Verwertung von Altfahrzeugen

Die EU-Kommission weiß, dass die Verwertung von Altautos verbesserungswürdig ist. Aus ihrer Sicht gibt es vor allem drei Handlungsfelder, die in Zukunft angegangen werden müssen. Ein Überblick über mögliche Lösungsansätze.

Neue Ansätze für EU-Altauto-Verwertung


Bei der Altautoverwertung in Europa gibt es Korrekturbedarf. Das sieht nicht nur die Recyclingindustrie so, sondern auch die EU-Kommission. Vor allem der Verbleib stillgelegter Fahrzeuge sei zu klären, erklärte Artemis Hatzi-Hull, zuständig für den Bereich Abfallentsorgung in der Generaldirektion Umwelt, beim International Automobile Recycling Congress IARC in Wien. Auch auf den steigenden Plastikanteil in Altautos und die Verwertung von E-Autos müsse die Branche reagieren.

Wie die Kommissionsvertreterin sagte, sei immer noch ungewiss, wohin etwa 4,6 Millionen Altfahrzeuge verschwinden. Als Hauptgrund nannte sie die unzulängliche Verknüpfung zwischen An- und Abmeldung beziehungsweise erneuter Anmeldung von Fahrzeugen. Darüber hinaus erhalte nur ein Teil der abgemeldeten Altfahrzeuge ein sogenanntes ‚certificate of destruction‘ (COD), also eine Bescheinigung, dass ein Fahrzeug tatsächlich in einem autorisierten Recyclingbetrieb behandelt wurde. Des Weiteren beklagte Hatzi-Hull die mangelnde Qualität der Daten, die von einigen Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt werden.

Als Gegenmaßnahme schlug sie vor, die Rückverfolgbarkeit von Altfahrzeugen in den Mitgliedstaaten zu verbessern. Das soll wie folgt gelingen:

  • Verbesserung von An- und Abmeldung
  • Bessere Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten bezüglich CoDs und erneuter Anmeldung
  • Bessere Statistiken zum innereuropäischen und außereuropäischen Handel sowie zum Fahrzeugbestand und Import/Export
  • Vollzugsmaßnahmen und Kontrollen gegen illegale Demontage von Altfahrzeugen bei Händlern und Werkstätten, zum Beispiel durch die Kennzeichnung der Herkunft von Gebrauchtteilen
  • Anreize und/oder Sanktionen für das Erstellen von CoDs
  • Rechtsverbindliche Richtlinien zur Unterscheidung von Altfahrzeugen von Gebrauchtwagen

Plastik-Recyclingquote sehr niedrig

Der Verbleib stillgelegter Fahrzeuge ist nicht die einzige Herausforderung für die Altautoverwerter. Das zweite große Thema ist der zunehmende Kunststoffanteil in Fahrzeugen, der laut Hatzi-Hull bis 2020 von heute 12 bis 15 Prozent auf vermutlich 18 Prozent steigen wird. Schon heute stammten neun Prozent des jährlich in Europa anfallenden Plastikmülls aus dem Automobilsektor – also 2,3 Millionen Tonnen. Gleichzeitig liege die Recyclingquote der Kunststoffe aus diesem Bereich bei gerade einmal neun Prozent. Zu verbauten gefährlichen Stoffen fehlten die Informationen gänzlich.

Um die Wiederverwendung und das Recycling von Kunststoffteilen zu verbessern, schwebt Hatzi-Hull vor, die Altautorichtlinie besser zu nutzen oder zu erweitern. Mögliche Wege seien:

  • die gesetzlich verankerten Informationsanforderungen vollständig auszuschöpfen
  • das Informationssystem über die Behandlung und Teile von/aus Altautos (IDIS) zu optimieren
  • Best Practice-Verpflichtungen einzuführen sowie
  • materialspezifische Verwertungsziele zu formulieren
  • materialspezifisches Reporting zur Überwachung der Verwertungsziele im Annex I zu definieren oder
  • Gebühren zu erheben hinsichtlich einer erweiterten Herstellerverantwortung
  • die Verwendung von recyceltem Material zu belohnen

Wie mit kritischen Stoffen in E-Fahrzeugen umgehen?

Die dritte Herausforderung sieht Hatzi-Hull in den Elektrofahrzeugen. Hier sei vor allem die Frage zu klären, was mit den Antriebsbatterien passiert, wer sich also um das sogenannte Second Life kümmert. Zudem brauche es mehr Informationen für Demontagebetriebe bezüglich Zerlegung der Fahrzeuge und insbesondere über gefährliche Stoffe im Sinne der POP-Verordnung. Außerdem müsse beantwortet werden, wie mit kritischen Rohstoffen umzugehen ist, die sich insbesondere in Elektrofahrzeugen finden.

Als Maßnahme schlägt sie vor, den Beschluss 2005/293 der Kommission zur Überwachung der Altauto-Recyclingziele zu überarbeiten. Eventuell seien Jahresberichte inklusive Qualitätsbericht zur Verwertung von E-Fahrzeugen sinnvoll. Vorstellbar sei auch ein materialspezifisches Reporting oder Reporting nach Fahrzeugbestand.

Toxische Materialien in Fahrzeugen nahezu eliminiert

Trotz alledem ist Hatzi-Hull mit der bisherigen Umsetzung der Altfahrzeugrichtlinie zufrieden. Seit der Umsetzung sei Anzahl der verwerteten Autos gestiegen, sagte sie. Gleichzeitig habe die Anzahl autorisierter und zertifizierter Entsorgungsbetriebe zugenommen.

Ferner beobachtet die Kommissionsvertreterin, dass Neufahrzeuge verstärkt so konstruiert werden, dass sie später besser zerlegt und mehr Teile wiederverwendet werden können. In diesem Zusammenhang hob sie IDIS hervor, das bessere Informationen über die Behandlung und Teile von/aus Altautos bereitstellt. Generell sei die Branche aber von einem „Life Cycle Engineering“ noch weit entfernt. In Sachen Qualität, Wartungsfreundlichkeit und Zuverlässigkeit gebe es ebenfalls Luft nach oben.

Zufrieden zeigte sich Hatzi-Hull auch darüber, dass weniger Gefahrstoffe verbaut werden. Bis dato seien toxische Materialien in Fahrzeugen nahezu eliminiert. Die Altautorichtlinie habe neue Technologien etwa für die Behandlung von Altölen und -flüssigkeiten sowie Reifen hervorgebracht. Inzwischen erfolge eine sachgerechte Behandlung und ein Recycling nicht nur von Materialien mit positivem Wert.

Künftig erwartet Hatzi-Hull weitere Fortschritte, unter anderem was die verbauten Materialien angeht. Zudem rechnet sie mit besseren Trenntechniken, dem Einsatz thermochemische Umwandlungsverfahren – Vergasung und Pyrolyse – und neuen Verwertungswegen für Reststoffe.

 

© 320°/bs | 19.03.2018

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