas Kugler, dass die „mit Zwang und Druck durch die Landesregierung von Baden-Württemberg herbeigeführte Entscheidung nicht unserem Demokratieverständnis entspricht“. Minister Untersteller (Grüne) sei es „einmal mehr wichtiger, seine grüne Ideologie durchzusetzen, als eine bürgerfreundliche Müllgebühr zu erhalten“.

Kugler verweist auf die „umsichtige und nachhaltige Politik des Kreistags“. Dadurch habe der Kreis in den vergangenen zwei Jahrzehnten die Müllgebühr im Kreis Sigmaringen mehrmals senken können. „Die bisherige Verwertung des Biomülls zum Teil über die Kompostierung in den privaten Haushalten und zum Teil über die thermische Verwertung zur Strom- und Wärmeproduktion war nachhaltig und hat sich bewährt. Mit der getrennten Biomüllerfassung wird keinerlei Mehrwert generiert, aber dafür eine deutliche Erhöhung der Müllgebühren für die Kreisbewohner in Kauf genommen.“

„Zynisch, dreist und respektlos“

Der CDU-Politiker hält Untersteller vor, die steigenden Müllgebühren als „zumutbar“ und „vergleichsweise günstig“ im Verhältnis zum Landesschnitt bezeichnen zu haben. Das sei „zynisch, dreist und respektlos den Bürgerinnen und Bürgern und der bisherigen Politik des Kreistags gegenüber“. „Man kann nur hoffen, dass diese Form der Politik bei den nächsten Wahlen von den Wählerinnen und Wählern entsprechend quittiert wird.“

Die Fraktion der Freien Wähler stimmte ebenfalls zu. Nicht aus Überzeugung, wie Fraktionsvorsitzende Doris Schröter erklärte, sondern weil die Landesregierung deutlich gemacht habe, dass sie eine Sonderlösung für den Landkreis Sigmaringen nicht akzeptieren wird.

„Wir halten die erzwungene Einführung der Biotonne, ohne Berücksichtigung der unterschiedlichen Rahmenbedingungen der Landkreise, für den Landkreis Sigmaringen weder ökologisch noch ökonomisch für richtig“, betont die Fraktionsvorsitzende. „Um zu verhindern, dass auch noch zusätzlicher Verkehr durch halbleere Lkws mit Biomüll erzeugt wird, werden wir uns vor allem ein Bringsystem genauer anschauen.“

Auch die SPD-Fraktion hält das bisherige System für den Umgang mit Bioabfällen im Kreis Sigmaringen nach wie vor für richtig. „Es leitet an zur Eigenkompostierung, sodass nur unterdurchschnittliche Mengen an Bioabfall dem Restmüll zugeführt werden“, sagte Fraktionschef Richard Gruber. „Außerdem sieht für uns die Ökobilanz gegenüber einem neu einzuführenden System deutlich positiver aus, gleichgültig für welche der möglichen Alternativen wir uns im Kreistag auch entscheiden.“

Gruber räumte ein, dass sich Sigmaringen als letzter Landkreis beugen müsse. „Dem Landkreis bleibt nur, etwas auf Zeit zu spielen und nach der bestmöglichen Alternative zu suchen, ehe ab 2023 ohnehin das neue EU-Gesetz mit der Pflicht zur separaten Sammlung und Verwertung von Bioabfällen greift.“

„Das war kein Votum für die Biotonne“

Selbst die Fraktion der Grünen ist nicht überzeugt. „An der Sachlage hat sich seither für unseren sehr ländlich geprägten Landkreis nichts geändert. Für die Ballungsräume in Deutschland ist die getrennte Biomüllerfassung überaus sinnvoll, doch bei uns, wo die Mehrzahl der Bevölkerung im Einfamilienhaus mit eigenem Garten lebt, sind wir nicht überzeugt, dass die getrennte Biomüllsammlung mit Lkw ökologisch wertvoller ist, als die Kompostierung im eigenen Garten“, meinte Susanne Scham, Sprecherin der Grünen-Fraktion.

Landrätin Stefanie Bürkle dankte dem Gremium für das eindeutige Votum. „Wir möchten den Gestaltungsspielraum, den uns das Land gelassen hat, aktiv nutzen und die beste Lösung für den Landkreis finden“, so Bürkle. „Das war kein Votum pro Biotonne. Welches Sammelsystem wir einführen, ist noch offen“, betonte die Landrätin immer wieder. Auch verschiedene Bringsysteme will die Kreisverwaltung untersuchen.

 

© 320° | 23.10.2018

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