Länderüberblick

Der Preisverfall für Stahlschrott in der Türkei hat für viele Länder auch Auswirkungen auf die heimischen Schrottpreise. Experten glauben aber, dass der Markt sich bald wieder stabilisiert. In Asien setzen die Händler Hoffnung in Infrastrukturprogramme. Ein Länderüberblick.

Preisrutsch in der Türkei drückt auf Stahlschrottpreise


Als Mitte Januar die Stahlschrottpreise in der Türkei plötzlich von rund 300 US-Dollar pro Tonne auf 255 US-Dollar und weniger fielen, hatte das weltweite Auswirkungen. So wurde für russische Exporteure der Handel unrentabel, berichtet Mikhail Moldavskiy von Ukrmet Ldt im aktuellen Quartalsbericht des Weltrecyclingverbands BIR. Auch in der Ukraine zogen die niedrigen Erlöse die Gewinne massiv nach unten, zumal dort seit September 30 Euro Exportzölle pro Tonne gelten.

Der Einbruch der Schrottpreise in der Türkei ging auch an dem EU-Markt nicht spurlos vorüber. Laut Tom Bird von Liberty Steel werden im Februar auch die Produzenten in Europa selbst die Schrottpreise drücken. So sind beispielsweise in Spanien die Tonnenpreise um rund 70 Euro gefallen. Viele Schrotteinkäufer halten sich derzeit zurück, um zu beobachten, wie der Markt sich entwickelt, auch die Übersee-Exporte gehen zurück. Dennoch geben Experten Entwarnung: Sie glauben, dass der Markt sich weiterhin gut entwickelt. Sobald der derzeitige Schrottüberhang aufgekauft sei, werde sich die Lage wieder stabilisieren.

Auch in den USA, die große Mengen Schrott in die Türkei verkaufen, wird befürchtet, dass der jüngste Preisrutsch Auswirkungen auf die heimischen Preise haben wird. Aber abgesehen von dem Preisfall in der Türkei sieht es auf dem US-Schrottmarkt derzeit gut aus. Laut George Adams von SA Recycling steigen dort seit November die Schrottnachfrage und somit auch die Preise an. Im Januar legten diese um 30 bis 40 US-Dollar pro Tonne zu. Dank des milden Winters ist derzeit genügend Material zu guten Preisen verfügbar.

Indische Stahlhersteller haben kaum Schrottbedarf

In Indien hat das neue Jahr für Stahlschrotthändler aus anderen Gründen nicht gut begonnen: Nach der Demonetarisierung kam der Handel, der überwiegend mit Bargeld praktiziert wird, nahezu zum Erliegen. Darüber hinaus hatten die Stahlproduzenten, die auf Stahlschrott setzten, kaum Bedarf – dieser wird erst wieder steigen, wenn die indische Regierung mehr Geld in die Infrastruktur investiert, glaubt Zain Nathani, Vizepräsident der BIR-Stahldivision. Lediglich in Bangladesch fand noch Handel statt. Rund 300 US-Dollar pro Tonne wurde dort bezahlt.

Schwierig könnte es auch für Händler in Japan werden. Wie Hisatoshi Kojo von Metz Corporation berichtet, hat es bei der Nippon Steel & Sumitomo Metal Corporation gebrannt. Das Feuer könnte dazu führen, dass die Schrottnachfrage kurzfristig sinkt. Außerdem werden auch hier vermutlich die zuletzt niedrigen Exportpreise zwischen 231 und 235 US-Dollar pro Tonne negative Auswirkungen auf die heimischen Preise haben. Allerdings glaubt Kojo nicht, dass die Preise auf dem japanischen Markt unter 218 US-Dollar pro Tonnen fallen werden, da bereits im Vorjahr erste Anzeichen für ein Anziehen im Bausektor zu spüren waren. Zusätzlich erwarte Kojo eine stärkere Schrottnachfrage aus Vietnam und Bangladesch.

In China hat die Regierung angekündigt, den Einsatz von Stahlschrott in der Stahlherstellung von derzeit 10 auf 20 Prozent bis 2020 zu erhöhen. Da laut Adams Peking außerdem dieses Jahr erneut vorhat, 2,3 Milliarden US-Dollar in die Infrastruktur zu investieren, wird auch die geplanten Produktionskürzungen dem Stahlschrottmarkt wenig anhaben können. Zumal China im vergangenen Jahr ohnehin erneut mehr Stahl hergestellt hat.

© 320°/ek | 15.02.2017

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