Frontal 21 wertet Jahresabschlüsse aus

Das ZDF-Magazin Frontal 21 beanstandet erneut überhöhte Abfallverbrennungsentgelte. Die durchschnittliche Umsatzrendite von sieben ausgewählten Müllverbrennungsanlagen sei „spektakulär“ hoch. Dabei dürften mit Gebühren keine übermäßigen Gewinne erzielt werden.

Müllverbrennung: „Spektakuläre“ Umsatzrenditen


Das ZDF-Magazin Frontal 21 hat in einem Beitrag vergangenen Dienstag erneut die Abfallverbrennungsentgelte einzelner Anlagen unter die Lupe genommen und die Jahresabschlüsse von sieben Müllverbrennungsanlagen in Deutschland ausgewertet. Demnach liegt die durchschnittliche Umsatzrendite 2012 bei „spektakulären“ 38,5 Prozent. Das sei weitaus mehr als bei Dax-Konzernen wie BMW mit 10,8 Prozent oder Siemens mit 13,3 Prozent, moniert das Magazin.

Die hohe Profitabilität beruhe auf den hohen Verbrennungsentgelten der Abfallgebührenzahler. Spitzenreiter sind den Recherchen zufolge die Müllverbrennungsanlagen Helmstedt und Stapelfeld mit „Traum-Umsatzrenditen von über 50 Prozent“. Die Müllverbrennungsanlagen würden Millionengewinne dank hoher Entgelte, aber zulasten von Abfallgebührenzahlern erwirtschaften. Dabei dürfen mit Gebühren keine übermäßigen Gewinne erzielt werden. Es gelte das Kostenüberschreitungsverbot.

„Manipulierte“ Preisprüfung

Frontal 21 hatte bereits 2008 über die hohe Abfallverbrennungsentgelte berichtet. Nach der Berichterstattung wurden die Entgelte einer amtlichen Preisprüfung unterzogen. Im Fall der Müllverbrennungsanlage Bielefeld habe diese Prüfung jedoch drei Jahre gedauert, kritisiert das Magazin.

Der Prüfbericht der Bezirksregierung Detmold habe ergeben, dass die hohen Verbrennungsentgelte dem Preisrecht entsprächen. Nach Auffassung von Frontal 21 ist der Prüfbericht jedoch manipuliert. Er entspreche weder in Inhalt noch in Form den Anforderungen an einen solchen Bericht, berichtet das Magazin mit Bezug auf einen ehemaligen Leiter einer großen Preisüberwachungsbehörde. Dies habe den Inhalt des Berichts als „fachlich und sachlich falsch“ bezeichnet. Der Bericht sei „absoluter Nonsens“.

Die zuständige Bezirksregierung Detmold dagegen hält an ihrem Preisprüfungsbericht fest und weist den Vorwurf der Manipulation zurück. Die Müllverbrennungsanlage Bielefeld hat nach Frontal 21-Recherchen eine Umsatzrendite von zuletzt fast 40 Prozent. Die Millionengewinne seien jahrelang überwiegend an die Haupteigentümer geflossen, den Energiekonzern Eon und die Stadt Bielefeld. Hätte eine Preisprüfung die hohen Verbrennungsentgelte nicht akzeptiert, müssten die umstrittenen Millionengewinne den Gebührenzahlern zurückgezahlt werden.

Hohe Entgelte sind preisrechtswidrig

Auch zur Müllverbrennungsanlage GMVA Niederrhein in Oberhausen gibt es eine amtliche Preisprüfung. Diese wird nach Frontal 21-Recherchen verschleppt. Die Prüfung dauere bereits zweieinhalb Jahre, dabei sei eine Woche Prüfdauer üblich.

Zuletzt hatte das Verwaltungsgericht Düsseldorf in mehreren Urteilen die hohen Verbrennungsentgelte für preisrechtswidrig und die Gebührenbescheide dementsprechend für nichtig erklärt. Ein wichtiger Grund seien die hohen Erlöse für den Verkauf von Strom und Wärme der Müllverbrennungsanlage. Seit 2005 hätten Remondis und die Städte Oberhausen und Duisburg weit über 100 Millionen Euro Gewinn gemacht, größtenteils aus Geld des Abfallgebührenzahlers, so das Ergebnis der Frontal 21-Recherchen.

Der bvse kritisierte als Reaktion auf die Sendung, dass die hohen Gebühren es ermöglichen würden, gewerbliche Abfälle „zu absoluten Dumping-Preisen“ zu verbrennen, um die MVA-Anlagen optimal auszulasten. „Diese Dumping-Preise führen dazu, dass es erheblich preiswerter ist, Abfälle zu verbrennen statt sie zu recyceln“, monierte bvse-Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock. Bei normaler Kalkulation müsste für die Verbrennung von Abfällen rund 100 Euro pro Tonne gerechnet werden. Auf den Spotmärkten würden jedoch teilweise nur 30 bis 40 Euro pro Tonne verlangt.

Mit dieser Verfahrensweise würden die meist kommunal betriebenen Müllverbrennungsanlagen das Ziel der Bundesregierung, möglichst viele Wertstoffe aus den Abfällen zu generieren und wieder in den Wirtschaftskreislauf einzuspeisen, unterlaufen. „Die Wahrheit ist, dass immer weniger Kunststoffabfälle recycelt werden und der Verbrennungsanteil immer weiter steigt“, so Rehbock.

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