Neue Biokunststoffe

Biokunststoffe sind immer wieder in der Kritik: Sie sind kaum oder nur schwer abbaubar und benötigen Ressourcen wie Mais oder Palmöl. Wissenschaftler an der TU Berlin wollen nun Fette nutzen, die keiner mehr braucht.

Mit Knallgas-Bakterien vom Altöl zu Biokunststoff


Wissenschaftler an der Technischen Universität Berlin tüfteln an einem Verfahren, bei dem aus Abfallfetten neue Biokunststoffe hergestellt werden können. Zum Einsatz kommen dabei Knallgas-Bakterien, die die Forscher mit verschiedenen Elementen füttern.

Mit ihrer Idee wollen die beiden Wissenschaftler Sebastian L. Riedel und Stefan Junne verhindern, dass in den Biokunststoffen Rohstoffe wie Mais, Zucker, Glycerin oder Palmöl verarbeitet werden. „Ersatz für Plastik gefunden, Regenwald abgeholzt – das kann ja nicht das Ergebnis von Forschung sein“, begründet Riedel sein Vorhaben. Außerdem kritisiert er: „Die Hälfte der zwei Millionen Tonnen Bioplastik, die derzeit pro Jahr weltweit produziert werden, ist biologisch nicht abbaubar und die andere Hälfte teilweise nur schwer.“

Bakterien wird der Stickstoff entzogen

Auf der Suche nach einem alternativen Ausgangsstoff entschieden sich die Forscher unter anderem für Abfallfette, die beispielsweise in der Landwirtschaft in Form von Tierkadavern, in der Gastronomie oder bei der Weiterverarbeitung von Lebensmittelabfällen anfallen. Um aus dem Fett das Biopolymer Polyhydroxyalkanoate (PHA) zu gewinnen, nutzen sie Bakterien namens Ralstonia eutropha beziehungsweise Cupriavidus necator, die auch als Knallgas-Bakterien bekannt sind.

„Wir setzen sie in eine Mineralsalzlösung, füttern sie mit Stickstoff, Phosphor, Sauerstoff und Kohlenstoff. Den Kohlenstoff geben wir in Form von Abfallfetten hinzu“, erklärt Riedel. „Dann lassen wir sie wachsen. Nach einer bestimmten Zeit entziehen wir den Bakterien den Stickstoff. Auf diesen Mangel reagieren sie, indem sie den nun überschüssigen Kohlenstoff im Abfallfett als Energiereserve in ihren Zellen anlegen und in PHA umwandeln.“

Würden die Forscher nach einer gewissen Zeit Stickstoff wieder hinzugeben, würden die Bakterien erst einmal das intrazellulär gespeicherte PHA als Energiequelle nutzen. „Das machen wir natürlich nicht, denn wir wollen das in den Zellen produzierte PHA ja gewinnen, also extrahieren wir es mit Lösungsmitteln, die teilweise nach dem Prozess wieder zurückgewonnen werden können“, erklärt Riedel.

Derzeit arbeitet das Duo nach Angaben der TU Berlin daran, den Prozess langfristig nachhaltiger und vor allem kostengünstiger zu gestalten.

 

© 320°/ek | 24.09.2019

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