NIR-Chemical-Imaging

Die NIR-Chemical-Imaging-Technik bietet neue Analysemöglichkeiten und Einsichten in den Aufbau von Altpapier. Mit einem derartigen Online-Monitoring können Sortieranlagen die Produktqualität und Effizienz steigern.

Neues Analyseverfahren für Altpapier


Die Qualität von Altpapier, die tagtäglich bei Sortieranlagen ankommt, schwankt erheblich. „Eigentlich wird die Sorte 1.11 jeden Tag anders angeliefert“, sagt Christina Dornack von der Papiertechnischen Stiftung (PTS). Gleichwohl gebe es keine ausreichenden Informationen über die Qualität.

Dabei ist gerade die Qualität und die Kenntnis über die Zusammensetzung des Altpapiers ausschlaggebend, um ein hochwertiges Recyclingpapier herstellen zu können. Dies gilt in der Zukunft umso mehr, denn der Aufbau von Papieren und Kartonagen wird erwartungsgemäß immer komplexer. Folglich werden auch neue Messverfahren für die Qualitätskontrolle und die Produkt- und Prozessanalyse nötig werden.

Die PTS hat hierfür das Nahinfrarot (NIR)-Chemical-Imaging-Messverfahren entwickelt. Die NIR-Spektroskopie eigne sich besonders gut zur chemischen Analyse des flächigen Materials Papier, erklärt Dornack, Abteilungsleiterin Recycling und Ressourcen bei der PTS. Mit dem NIR-Sensor können kontinuierlich diverse Parameter im Eingangsmaterial erfasst werden. Dazu zählen der Gehalt an Deinking-Papier, das Verhältnis zwischen Zeitungsdruck- und Zeitschriftenpapieren, der Gehalt an unerwünschten Papieren und Verpackungen, Zeitungspapiere mit Flexodruck, aber auch der Plastikanteil, der Aschegehalt oder auch die Feuchtigkeit.

Einer der Vorteile der NIR-Messmethode liegt darin, dass sie zerstörungsfrei ist. Das heißt, die Papierproben können direkt und ohne Probenvorbereitung gemessen werden. Die Messungen erfolgen zudem sehr schnell und ermöglichen das Abscannen von großen Flächen beziehungsweise vielen Proben in kurzer Zeit. „Des Weiteren besitzt die NIR-Strahlung eine relativ hohe Eindringtiefe von bis zu 250 µm und ermöglicht auch die Analyse von Partikeln und chemischen Substanzen im Innern des Papiers. Die maximal erreichbare Ortsauflösung in der Fläche beträgt circa 160 µm“, heißt es im Forschungsbericht der PTS.

NIR-Messmethode beantwortet alle analytischen Fragen

Mittels der Chemical-Imaging-Technik können die chemischen Informationen aus der spektroskopischen Analyse mit der örtlichen Information zur Verteilung von chemischen Substanzen kombiniert werden. Damit lassen sich laut PTS die wichtigen analytischen Fragen beantworten: Welche Inhaltsstoffe und wie viel davon sind in der Probe? Und vor allem: Wo befinden sie sich beziehungsweise wie sind sie verteilt?

Die chemischen Informationen einer Probe werden in chemische Bilder umgewandelt. Werden die Auswerteparameter variiert, können aus einem Spektrendatensatz gleich mehrere Bilder erzeugt werden. Somit ist es laut PTS auch möglich, die Verteilung von verschiedenen Substanzen in einer Probe darzustellen. Die Auswertung der chemischen Bilder kann rein visuell erfolgen, die PTS empfiehlt aber, die Verteilungen auch quantitativ zu bewerten. Dafür gibt es verschiedene Methoden und Verfahren. Ergänzend könnten die chemischen Bilder als Grau- oder RGB-Bilder abgespeichert und mit bildanalytischen Methoden ausgewertet werden. Die speziell dafür entwickelten NIR-Imaging-Mess- und Auswertemodule sollen ins neue multispektrale PTS-Bildanalysesystem DOMASmultispec integriert werden.

„Mit diesem kontinuierlichen Online-Assessment des Eingangsmaterials und den dadurch gewonnenen Informationen über die Materialqualität kann die Produktionsgeschwindigkeit von Sortieranlagen optimal angepasst und die maximal mögliche Geschwindigkeit erreicht werden“, sagt Dornack. Zudem könnten die mechanischen Sortierschritte individuell auf die Änderungen eingestellt werden. Letztendlich führe das zu einer höheren Produktqualität und gleichzeitig zu einer höheren Effizienz und weniger Stillstands- oder Ausfallzeiten der Anlage.

Dieses Projekt gewinnt nicht allein dadurch an Bedeutung, dass immer mehr komplexe funktionelle Verpackungen zum Recycling kommen. Es werde in Zukunft auch mehr Papier geben, das sich nicht für ein Recycling eigne oder mehr Verunreinigungen aufweise, prognostiziert die Papierexpertin. Gleichzeitig würden aber die Ansprüche der Kunden an recyceltes Papier steigen. „Papierfabriken entwickeln und setzen zusätzliche Messungen zur Identifizierung und zur Qualitätskontrolle des Inputmaterials ein.“ Diesen wachsenden Qualitätsansprüchen werden die Sortieranlagen genügen müssen. „Die Sortieranlagen der Zukunft werden eine maximale Produktivität durch eine weitgehende Automatisierung erreichen müssen“ so Dornack.

Mehr zum Thema
Wie sich Lederreste upcyceln lassen
Recycling von Solarmodulen: Jetzt auch für Silber
KI sortiert Kunststoffe für Lebensmittel­verpackungen
Die ersten Schokoriegel in Papierverpackung
Forscher entwickeln Lkw-Front, die Leben retten soll
Leipa legt Produktionslinie für grafische Papiere still