Vergärung mit Mikroorganismen

Ein tschechisch-chinesisches Joint-Venture hat ein Vergärungsverfahren entwickelt, das Speisealtöl in ein biologisch abbaubares Polymer umwandelt. Das Biopolymer wiederum kann zur Herstellung von Biokunststoffen verwendet werden.

Neues Recyclingverfahren für Speisealtöl


Das tschechisch-chinesische Biotechnologie-Joint-Venture Suzhou Hydal Biotech hat ein Recyclingverfahren entwickelt, mit dem gebrauchtes Speiseöl über einen Fermentationsprozess in das biologisch abbaubare Polymer Polyhydroxyalkanoate (PHA) umgewandelt werden kann. Dazu werden gebrauchte Speiseöle mit Hilfe natürlicher Mikroorganismen in Gegenwart von Wasser, Luft und Dampf vergärt, wie das Gemeinschaftsunternehmen erläutert. Als Nährstoffe dienen anorganische Salze.

Der Biopolymer PHA „ist eine Energiequelle für die Mikroorganismen und wird kornförmig in der Fermentationsbrühe abgelagert“, erklärt Suzhou Hydal Biotech. Das produzierte PHA werde durch Isolierung und Zerstörung der Mikroorganismen quasi geerntet. Anschließend werde das Polymer mit einem Lösungsmittel extrahiert und gefällt. Das Lösungsmittel könne dabei zurückgewonnen werden.

Von Vorteil ist angeblich, dass die Qualität des Speisealtöls keine Rolle spielt. Die Qualität des Altöls beeinflusse die Qualität des produzierten PHA nicht, betont die Biotech-Firma. Daher könne diese Technologie die Industrie vor einer möglichen Überversorgung mit biobasierten Altölen bewahren, die sich nicht für die Verwendung in Motorenölen eignen.

Herstellung ist unschlagbar günstig

Das internationale Beratungsunternehmen Frost & Sullivan hält das Verfahren für so gut, dass es die Firma Suzhou Hydal Biotech mit dem European Frost & Sullivan Award for Technology Innovation ausgezeichnet hat. Mit dieser Technologie würden zwei der größten Herausforderungen der Altöl-Upcycling-Industrie bewältigt, würdigt Frost & Sullivan. Zum einen erweitere es die Verwendungsbeschränkungen von gebrauchtem Speiseöl und zum anderen zeige es einen Weg aus der Überversorgung mit Speisealtölen. Suzhou Hydal Biotech biete die weltweit erste und einzige Industrietechnik an, die aus Speisealtöl Biopolymere herstelle.

Konsum von Speiseöl in Deutschland in den Jahren 2005 bis 2013 (in 1.000 t Produktgewicht) Das neue Verfahren sei auch ökologisch nachhaltiger als Altöl-Raffinationstechnologien, betont die Beratungsfirma. „Anders als bei der Altölraffination macht es Hydals flexible Technologie überflüssig, die Altöle zu dekontaminieren und zu screenen“, sagt Jennifer Tan, Senior Industry Analyst bei Frost & Sullivan. Der Gärungsprozess laufe unter milden Betriebsbedingungen ab und benötige weniger Energie als aktuelle Verfahren wie beispielsweise die Vakuumdestillation. Darüber hinaus handele es sich um ein modulares Verfahren, das ohne große Umstände auf die benötigte Kapazität skaliert werden könne.

Ein weiterer Pluspunkt: Hydals PHA kostet angeblich weniger als die auf dem Markt existierenden PHA-Biopolymere, da das Ausgangsmaterial unerwünschter Abfall ist. Die einzigen „Rohstoffkosten“ entstünden bei der Sammlung und dem Transport der Speisealtöle. „Die in Europa und vielen anderen Ländern etablierte Sammelinfrastruktur könnten mögliche Ansatzpunkte für Lizenzverträge bieten“, sagt Frost & Sullivan-Analystin Tan.

Stark wachsender Markt

Gerade der Kostenfaktor könnte für Hersteller von Biokunststoffen interessant sein. Immerhin sind die Polyhydroxyalkanoate ein stark wachsendes Segment im ebenfalls stetig wachsenden Markt für Biokunststoffe. Derzeit stellen PHA die viertgrößte Gruppe der Biokunststoffe dar. Laut Experten erzielen sie zweistellige prozentuale Zuwachsraten und haben eine geschätzte Produktionskapazität von bis zu 130.000 Tonnen pro Jahr. Klassische Anwendungsbereiche sind Verpackungen, insbesondere für Lebensmittel, Fasern und Hygieneartikel. Ihre Biokompatibilität prädestiniert PHA-Werkstoffe zudem als Träger von Geschmacksstoffen in Lebensmitteln und zur Verwendung im medizinischen Bereich, zum Beispiel als resorbierbare Gefäßimplantate, chirurgische Nahtfäden und Mikrokapseln.

Den Umwandlungsprozess von Speisealtöl in PHA hat das tschechische Unternehmen Nafigate Corporation erfunden. Im chinesischen Unternehmen Jiangsu Clean Environmental Technology hat Nafigate einen Kooperationspartner gefunden. Im vergangenen Jahr ist aus dieser Kooperation das Joint-Venture Suzhou Hydal Biotech entstanden. Nafigate arbeitet daneben auch mit Suzhou Cleanet zusammen, das an einer steigenden Anzahl an Standorten in China Speisealtöl sammelt und verarbeitet.

Nafigates Schritt nach China kommt nicht von ungefähr. Denn dort fällt der „Rohstoff“ für den Verarbeitungsprozess in rauen Mengen an. „Der gewaltige Überschuss an gebrauchtem Speiseöl resultiert in einem schwarzen Markt, der das Öl für eine Wiederverwendung als Speiseöl recycelt, was große Gesundheitsgefahren in sich birgt “, warnt Tan. Für die Analystin kommt der Eintritt von Suzhou Hydal Biotech in den chinesischen Speiseöl-Recyclingmarkt daher zur richtigen Zeit.

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