Forschungsprojekt

Die stoffliche Verwertung von Altreifen zielt bislang auf die Herstellung von Granulaten. Doch machbar sind auch feine Gummimehle, die vielfältig einsetzbar sind, meinen Wissenschaftler. Für das Verfahren haben sie eine einstufige Direkt-Extrusion entwickelt.

Neues Recyclingverfahren für Altreifen


Wissenschaftler am Institut für Strukturleichtbau der Technischen Universität Chemnitz haben ein Verfahren entwickelt, bei dem Altreifen zu hochwertigem Gummimehl statt grobem Granulat verarbeitet werden. Das ist nach Angaben des Forscherteams nicht nur energiesparend, sondern biete auch neue Einsatzmöglichkeiten.

Bisher wird von den jährlich rund 1,8 Milliarden Altreifen, die welweit anfallen, rund die Hälfte verbrannt. „Das Recycling von Gummi ist schwierig, weil jede Anwendung ihre ganz eigene Rezeptur hat. Sortenreinheit hat hier oberste Priorität und die ist gerade für Reifen schwer herzustellen“, sagt Stefan Hoyer, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Strukturleichtbau.

Wie Hoyer weiter erklärt, beschäftigt sich das Forschungsprojekt mit dem sogenannten „Elastomer-Recycling“ – also der Frage, wofür die formfesten aber elastisch verformbare Kunststoffe wiederverwendet werden können. Statt die Altreifen wie bisher zu einem relativ groben Granulat zu zerkleinern, werden nun feinste Gummi-Mehle mit thermoplastischen Kunststoffen gemischt. Diese sogenannten „Thermoplast-Elastomer-Compounds“ sind laut Hoyer schmelzbar und können zum Beispiel im Spritzgießverfahren zu komplexen Bauteilen verarbeitet werden.

Einstufige Direkt-Extrusion

Für die Verarbeitung haben die Forscher eine einstufige Direkt-Extrusion entwickelt. „Wir kombinieren die Compoundierung und die Profilextrusion, also das Mischen der Ausgangsstoffe und das Formgeben. Aber eben ohne den Umweg über Granulat. Wir sparen uns einen Prozessschritt und damit vor allem Energie und schützen so das Material vor thermischen Schäden“, sagt Hoyer. So könnten beispielsweise endlos gefertigte, hochwertige Matten für Verschleiß- und Schallschutz hergestellt werden.

Die Technik ist den Angaben zufolge noch in der Phase der Markteinführung, doch man kooperiere bereits mit einer Firma aus der Region. Einen Schritt weiter ist das Team um Stefan Hoyer bei der Wiederverwertung von technischen Elastomeren. Die entwickelte Technologie ermöglicht es demnach, Produktionsabfälle so aufzubereiten, dass sie einfach wieder in den Herstellungsprozess zurückgeführt werden können.

Das sortenreine Recyclat – Feinmehl aus den Produktionsreste – wird dabei im sogenannten „Reaktruder“ vermahlen. Die verwendete Technologie des Warmmahlens existierte zwar laut Hoyer bereits, doch der Wissenschaftler entwickelte und optimierte diese: Er verbesserte die Prozessstabilität, vereinfachte die Reinigung und reduzierte Baugröße, Energieverbrauch und Verschleiß. „Dank dieses Verfahrens können jetzt sogar Kleinchargen wirtschaftlich sortenrein recycelt werden“, sagt Hoyer.

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