Aus Reststoffen von Agrarbetrieben

In Deutschland gibt es Agrarbetriebe, die nicht wissen, wohin mit ihrer Gülle. Für diese Fälle will ein Entsorger ein neues Aufbereitungsverfahren auf den Markt bringen. Auch für Gärreste sei das Verfahren geeignet.

Neues Verfahren zur Aufbereitung von Gülle


Das Entsorgungs- und Verwertungsunternehmen Suez will künftig im großen Stil Phosphordünger und Bodenverbesserer aus Reststoffen von Agrarbetrieben gewinnen. Der Entsorgungsdienstleister plant, zunächst eine Anlage im Technikum-Maßstab am Firmenstandort in Zorbau, Sachsen-Anhalt zu errichten. Als Technologie kommt das sogenannte BioEcoSIM-Verfahren zum Einsatz.

Die Technologie wurde von Oktober 2012 bis Dezember 2016 am Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (IGB) in Stuttgart entwickelt. Dabei wurden verschiedene Aufbereitungsstufen zu einem Gesamtprozess kombiniert und in einer modular aufgebauten Anlage integriert, wie es heißt. Das Aufbereitungsprinzip funktioniert wie folgt:

  • Zunächst wird die wässrige Gülle vorbehandelt, damit der Phosphor vollständig in Lösung geht. Über eine zweistufige Filtration wird sie in eine feste und eine flüssige Phase getrennt.
  • Anschließend wird die feste Phase getrocknet – via eines energieeffizienten Verfahren, das mit überhitztem Wasserdampf in einem geschlossenen System arbeitet.
  • Optional sei es möglich, einen Pyrolyse-Schritt mit überhitztem Wasserdampf anzufügen, um das Material in organische Biokohle umzuwandeln.
  • Die flüssige Phase enthält die gelösten anorganischen Nährstoffe und wird einem Fällungsschritt unterzogen: Erst wird Phosphor als Calciumphosphat, Magnesiumphosphat oder Magnesiumammoniumphosphat gefällt. Danach wird Stickstoff via Membranadsorption als Ammoniumsulfat abgetrennt und kristallisiert.
  • Als Rest bleibt Wasser übrig, das reich an Kalium ist und zur Bewässerung eingesetzt werden kann.

Derzeit entsteht eine Anlage im Technikum-Maßstab mit einem Durchsatz von einem Kubikmeter pro Stunde. Diese soll Rinder- und Schweinegülle verarbeiten können, aber auch Gärreste aus Biogasanlagen. Wie es heißt, dient die Anlage, die am Suez-Standort in Zorbau gebaut wird, als Blaupause für weitere großtechnische Anlagen. Suez ist quasi Lizenznehmer des Verfahrens, und investiert in die Weiterentwicklung.

„Nach und nach sollen flächendeckend großtechnische Anlagen entstehen, die Landwirten, Zucht-und Mastbetrieben überschüssige Gülle abnehmen. Bei der Auswahl der Anlagenstandorte werden vor allem die logistischen Aspekte der Anlieferung berücksichtigt“, sagt Kai Bastuck, Leiter Geschäftsfeldentwicklung Recycling und Recovery der Suez Deutschland. Siegfried Egner, Abteilungsleiter am Fraunhofer IGB, macht folgende Rechnung auf: „Eine durchschnittliche großtechnische Anlage produziert stündlich aus zehn Kubikmetern Rohgülle etwa 100 Kilogramm Phosphatdünger, 100 Kilogramm Stickstoffdünger und 900 Kilogramm organische, nährstoffarme Feststoffe“.

Insgesamt ergibt sich dem Wissenschaftler zufolge durch das Verfahren ein enormes Einsparpotenzial an synthetischen Dünger. Demnach könnten mit der Kapazität von einer Million Kubikmetern Gülle pro Jahr – gleichbedeutend mit der Menge aus circa 100 Schweinemastbetrieben – 10.000 Tonnen Ammoniumdünger und 10.000 Tonnen Phosphordünger hergestellt werden. „Dies entspricht fast dem jährlichen Bedarf in ganz Deutschland“, betont Egner.

Etwa 200 Millionen Kubikmeter Gülle aus der Viehzucht landen jährlich in Deutschland auf Feldern und Wiesen. Das Material besteht zu über 90 Prozent aus Wasser und enthält große Mengen an Stickstoff und Phosphor. Wird zu viel Gülle auf Felder aufgebracht, wandeln sich die Pflanzennährstoffe im Boden zu Nitrat um, das ins Grundwasser sickert. Meist fällt Gülle dort vermehrt an, wo Ackerflächen fehlen. Über Börsen wird es daher an landwirtschaftliche Betriebe verkauft, die häufig mehrere hundert Kilometer entfernt liegen.

 

© 320°/bs | 07.05.2018

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