Rückgewinnung von PGM

Fraunhofer-Wissenschaftler wollen kritische Seltenerd- und Platingruppenmetalle aus den Schlacken aufbereiteter Fahrzeugkatalysatoren gewinnen. Dabei kommt ein so genanntes mechanochemisches Verfahren zum Einsatz. Das Verfahren könnte sich auch für andere Nebenprodukte eignen.

Neues Verfahren für Katalysatoren-Schlacken


Bei allen großtechnischen Recyclingverfahren für Fahrzeugkatalysatoren fallen große Mengen an Schmelzrückständen an. Diese Schlacken enthalten etliche der als kritisch eingestuften Edelmetalle sowie Cer und Lanthan aus der Gruppe der Seltenerdelemente. Bisher werden diese Elemente nicht zurückgewonnen. Es fehlt schlicht eine adäquate Verfahrenskette dafür. An solch einer Kette arbeiten Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Silicatforschung (ISC).

Das Ziel der Fraunhofer-Projektgruppe für Wertstoffkreisläufe und Ressourcenstrategie IWKS: Seltenerdelemente sowie Platingruppenmetalle (PGM) aus dem zerkleinerten Ursprungsmaterial zu extrahieren und in verwertbare Produkte zu verwandeln. Über den aktuellen Stand der Forschungen des Verbundprojekts „MinSEM“ berichtete das Wissenschaftler-Team in der vergangenen Woche bei der Berliner Konferenz „Mineralische Nebenprodukte und Abfälle“.

Für die Rückgewinnung der Seltenerdelemente und PGM aus Katalysatorenschlacken wird demnach ein neuartiges Verfahren angewendet. In einem ersten Schritt werden die Schlacken zerkleinert und mechanochemisch bearbeitet. „Das mechanochemische Verfahren wird dabei in Kombination von Hochenergiemahlung und Nasschemie angewendet“, wie die Fraunhofer-Wissenschaftler erklärten.

Reaktionen laufen schneller und stärker ab

Beim sogenannten mechanochemischen Leaching laufen verschiedene Vorgänge simultan ab: eine Feinstzerkleinerung der Schlacken, die mechanische Aktivierung der Teilchen, parallel dazu der Extraktionsprozess. Dieses Verfahren soll laut Wissenschaftler Vorteile gegenüber der rein mechanischen Aktivierung haben. Bei dieser werden mineralische Feinfraktionen trocken bei hohen Drehzahlen in den Feinstbereich hochenergetisch gemahlen und die Teilchen dabei mechanisch aktiviert.

Ein Vorteil des mechanochemischen Leaching sei die verbesserte Nutzung der sich während der Aktivierung bildenden überschüssigen Energie. Durch das in situ ablaufende Leaching trage auch der Energiebetrag zur chemischen Reaktion bei, der sonst bei der Rückbildung in den energiearmen Zustand verloren geht. Dadurch laufe die Reaktion zwischen Extraktionsmittel und Mahlgut stärker und schneller ab. Dadurch könnte man unter Umständen sogar ein schwächeres Extraktionsmittel verwenden.

Ein anderer Vorteil liege darin, dass beide Reaktionen in einem einzigen Aggregat ablaufen. Somit können natürlich weitere chemische Apparate und die dazugehörige Energie eingespart werden.

Die mechanochemische Aufbereitung der Schlacken haben die Wissenschaftler im Labormaßstab durchgeführt. Die Ergebnisse können sich durchaus sehen lassen. So sollen die Konzentrationen an Cer in der geleachten Lösung nach nur einer Stunde Behandlungszeit vergleichbar sein mit dem herkömmlichen zwölfstündigen Leaching in Königswasser.

Daneben habe sich herausgestellt, dass der Einsatz einer mechanochemischen Behandlung von einer Stunde die Extraktionsrate für Cer gegenüber der klassischen Variante verdoppelt hat. Gleiches gelte auch für das Element Lanthan.

Behandlungsweise eignet sich auch für andere Nebenprodukte

Bei der nachfolgenden nasschemischen Behandlung entstehen konzentrierte wässrige Lösungen, die über „Flüssig-Flüssig Extraktionen“ auf Basis ionischer Flüssigkeiten aufbereitet werden. Damit könnten Seltenerdelemente und Platingruppenmetalle bis in den technischen Maßstab separiert werden. Als ionische Flüssigkeit bezeichnet man dabei ein organisches Salz, das einen Schmelzpunkt von unter 100 Grad Celsius aufweist. Die Fraunhofer-Forscher setzen für die Rückgewinnung der Seltenerdelementen aus der Katalysatorenschlacken eine neue Klasse von ionischen Flüssigkeiten ein, die Tunable Aryl Alkyl Ionic Liquids. „Diese neuen Kationen können mit verschiedenen Anionen kombiniert werden“, wie die Forscher in ihrem Vortrag sagten.

Dieser neue Behandlungsweg ist aber nicht nur für Schlacken aus dem Recycling von Fahrzeugkatalysatoren gangbar. Er könnte auch für die Verwertung von Feinfraktionen angewendet werden, die mit konventionellen Aufbereitungsmethoden wie Magnetscheidung oder Wirbelstromscheidung nicht mehr zu behandeln sind. „Durch die Schädigung der Bindungsverhältnisse sollte es möglich sein, besonders Metalle zu separieren, die in niedrigen Konzentrationen vorliegen und mineralisch gebunden sind“, wie die Wissenschaftler betonten. Das Verfahren könnte sich auch zur Aufbereitung sämtlicher Kraftwerksnebenprodukte eignen.

Mineralische Restfraktion als Sekundärprodukt nutzbar

Auch die Reste des Recyclings haben die Projektpartner als Wertstoffe im Blick. „Die beim Recycling in großer Menge vorliegende mineralische Restfraktion soll zudem als Sekundärprodukt in der Erzeugung moderner Baustoffen eingesetzt werden“, sagten die Wissenschaftler. Bei entsprechender Qualität könnten hier große Mengen des Materials genutzt werden. Dies gelte für den Bereich der Baustoffe, wo das Material als Zuschlagstoff bei der Herstellung von Produkten wie Beton oder Geopolymeren eingesetzt werden kann, wie für den Verkehrswegebau.

Darüber hinaus werde untersucht, wie der dem Recycling von Abgaskatalysatoren zugrundeliegende Schmelzprozess ressourcen- und energieeffizienter durchgeführt werden kann. Im Anschluss an das dreijährige Projekt sollen alle Verfahren im Industriemaßstab weiter erforscht und erprobt werden. Das Ziel: Die Forschungsergebnisse in die marktfähige Praxis zu überführen.

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