Arbeitsschutz

Die obersten deutschen Arbeitsmediziner haben Sorge, dass im Freien Beschäftigte nicht ausreichend vor schädlicher UV-Strahlung geschützt sind. Sie schlagen vor, eine Pflichtvorsorge vorzuschreiben. Vertreter der Recyclingbranche sind alarmiert.

Pflichtvorsorge für besseren UV-Schutz?


Der Jahrhundertsommer mit seinen Hitzerekorden könnte schon bald erste Konsequenzen beim Arbeitsschutz nach sich ziehen. Um Beschäftigte im Freien besser vor UV-Strahlung zu schützen, empfehlen die obersten deutschen Arbeitsmediziner, der Ausschuss für Arbeitsschutz (AfAMed), eine Angebots- und Pflichtvorsorge beim Betriebsarzt. Sie schlagen vor, eine solche Vorschrift in die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) aufzunehmen.

Aus Sicht der Recyclingverbände BDSV, bvse und VDM wäre eine solche Vorschrift kontraproduktiv. „Wir als Recyclingbranche sprechen uns nachdrücklich gegen die Einführung einer Pflichtvorsorge aus“, heißt es in einem Schreiben der Verbände an Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD).

Eine solche Vorsorge sei nicht notwendig, da ein ausreichender Schutz der Arbeitnehmer durch organisatorische Maßnahmen (wie beispielsweise langärmlige Kleidung, Kopfbedeckungen mit ausreichender Bedeckung des Nackenbereichs oder Zurverfügungstellung von Sonnencreme), technische und personenbezogenen Maßnahmen und durch eine Angebotsvorsorge gewährleistet werden könne. „Außerdem ist in den meisten unserer Unternehmen Schutzausrüstung (Arbeitskleidung) nötig, die gleichermaßen einen Sonnenschutz gewährleistet.“

Umsetzung fast nicht möglich

Als weiteres Argument gegen die Pflichtvorsorge führen die Verbände den erheblichen Mehraufwand für Betriebsärzte ins Feld. Sie müssten rund zwei bis drei Millionen Beschäftigte zusätzlich untersuchen. „Nimmt man beispielsweise an, dass ein Hautscreening pro Mitarbeiter im Durchschnitt 10 Minuten dauert und drei Millionen Beschäftigte diese Untersuchung durchführen lassen müssen, wären 500.000 Betriebsärztestunden hierfür notwendig“, rechnen BDSV, bvse und VDM vor. „Angesichts des Fachkräftemangels bei den Fachärzten sehen wir nicht, wie weitere Pflichtuntersuchungen zu bewältigen sind.“

Vor diesem Hintergrund wäre ein Stillstand der Tätigkeiten zu befürchten, sollte die Pflichtvorsorge dennoch eingeführt werden. Denn ohne durchgeführte Pflichtvorsorge bestehe ein Beschäftigungsverbot. Ein kurzfristiger Einsatz von Beschäftigten in Vertretung werde ebenfalls unmöglich, so die Verbände.

Darüber hinaus könnte sich das Verhältnis von Arbeitgeber und Arbeitnehmer verschlechtern. Den Interessenvertretern zufolge schreibt die ArbMedVV dem Arbeitgeber zwar vor, die Pflichtvorsorge zu veranlassen. Auf der anderen Seite biete die Verordnung ihm aber keine Möglichkeit, den Arbeitnehmer zu zwingen, den Termin wahrzunehmen. Es blieben nur arbeitsrechtliche Maßnahmen, zum Beispiel eine Abmahnung.

Es gehe den Verbänden nicht darum, sich gegen die Einführung einer Angebotsvorsorge auszusprechen, betonen die Interessenvertreter. „Wir legen auf den Arbeitsschutz in unseren Mitgliedsunternehmen viel Wert und werden uns daher ebenfalls werbend dafür einsetzen, das Risiko der UV-Exposition zu minimieren.“ Beispielsweise durch Schutzausrüstung und persönliche Vorsorge.

 

© 320°/bs | 07.08.2018

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