Verbot von Einweg-Kunststoffen

Für den Beschluss des EU-Parlaments zur geplanten Richtlinie für Einweg-Kunststoffe gibt es vielerorts Applaus. Doch es gibt auch kritische Stimmen. Die Rede ist von Symbolpolitik - und davon, dass ein radikaler Kurswechsel nötig sei.

„Makkaroni machen das Meer nicht sauberer“


Cocktails trinken mit Plastikstrohhalm? Picknicken mit Plastikbesteck? Das dürfte bald der Vergangenheit angehören – denn die EU will zum Schutz von Umwelt und Meerestieren bestimmte Einweg-Kunststoffprodukte verbieten. Das EU-Parlament hat heute (24. Oktober) ein Bündel von Maßnahmen beschlossen, die den Plastikmüll eindämmen sollen.

Das Votum des Parlaments bekam viel Applaus. „Diese EU-Gesetzgebung wird sichtbare Verbesserungen bringen und dabei helfen, dass weniger Wegwerfplastik in den Weltmeeren landet“, sagte der SPD-Abgeordnete Jo Leinen. Der CDU-Parlamentarier Karl-Heinz Florenz erklärte, nun werde die Industrie zu Innovationen gedrängt, damit alternative Materialien auf den Markt kämen.

Auch der Kommunalverband VKU zeigte sich zufrieden – unter anderem damit, dass auch Plastikhersteller an den Entsorgungskosten beteiligt werden sollen. „Es ist nur folgerichtig, dass sich diejenigen, die den Müll in Verkehr bringen, auch an der Entsorgung oder Straßenreinigung beteiligen müssen“, sagte VKU-Vizepräsident Patrick Hasenkamp. Eine finanzielle Beteiligung würde endlich Druck für die Inverkehrbringer bedeuten, umzudenken und ihren Anteil dazu beizutragen, Verpackungsmüll und Einwegkunststoffprodukte merklich zu reduzieren.

Erneute Forderung nach Plastiksteuer

Aus Sicht von Grünen-Parteichef Robert Habeck in Deutschland reichen die europäischen Pläne jedoch nicht aus: Sie könnten nur der Anfang sein, sagte er der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch. „Um den Verbrauch von Plastik zu reduzieren, brauchen wir eine radikale Kursänderung.“

Ein erster dringender Schritt sei ein Verbot von Mikroplastik in Kosmetika, Körper- und Pflegeprodukten, sagte Habeck den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Keiner braucht Mikroplastik in der Zahnpasta.“ Die Europäische Union solle zudem eine Plastiksteuer auf Wegwerfprodukte einführen, forderte er. Zudem sollten ab 2030 alle in der EU in den Verkehr gebrachten Kunststoffprodukte wiederverwendbar oder komplett abbaubar sein oder kosteneffizient recycelt werden können, damit weniger in die Umwelt gelange.

Demgegenüber sprach die FDP-Bundestagsabgeordnete Judith Skudelny von Symbolpolitik. „Mit Makkaroni statt Plastik-Strohalmen trinkende EU-Bürger machen das Meer nicht sauberer“, erklärte sie. Sinnvoller wäre es beispielsweise, Mülldeponien für Plastik in der EU zu verbieten.

Der Umweltverband Greenpeace bemängelt vor allem, dass die Einwegplastik-Definition zu eng sei. Damit öffne sich ein Schlupfloch für die Industrie, meint Greenpeace-Meeresbiologe Thilo Maack. Die Konzerne könnten die Reduktionsziele schlicht ignorieren, wenn sie ihre Produkte als wiederverwendbar kennzeichneten.

Die Kunststoffindustrie hingegen warnt vor Schnellschüssen. Hier würden wichtige Gesetze durchgepeitscht, ohne die Folgen abzuschätzen, erklärte der europäische Verpackungsverband pack2go. Es drohten Einbußen im Lebensmittel-Sektor oder Probleme bei der Lebensmittelhygiene, wenn der Plastikverbrauch drastisch gesenkt werde. Bislang nutzten Millionen von Europäern täglich Verpackungen für Essen oder Getränke zum Mitnehmen, betonte der Verband.

 

© 320°/dpa | 24.10.2018

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