Trends in der Abfallwirtschaft

Wie kann sich die Abfallwirtschaft bei sinkenden Restmüllmengen weiter finanzieren, welche Neuerungen bringt die Digitalisierung mit sich und welche neuen Aufgaben könnte die Entsorgungsbranche übernehmen? Ein Überblick über die Megatrends.

Müllmänner als Ersthelfer und Paketzusteller


Auf die Entsorgungswirtschaft kommen fünf Megatrends zu. Welche das sind und wie die Branche damit umgehen kann, erläuterte Klaus Gellenbeck am Dienstag auf der Umweltmesse IFAT. Für den Professor der Universität Münster wird vor allem Trend Nummer eins – die Digitalisierung – die Abfallwirtschaft stark verändern.

Allerdings macht die Branche gerade beim Thema Digitalisierung noch eher zögerliche Fortschritte. Gellenbeck zitierte aus einer Umfrage, wonach zwar über 70 Prozent der Entsorger eine digitale Buchhaltung nutzen und Serviceportale für die Kunden bieten. Aber nur ein Drittel lässt die Behälterfüllstandsmenge digital erfassen. „Immerhin eine Stadt hat mittlerweile ein Unterflursystem mit Füllstandsmesser eingeführt und daran die Tourenplanung angepasst“, sagte Gellenbeck.

Als zweiten Trend sieht der Abfallwirtschaftsprofessor neue Antriebstechniken. Neben der Elektrisierung der Fahrzeuge und neuen Brennstoffzellen müssten auch die Anlagen umgerüstet werden. „So soll beispielsweise automatisch angezeigt werden, wenn ein Teil verschleißt, bevor es kaputtgeht, damit entsprechend gewartet und ausgetauscht werden kann“, so Gellenbeck.

Industrie wird immer mehr zum Selbstversorger

Als weitere Herausforderung sieht Gellenbeck, dass die Industrie immer mehr zum Selbstversorger wird. „Viele Hersteller schließen den Kreis mit ihren Abfallprodukten selbst. Wo bleibt da die Abfallwirtschaft?“, fragte er. Möglich wären hier Joint-Ventures wie es bereits zwischen Entsorgern und der Autoindustrie gibt.

Sicherzustellen, dass die Abfallentsorgung künftig weiter stabil finanziert wird, sei eine weitere Zukunftsaufgabe der Branche. „Wenn die Entsorgung über die Restmülltonne und den damit anfallenden Gebühren abgedeckt wird, ist die Frage, was passiert, wenn immer weniger in der Tonne landet“, sagte der Professor. Möglich wären beispielsweise Fixgebühren.

Daten an Google verkaufen

Als fünften und letzten Punkt regte Gellenbeck an, die Aufgaben der Entsorger zu erweitern und lieferte gleich mehrere Vorschläge: „Die Müllfahrzeuge sind doch ohnehin auf allen Straßen unterwegs – warum nicht dabei Daten sammeln oder Straßenzüge aufnehmen und die Bilder beispielsweise an Google verkaufen.“ Möglich wäre auch, den Zustand einer Straße zu messen und nach Ausbesserungsarbeiten regelmäßig zu überprüfen, ob diese auch nachhaltig sind.

Außerdem schlug Gellenbeck vor, mit Paketdienstleistern zusammenzuarbeiten und nachdem die Pakete abgegeben wurden, einfach einige Abfälle mitzunehmen. Weitere Möglichkeiten wären, die Einführung der Behälterleerungsbestellung per App oder mehr Daten über die Abfälle zu sammeln und diese zu verkaufen.

Nicht zuletzt müssen sich die Entsorger laut Gellenbeck auch noch mehr als Dienstleister für die Bürger sehen. Sein Vorschlag: Die Müllmänner als Ersthelfer auszubilden, damit diese neben Tonnenentleerer auch Ansprechpartner seien können. „Beispielsweise für Menschen, die sich unsicher fühlen“, sagte er. Bei diesen könnten die Müllmänner dann regelmäßig vorbeikommen und nach dem Rechten sehen.

 

© 320° | 15.05.2018

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