Für Lederreste

Zwölf Millionen Quadratmeter Leder werden in Deutschland jedes Jahr hergestellt. Dabei fallen Reste an, die bislang teilweise aufwändig aufgearbeitet oder entsorgt werden müssen. Mit einem neuen Verfahren sollen daraus nun nachhaltige Gerbstoffe entstehen.

Neuer Prozess für Vor-Ort-Verwertung


Fußbälle, Schuhe, Taschen, Bücher: In all diesen Produkten kommt Leder zum Einsatz. Wie bei jeder Fertigung fallen auch hier Abfälle an – in Deutschland etwa 9.000 Tonnen pro Jahr. Weltweit wird die Menge auf 600.000 Tonnen jährlich geschätzt. Wissenschaftler haben nun ein Verfahren entwickelt, um aus den Lederresten Nachgerbstoffe herzustellen.

Wie das Verfahren genau funktioniert, ist nicht bekannt. Im Fokus steht die Verwendung von Schnittabfällen und Falzspänen in Gerbereien. Jährlich entstehen den Forschern zufolge in Deutschland etwa 7.000 Tonnen Falzspäne und circa 1.500 bis 2.000 Tonnen Schnittreste. Diese würden bislang mit teilweise nicht unerheblichen Kosten für die Gerbereien entweder entsorgt oder anderweitig genutzt. Mit dem neuen Verfahren könnten die Betriebe künftig einen Teil ihres Eigenbedarfs an Nachgerbstoffen vor Ort selbst herstellen.

Pilotanlage für April geplant

Das Projekt hört auf den Namen ReeL, kurz für ‚Ressourceneffiziente Herstellung von Lederchemikalien‘ und ist Anfang 2016 gestartet. Erdacht wurde der zugrundeliegende Prozess vom Leverkusener Forschungsinstitut Invite. Die Erkenntnisse aus dem Labor sollen in den kommenden Monaten auf ein modulares, transportables Anlagenkonzept übertragen werden.

Derzeit wird das Verfahren getestet und auf einen chemischen Recyclingprozess unter Realbedingungen beim Projektpartner Lanxess angepasst. Der Spezialchemiekonzern bietet einen auf pflanzlicher Biomasse basierenden Nachgerbstoff namens X-Biomer an, der ebenfalls mit dem Verfahren aufbereitet werden kann. Eine Pilotanlage soll im April umgesetzt werden und schließlich als vollwertige Anlage Mitte 2017 bei einem weiteren Projektbeteiligten, der Geberei Heller Leder, in Betrieb gehen.

„Ich halte diesen Ansatz für einen vielversprechenden Schritt in Richtung eines noch nachhaltigeren Produktionskonzeptes“, sagt Dietrich Tegtmeyer, Leiter des Projekts bei Lanxess. „Auf der einen Seite werden durch eine ‚in situ‘- und ‚Just in time‘-Produktion enorme Ressourcen in Logistik und Verpackung gespart, auf der anderen Seite muss ein Zwangsanfallprodukt wie Falzspäne nicht entsorgt werden, sondern dient als Rohstoff für die benötigte Nachgerbchemie.

Das Gesamtinvestitionsvolumen des Vorhabens – endet am 31. Dezember 2018 – beträgt rund fünf Millionen und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit 2,5 Millionen Euro gefördert.

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