Vergärungsverfahren

Ein neues Vergärungsverfahren verspricht die Umwandlung von Speisealtöl in ein biologisch abbaubares Polymer. Das Biopolymer wiederum kann zur Herstellung von Biokunststoffen verwendet werden. Mittlerweile befinden sich zwei Anlagen im Bau.

Neue Biotech-Recyclinganlagen für Speiseöl


Natürliche Mikroorganismen, Wasser, Luft und Dampf – mehr braucht es nicht, um gebrauchtes Speiseöl in einen neuen, hochwertigen Rohstoff umzuwandeln. Möglich wird die Umwandlung durch ein neues Hydal-Vergärungsverfahren, das Speiseöl in das biologisch abbaubare Polymer Polyhydroxyalkanoate (PHA) umwandelt.

Über zehn Jahre hat die Entwicklung des neuartigen Biotech-Verfahrens gedauert. In der Slowakei steht nun die Inbetriebnahme der ersten industriellen Anlage zur Herstellung von PHA aus Speisealtöl kurz bevor. Wie die tschechische Biotechnologie-Firma Nafigate mitteilt, soll die Anlage Ende dieses Jahres mit der Produktion von PHA beginnen. Die Produktionskapazität des Werks soll in der Anfangsphase 1.000 Tonnen pro Jahr betragen und dann auf bis zu 10.000 Jahrestonnen PHA erweitert werden.

Die zweite Hydal-Recyclinganlage entsteht derzeit in der Tschechischen Republik. Nafigate hat vor gut zwei Monaten mit den Vorbereitungen für den Bau begonnen. In dieser Anlage sollen nicht nur Biopolymere, sondern auch Naturstoffe auf Basis von Hydal-PHA beispielsweise für Kosmetika hergestellt werden. Das Werk soll in der zweiten Hälfte des Jahres 2020 in Betrieb genommen werden.


[su_accordion]
[su_spoiler title=“Stichwort: PHA“]

  • Polyhydroxyalkanoate (PHA) sind biologisch abbaubare Biopolymere, die zunehmend an Bedeutung gewinnen. Derzeit stellen PHA die viertgrößte Gruppe der Biokunststoffe dar. Laut Experten erzielen sie zweistellige prozentuale Zuwachsraten und haben eine geschätzte Produktionskapazität von bis zu 130.000 Tonnen pro Jahr.
  • Klassische Anwendungsbereiche sind Verpackungen, insbesondere für Lebensmittel, Fasern und Hygieneartikel. Ihre Biokompatibilität prädestiniert PHA-Werkstoffe zudem als Träger von Geschmacksstoffen in Lebensmitteln und zur Verwendung im medizinischen Bereich, zum Beispiel als resorbierbare Gefäßimplantate, chirurgische Nahtfäden und Mikrokapseln.
  • PHA hat durch seine Bioabbaubarkeit und seine Biokompatibilität Vorteile gegenüber anderen Biopolymeren. Es ist nach Angaben des Biotechnologieunternehmens Biopro Baden-Württemberg jedoch vergleichsweise schwierig zu verarbeiten. Zudem seien die Produktionskosten relativ hoch.
  • Aufgrund der Rohstoffkosten, der Prozesskosten und der verhältnismäßig geringen Produktionsvolumina könnten PHAs mit klassischen Vertretern von Biokunststoffen wie dem Polylactid nur schwer mithalten. 2013 sind laut Biopro lediglich 3,2 Prozent der gesamten Produktionskapazität für Biopolymere für die Herstellung von PHAs verwendet worden.

[/su_spoiler]
[/su_accordion]


Die erste Auszeichnung hat das Hydal-Verfahren vor gut drei Jahren bekommen. Damals hatte das internationale Beratungsunternehmen Frost & Sullivan diese Technologie mit dem European Frost & Sullivan Award for Technology Innovation gewürdigt. Das neue Verfahren sei unter anderem ökologisch nachhaltiger als Altöl-Raffinationstechnologien, begründet die Beratungsfirma die Auszeichnung.

Darüber hinaus handele es sich um ein modulares Verfahren, das ohne große Umstände auf die benötigte Kapazität skaliert werden könne. Einen weiteren Pluspunkt sah Frost & Sullivan darin, dass Hydal-PHA weniger kostet, als die auf dem Markt existierenden PHA-Biopolymere, da das Ausgangsmaterial „unerwünschter Abfall“ ist. Die einzigen „Rohstoffkosten“ entstünden bei der Sammlung und dem Transport der Speisealtöle.

Die neue Technologie wurde ursprünglich an der Technischen Universität Brünn entwickelt. 2012 hat Nafigate die Lizenz für das Patent erworben. Die Biotech-Firma hat auch den Technologieübergang vom Labor- in den industriellen Maßstab durchgeführt. Bei der Weiterentwicklung des Recyclingverfahrens hat Nafigate unter anderem mit den chinesischen Unternehmen Jiangsu Clean Environmental Technology und Suzhou Cleanet zusammengearbeitet.

 

© 320° | 14.08.2018

Mehr zum Thema
Kreislaufwirtschaft: Deutschland und China vereinbaren Aktionsplan
Neuer Roboter entleert Lebensmittelgläser in Sekundenschnelle