Ohne Reststoffe

Mit Hilfe einer Aufspaltung in Synthesegas will eine Firma die komplette stoffliche Verwertung von Klärschlamm erreichen. Auf diese Weise sollen auch andere organische Abfälle verarbeitet werden.

Neues Verfahren verspricht vollständige stoffliche Verwertung von Klärschlamm


Das Unternehmen iGas energy GmbH hat ein Verfahren entwickelt, mit dem Klärschlamm vollständig in den Stoffkreislauf zurückgeführt werden soll. Die Endprodukte seien vermarktbare Wertstoffe wie etwa pflanzenverfügbarer Phosphor sowie das Synthesegas „HyGas“, das verstromt werden kann, teilt das Unternehmen mit.

Wie es heißt, würden bei der Aufbereitung organischer Abfälle alle im Schlamm enthaltenen Stoffe restlos verwertet. „Es entstehen keinerlei Abfallstoffe, sondern nur Wertstoffe, die dem Stoffkreislauf zugeführt werden“, betont iGas energy. Das neue HyGas-Verfahren eigne sich nicht nur für Klärschlamm: In derselben Anlage könnten auch andere organische Abfälle verarbeitet werden, so zum Beispiel Bioabfall wie Grünschnitt oder Trester, Gärreste aus Biogas-Anlagen und Gülle, aber auch Abfälle aus der Lebensmittelindustrie.

Aufspaltung in SynthesegasNeues Verfahren verspricht vollständige stoffliche Verwertung von Klärschlamm

Für die Aufbereitung wird die im Klärschlamm enthaltene, nasse organische Masse in überkritischem Wasser – bei einem Druck von mehr als 250 bar und einer Temperatur über 600 °C – in Synthesegas aufgespalten. Das Gas kann gespeichert und später auch verstromt werden. Es besteht den Angaben zufolge aus Kohlendioxid, Methan und Wasserstoff, ferner aus Propan und Ethen. Da das Gas unter hohem Druck stehe, könne es leicht gespeichert werden.

Auch alle festen Inhaltsstoffe des Klärschlamms – Mineralstoffe und Salze – würden verwertet. So entstünden keinerlei Abfallprodukte, die entsorgt werden müssen. Die im Prozess anfallenden Nährstoffsalze – unter anderem Phosphor – seien hoch pflanzenverfügbar und eigneten sich deshalb ideal als Rohstoff für die Herstellung von Dünger.

Ein willkommener Nebeneffekt sei auch, dass der Schlamm bei den hohen Temperaturen im Prozess quasi „en passant“ hygienisiert wird, erklärt das Unternehmen. Medikamentenrückstände, die im Klärschlamm enthalten sind, gerieten so nicht zurück in die Nahrungskette.

Kläranlagen werden zu Kraftwerken

Auch die Energiebilanz des Prozesses sei positiv. Denn im Gegensatz zu traditionellen Verfahren sei keine Vortrocknung des nassen Schlamms erforderlich. Somit würden auch keine Verdampfungsverluste entstehen.

„Das Abwasser, das in die Kläranlagen kommt, enthält so viel chemisch gebundene Energie, dass die Anlagen eigentlich mit Energieüberschuss arbeiten müssten“, sagt Karl-Heinz Lentz, der Gründer und Geschäftsführer von iGas energy. Heute seien die Kläranlagen jedoch fast ausnahmslos Energieverbraucher. „Die etwa 10.000 kommunalen und industriellen Kläranlagen in Deutschland benötigen jährlich etwa 4.400 GWh Strom – nur für die Reinigung des Abwassers.“

Bei der Überkritischen Gaserzeugung dagegen sei die elektrische Energiebilanz positiv: So können die Betreiber den Strom, den sie in ihrer Kläranlage erzeugen, selbst nutzen oder verkaufen. Außerdem entstehe bei der Verstromung kein Kohlendioxid.

Mehr Einnahmen, niedrigere Kosten

Wie es weiter heißt, würden alle im Klärschlamm enthaltenen festen Stoffe, Mineralstoffe, Schwermetallsalze und pflanzenverfügbare Nährstoffsalze vermarktet. Potenzielle Abnehmer der Wertstoffe seien die Baustoff-, Dünger- und die Metallindustrie. Das Synthesegas und der damit erzeugte Strom könnten in den Kläranlagen genutzt werden, was zusätzlich eine Einsparung von CO2 mit sich bringe.

Da Klärschlamm weder transportiert, verbrannt oder deponiert werden müsse, seien die Entsorgungskosten äußerst gering und langfristig stabil. „Berechnungen zeigen, dass die Entsorgungskosten einschließlich der Rückgewinnung des Phosphors pro Einwohner und Jahr langfristig stabil auf etwa vier Euro gehalten werden können“, erklärt das Unternehmen. Dabei seien die Erlöse aus dem Verkauf der Wertstoffe noch nicht berücksichtigt.

„Mit dem HyGas-Verfahren machen wir aus organischem Abfall Wertstoffe und senken gleichzeitig die Entsorgungskosten drastisch“, betont Lentz. „Unser HyGas-Verfahren ist das einzige, mit dem Betreiber von Kläranlagen die neue Klärschlammverordnung erfüllen können.“

Darüber hinaus habe HyGas hohes Potenzial, die Abhängigkeit Deutschlands vom Phosphorimport zu mindern: Würden alle deutschen Kläranlagen nach dem HyGas-Verfahren arbeiten, könnten jährlich etwa 55.000 t Phosphor zurückgewonnen werden – das entspreche rund 60 Prozent des Bedarfes an Phosphor.

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