Waste-to-Energy

In Shenzhen und Hongkong werden in den kommenden Jahren neue Waste-to-Energy-Anlagen entstehen. Die eine trägt das Prädikat der weltweit größten Anlage. Die andere wird das teuerste WtE-Projekt, das jemals realisiert wurde. An beiden Projekten sind auch ausländische Unternehmen beteiligt.

Mega-MVA für Mega-City


Vor 30 Jahren war Shenzhen ein kleines Fischerdorf. Heute ist es nicht nur eine der am schnellsten wachsenden Städte der Welt, sondern auch die reichste Stadt Chinas. Mit dem Wohlstand sind allerdings auch die Abfallberge immens gewachsen. Die 20 Millionen Einwohner der Stadt produzieren täglich 15.000 Tonnen Abfälle, laut Prognosen soll das Müllvolumen jährlich um 7 Prozent zunehmen. Um dieses Problem zu lösen, investiert die Stadt in eine neue Waste-to-Energy-Anlage – die wohl größte WtE-Anlage weltweit.

Die neue WtE-Anlage soll pro Tag rund 5.000 Tonnen Restabfall durchsetzen können, was einem Drittel des insgesamt anfallenden Abfalls der Metropole entspricht. Gebaut wird die Abfallverbrennungsanlage von den beiden dänischen Architektenbüros Schmidt Hammer Lassen Architects und Gottlieb Paludan Architects. Mit ihrem Entwurf, an dem mit Schlaich Bergermann und Partners auch ein deutsches Ingenieurbüro beteiligt ist, haben sich die Dänen beim international ausgeschriebenen Wettbewerb durchgesetzt.

Schmidt Hammer Lassen Architects
Schmidt Hammer Lassen Architects

Ihr Entwurf baut auf einem kreisrunden Grundriss auf. Die runde Form minimiere die Grundfläche des Baukörpers und reduziere damit auch die für das Gebäude nötige Baugrube und den Aushub, heißt es seitens der Architektenbüros. Wie aus den Bauzeichnungen hervorgeht, wird die WtE-Anlage in Shenzhen aus sechs Verbrennungslinien bestehen, mittendrin steht die Turbine. Pro Jahr sollen hier den Angaben zufolge 550 Millionen Kilowattstunden Energie erzeugt werden.

Zusätzlich zu der aus Abfall gewonnenen Energie wird die WtE-Anlage auch Solarenergie erzeugen. Von der gesamten, 66.000 Quadratmeter großen Dachfläche, sollen 44.000 Quadratmeter mit Photovoltaik-Paneelen versehen werden. Der Anlagenbetreiber, die Shenzhen Energy Group, geht davon aus, dass die Anlage 2020 offiziell den Betrieb aufnehmen wird.

Hongkonger Großprojekt verschlingt 2,3 Milliarden Euro

Eine ähnlich große WtE-Anlage soll in den kommenden Jahren in der Nähe der Megacity Hongkong entstehen. Diese wird zwar nicht das Prädikat der weltweit größten, aber der weltweit teuersten Anlage tragen, die jemals realisiert wurde. „Das dafür eingeplante Budget soll sich auf 2,3 Milliarden Euro belaufen, wovon zwischen 700 und 800 Millionen Euro für den 15-jährigen Betrieb eingeplant sind“, sagte Johannes Martin, Geschäftsführer des Münchner Anlagenbauers Martin, bei der Berliner Abfallwirtschafts- und Energiekonferenz. Die extremen Baukosten erklären sich wegen der Lage der Anlage auf einer künstlichen Insel.

Derzeit läuft noch die Präqualifikation für dieses Großprojekt, an der auch nicht-chinesische Unternehmen in größerem Umfang beteiligt sind. Mit dem Bau soll Ende 2017 begonnen werden, Mitte 2023 soll die Anlage in Betrieb gehen. Laut Martin wird die WtE-Anlage im Vierschichtbetrieb gefahren und eine Kapazität von 3.000 Tonnen pro Tag haben.

Was die Beteiligung ausländischer Unternehmen betrifft, sind die WtE-Anlagen in Shenzhen und Hongkong absolute Ausnahmen auf dem chinesischen Markt. In China ist zwar nach wie vor ein dynamisches Marktgeschehen zu verzeichnen, mit vielen Vergaben und neuen Projekten, wie Martin berichtete: „Derzeit sind etwa 120 Müllverbrennungsanlagen (MVA) im Bau, des Weiteren sind rund 100 MVA-Projekte in Verhandlung beziehungsweise stehen vor der Vergabe. Zusätzliche 25 bis 30 Projekte befinden sich bereits in konkreter Vorbereitung zur Ausschreibung.“ Aber diese Projekte seien weitestgehend nur für lokale Anbieter erreichbar. Ausländische Anbieter nähmen lediglich als Lizenzgeber am Marktgeschehen teil oder würden bei den wenigen international ausgeschriebenen Projekten einzelne Komponenten liefern.

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