Elektrische Abfallsammelfahrzeuge

Die Elektromobilität hat die Entsorgungsbranche erreicht. Nun prüft ein weiterer kommunaler Entsorger den Plug-In-Hybridantrieb auf Alltagstauglichkeit. Doch die Frage bleibt: Lohnt sich die Anschaffung überhaupt?

Plug-In-Hybrid für die Abfallsammlung


Automobilhersteller preisen ihre Modelle mit Plug-in-Hybridantrieb gerne als das Beste aus zwei Welten: Das lautlose elektrisches Dahingleiten verbunden mit der Gewissheit, im Bedarfsfall auch den Dieselmotor zuschalten zu können. Bei Plug-In-Hybriden für die Abfallentsorgung hingegen sind andere Vorzüge wichtig. Hier geht es um das lautlose elektrische Sammeln im Standbetrieb einerseits und einen möglichst geringen Dieselverbrauch auf dem Weg von Mülltonne zu Mülltonne anderseits. Drei solcher Plug-In-Hybride testet derzeit die Stadtentsorgung Potsdam (STEP). Mit den Fahrzeugen sollen bis zu 30 Prozent Kraftstoffkosten pro Jahr eingespart werden.

Um das zu erreichen, setzen die Potsdamer auf ein elektrisch betriebenes Fahrgestell des Herstellers Volvo. Der sogenannte FES 6×2 Hybrid nutzt zum Anfahren ausschließlich den eingebauten Elektromotor, bei höheren Geschwindigkeiten schaltet sich parallel ein Dieselmotor zu und unterstützt den Elektromotor. Beim Bremsen lädt der Elektromotor dann als Generator die Fahrgestellbatterie wieder auf. Viel Bremsen heißt also Sprit sparen. Zusätzlich verfügen die Sammelfahrzeuge über eine Start-Stopp-Automatik.

Kraftstoff soll auch bei der Entleerung der Abfalltonnen eingespart werden. Der Dieselmotor bleibt nämlich aus und die eigentliche Sammlung erfolgt im elektrischen Betrieb. Dazu führen die Fahrzeuge einen Lithium-Ionen-Akku mit, der über eine Kraftstromsteckdose auf dem Betriebshof der STEP nach Arbeitsschluss wieder aufgeladen werden kann. Positiver Nebeneffekt der elektrischen Sammlung: Die Tonnen können sehr leise entleert werden.

Hoher Anschaffungspreis

Streng genommen ist diese Art Abfallsammelfahrzeug nicht neu. Der Truckhersteller Volvo hat das System bereits im Jahr 2008 entwickelt und in der Folge im schwedischen Göteborg sowie in London getestet. Auch der Münchner Hersteller MAN bietet seit 2012 mit dem Modell Metropolis ein solches Fahrzeugkonzept an. Unterschiede zu den gängigen dieselelektrischen Antrieben sind der nahezu komplett elektrische Fahrbetrieb und der autark genutzte und separat ladbare Akku des Sammelaufbaus. Reine dieselelektrische Antriebe funktionieren so: Hier dient der Verbrennungsmotor als eine Art Kraftwerk für einen elektrischen Generator. Mit der erzeugten elektrischen Energie werden dann Elektromotoren etwa zum Anfahren oder den Sammelaufbau versorgt.

Viele Argumente sprechen also für Abfallsammelfahrzeuge mit Plug-In-Hybridantrieb. Bislang gibt es davon allerdings wenige in deutschen Kommunen. Experten schätzen, dass etwa 5 Prozent der kommunalen Fahrzeuge mit alternativen Antrieben ausgestattet sind. Dabei spielen Hybrid- oder Elektroantriebe kaum eine Rolle. Am weitesten verbreitet sind Fahrzeuge mit Erdgasantrieb. Hinzukommen einige Fahrzeuge, die mit Biodiesel- oder Pflanzenöl betrieben werden. Die Gründe dafür, warum die Kommunen zögern über den Test hinaus ein Fahrzeug mit Hybridantrieb anzuschaffen, sind vielfältig.

Einige Fuhrparkleiter sind unsicher, ob die Fahrzeuge auf lange Sicht und auch im Winter zuverlässig funktionieren. Schließlich ist mehr Elektronik in den Fahrzeugen verbaut. Mögliche Fehler lassen sich vermutlich schwerer finden als bei Fahrzeugen mit reinem Dieselmotor. Und das könnte wiederum die Standzeit auf dem Betriebshof erhöhen.

Ein anderer Grund für die Skepsis ist das zusätzliche Gewicht von Batterien als Energiespeicher auf den Abfallsammelfahrzeugen. Dadurch verringert sich die Nutzlast eines Heckladers schnell von 10,5 Tonnen um etwa eine Tonne. Der Hauptgrund dürfte aber der hohe Anschaffungspreis sein. Im Durchschnitt kostet ein Abfallsammelfahrzeug in der Ausführung mit Dieselmotor 200.000 Euro. Für ein Hybridfahrzeug kommen etwa 100.000 Euro hinzu. Das ist viel Geld, bedenkt man, dass die von den Herstellern versprochene Kraftstoffersparnis bislang selten im Alltag abgebildet werden konnte.

Wie sich die Verantwortlichen der Stadentsorgung Potsdam nach dem Testlauf entscheiden, ist offen. Geht es nur um das Sparen von Sprit, ist eines sicher: Ein gut geschulter Fahrer kann auch mit einem Sammelfahrzeug mit Dieselmotor 10 bis 15 Prozent Kraftstoff einsparen.

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