Kunststoffindustrie

Die Kunststoffverarbeiter in Deutschland eilen von Rekordjahr zu Rekordjahr. Nur die Verwendung von Recyclaten hinkt noch hinterher. Aus Sicht der Kunststoffverarbeiter liegen die Gründe auf der Hand.

Kunststoffverarbeiter bemängeln unsichere Versorgung mit Recyclaten


Für die deutschen Kunststoffverarbeiter war 2017 erneut ein Rekordjahr: Der Branchenumsatz kletterte auf einen neuen Höchststand von 63,7 Milliarden Euro und auch die Produktion legte um 4,6 Prozent auf 14,7 Millionen Tonnen zu. „Das Jahr 2017 hat in ökonomischer Hinsicht unsere Erwartungen deutlich übertroffen“, kommentierte Dirk Westerheide, Präsident des Gesamtverbands Kunststoffverarbeitende Industrie (GKV) die Zahlen.

Getragen wurde die Entwicklung vor allem durch das solide Wachstum wichtiger exportstarker Abnehmer wie dem Maschinenbau und der Automobilindustrie. Gleichzeitig profitierte die Branche von der guten Inlandsnachfrage und der hohen Konsumneigung der privaten Verbraucher, erklärte Westerheide bei der gestrigen Pressekonferenz. Diese beiden Trends werden sich nach Einschätzung des Verbandspräsidenten auch in diesem Jahr fortsetzen.

kunststoffverarbeitende-industrie-in-deutschland-2017

Recyclate: Noch einige Hindernisse

Weniger stark war hingegen die Entwicklung des Recyclateinsatzes. Nach einer GKV-Umfrage setzen 60 Prozent der befragten Unternehmen Recyclate ein. Zugleich verzichten aber auch 9 Prozent auf den Einsatz von Recyclaten. Um Recyclate bei den Kunststoffherstellern noch populärer zu machen, müssten noch einige Hindernisse aus dem Weg geräumt werden, betonte GKV-Hauptgeschäftsführer Oliver Möllenstädt.

„Bei den Hemmnissen, die einem Einsatz von Recyclaten entgegenstehen, spielen der gegenüber Neuware nicht immer wettbewerbsfähige Preis, die Versorgungssituation sowie gesetzliche Anforderungen, die den Einsatz von Recyclaten einschränken, eine wichtige Rolle“, sagte er. Es sei Aufgabe des Gesetzgebers, die Rahmenbedingungen für den Einsatz von Kunststoffrecyclaten zu verbessern.

Die Recyclingbranche wiederum sei gefordert, an der Lieferfähigkeit zu arbeiten. Als Mankos sieht der Verband unter anderem die unsichere Versorgung durch Recycler als auch die oft unzureichende beziehungsweise schwankende Qualität des Recyclats an.

Elektroautos benötigen weniger Komponenten

Ob die deutschen Kunststoffhersteller auch in den kommenden Jahren von Rekord zu Rekord eilen können, wird stark von der Entwicklung der Automobilindustrie und der Bauwirtschaft abhängen. Die Automobilindustrie stehe durch den Ausbau der Elektromobilität vor erheblichen Umwälzungen, sagte GKV-Präsident Westerheide. „Ein Pkw mit einem klassischen Verbrennungsmotor besteht aus circa 1.400 Komponenten und Einzelteilen“, erklärte er. „Ein vollständig batteriegetriebenes Fahrzeug hingegen kommt mit einem Zehntel dieser Zahl an Komponenten und Einzelteilen aus.“

Gleichwohl befürchtet Westerheide keinen gravierenden Einbruch der Kunststoffnachfrage. Denn bei den bevorstehenden Veränderungen handele es sich nicht um eine radikale strukturelle Veränderung. „Vielmehr werden in den kommenden Jahren weiterhin viele Fahrzeuge mit klassischem Verbrennungsmotor sowie mit hybriden Antrieben ausgestattet sein und zusätzlich ein kleinerer Teil der Fahrzeugflotte mit vollelektrischem Antrieb.“

Verpackungen: Positive Signale für 2018

Auch alle anderen wichtigen Anwendungsfelder der Kunststoffverarbeitung haben zum Rekordjahr 2017 beigetragen. „Die Branchensegmente Verpackung, Bauanwendungen, Technische Teile und Konsumwaren verzeichneten im Jahr 2017 Umsatzzuwächse in einer Größenordnung von 4 bis 5 Prozent“, sagte GKV-Hauptgeschäftsführer Möllenstädt.

Im Bereich der Verpackungen hat es dabei unterschiedliche Entwicklungen gegeben. In den Produktsegmenten der industriellen Verpackungen aus Kunststoff und der Kunststofffolien sei das Wachstum kräftiger gewesen als bei den Kunststoffkonsumverpackungen, wie Möllenstädt weiter ausführte. Hersteller von Beuteln, Tragetaschen und Säcken dagegen hätten leichte Rückgänge verzeichnet. Insgesamt kämen aber aus dem Segment der Verpackungen auch für 2018 positive Signale.

Faserverstärkte Kunststoffe: Markt wächst weiter

Der Markt für faserverstärkte Kunststoffe/Composites verzeichnete laut Möllenstädt 2017 ein weiteres Wachstum. Glasfaserverstärkte Kunststoffe (GFK) dominieren dabei den Composites-Markt mengenmäßig ganz klar: 95 Prozent der Gesamtmarktmenge entfällt auf die GFK.

Vor allem dieses Segment verspricht noch weiteres Wachstum – wenn der Markt die Marschrichtung der vergangenen Jahre beibehält. Denn der europäische GFK-Markt wächst bereits seit fünf Jahren in Folge um jeweils zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr.

„Es gibt derzeit kein europäisches Land beziehungsweise keine Ländergruppe, die einen Rückgang der Herstellungsmenge aufweist“, betonte der GKV-Hauptgeschäftsführer. Deutschland sei weiterhin das größte GFK-Land Europa mit einem leicht überdurchschnittlichen Wachstum von drei Prozent.

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