Neuer Entwurf

Was seit Jahren diskutiert wird, soll nun ganz schnell gehen: In der Sommerpause hat das BMU den überarbeiteten Entwurf für die TA Luft herausgegeben. Im September soll er im Bundeskabinett verabschiedet werden. Der BDE reagiert mit Unverständnis – zumal seine Liste der Kritikpunkte noch lang ist.

Novelle der TA Luft: BDE fordert, Notbremse zu ziehen


Über die Novellierung der TA Luft wird bereits seit 2015 diskutiert. Doch nun soll offenbar alles ganz schnell gehen. „Es ist völlig unverständlich, weshalb das BMU genau in der Sommerpause mit einem überarbeiteten Entwurf der TA Luft herauskommt, der im Vergleich zum letzten Referentenentwurf kaum Änderungen aufweist, und nun in aller Schnelle einen Kabinettsbeschluss herbeiführen möchte“ moniert Peter Kurth, Präsident des Entsorgerverbands BDE. „Der Vorschlag des BMU enthält zahlreiche Verschärfungen für die deutsche Industrie, die zum Teil weder fachlich richtig begründet sind noch europarechtlichen Vorgaben entsprechen.“

Der BDE fordert deshalb die beteiligten Bundesministerien auf, dem vorliegenden Entwurf der TA Luft nicht zuzustimmen. Der Entwurf müsse vielmehr kritisch geprüft werden. „Von den Regelungen ist die gesamte deutsche Industrie betroffen, da die TA Luft das zentrale Regelwerk für die Genehmigung, Änderung und den Betrieb von Industrieanlagen in Deutschland ist“, betont Kurth.

Viele Kritikpunkte

Einer der zentralen Kritikpunkte des BDE ist die Festlegung des Anteils der organischen Stoffe im Abgas bei der biologischen Abfallbehandlung und bei verschiedenen Parametern für Shredderanlagen (Gesamtstaub, Gesamtkohlenstoff, Dioxine, Furane, PCB). Dem Entwurf zufolge soll ein schärferer Grenzwert für organische Stoffe im behandelten Abgas eingeführt werden. Dieser soll bei 0,40 beziehungsweise 0,25 Gramm pro Kubikmeter liegen, angegeben als Gesamtkohlenstoff.

„Wir kennen nur eine Vergärungsanlage in Deutschland, bei der organische Stoffe im Abgas im Genehmigungsbescheid aufgenommen sind“, gibt Kurth zu bedenken. „Darüber hinaus ist dieser Parameter für alle Kompostierungs- und Vergärungsanlagen neu. Auch ein Monitoring dieses Parameters wurde von den Überwachungsbehörden nicht verlangt. Europarechtlich ist er nicht gefordert. Wir lehnen es daher ab, dass allein unsere Anlagen in Deutschland für diesen Parameter zusätzliche Maßnahmen ergreifen müssen.“

Stattdessen fordert der BDE erst einmal ein Monitoring-Programm für Kohlenstoff, alternativ auch für Methan. Von Ziel- und Grenzwerten sollte vorerst Abstand genommen werden. Außerdem sollten nach Auffassung des BDE noch andere Punkte im Entwurf korrigiert werden.

  • So sieht der Entwurf vor, Stickstoffoxide (NOx) und Kohlenmonoxid (CO) in Verbrennungsmotoranlagen jährlich durch eine bekannt gegebene Stelle überwachen zu lassen. Der BDE fordert dies unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten abzuwägen und möglicherweise die Überwachungsintervalle zu verlängern.
  • Zudem wird für Betreiber von Anlagen zur mechanischen Behandlung von gemischten Siedlungsabfällen und ähnlich zusammengesetzten Abfällen gefordert, dass loses Material grundsätzlich in geschlossenen Räumen zu lagern ist. Ebenso soll deren Behandlung in geschlossenen Räumen erfolgen. Hier mahnt der BDE an zu definieren, was “loses Material” ist. Außerdem verlangt er, die Ausgestaltung der Anforderungen an die Anlagen dem Betreiber und der Behörde vor Ort zu überlassen und an aktuell genehmigten Lösungen anzulehnen. Als Beispiele führt der BDE einen Wertstoffhof und die LVP-Sortierung an. Beide nutzen Freiflächen.
  • Im Referentenentwurf werden ferner für Komposterzeugungsanlagen höhere bauliche und betriebliche Anforderungen formuliert. So will der Gesetzgeber, dass jede Neuanlage eine Geruchsausbreitungsmessung durchführen muss, was der BDE ablehnt. Des Weiteren soll die Annahme und Aufbereitung in Anlagen mit einer Behandlungskapazität von 30 Tonnen pro Tag oder mehr künftig geschlossen vonstattengehen. Bisher mussten lediglich Betreiber von Anlagen ab 10.000 Tonnen pro Jahr Bunker und Hauptrotte geschlossen ausführen. Der BDE befürchtet erheblichen Nachrüstungs- und Investitionsbedarf.
  • Darüber hinaus sollen die Geruchsstoffkonzentrationen bei Kompostanlagen ab 75 Tonnen pro Tag sowie die Konzentration an organischen Stoffen jährlich gemessen werden. Bei Vergärungsanlagen soll die jährliche Messung bereits ab 50 Tonnen pro Tag greifen. Beide Verschärfungen kritisiert der BDE, aus folgenden Gründen: Für organische Stoffe fehle die europarechtliche Vorgabe. Bezüglich der Gerüche sei es überzogen, jährlich einen Sachverständigen für diese Messung einzubestellen, insbesondere bei funktionierenden Biofiltern.
  • Weitere Vorgaben des Entwurfs könnten Betreiber von Shredderanlagen für nicht gefährliche metallische Abfälle treffen. Laut BDE bleibt der Grenzwert für Gesamtstaub im gereinigten Abgas von 10 Milligramm pro Kubikmeter nur bei unveränderten Altanlagen bestehen. Wird die Abgasreinigung des Shredderrotorraumes verändert, gilt künftig ein schärferer Wert von 5 Milligramm pro Kubikmeter. Den Berechnungen des Verbands zufolge müssen etwa 40 Shredderanlagen in Deutschland mit größeren Investitionen rechnen. Schätzungen gingen von circa einer Million Euro und mehr pro Anlage aus.
  • Auch bei Gesamtkohlenstoff, Dioxinen, Furanen und PCB müssen Shredderanlagenbetreiber mit schärferen Grenzwerten rechnen, weil keine Grenzwerte im entsprechenden BREF-Dokument aufgeführt werden, so der Verband.

In anderen Punkten des Referentenentwurfs sieht der BDE ebenfalls Verbesserungsbedarf. So sollen Verwerter von Kühlschränken künftig entstehende Prozessgase sowie „alle freigesetzten Stoffe“ erfassen, die bei der Entnahme von Kältemitteln und Kältemaschinenölen entstehen. Hier fordert der Entsorgerverband eine präzisere Formulierung. Die ebenfalls geforderte wöchentliche Eigenüberwachung der Dichtigkeit der Anlage sollte auf monatlich und anlassbezogen festgelegt werden.

Des Weiteren lehnt der BDE die Forderung ab, dass Schrottplätze eine geschlossene Untergrundfläche, gegebenenfalls zusätzlich verstärkt durch zum Beispiel massive Stahlplatten haben müssen. Dies entspreche weder der aktuellen Praxis noch dem aktuell diskutiertem Sachstand anlässlich der Revision des Waste Treatment BREF.

 

© 320°/bs | 28.08.2018

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