Markt in Deutschland

Erstmals seit einem knappen Jahr sind die Altpapierpreise im April wieder gestiegen. Bei manchen Sorten haben sich die Preise fast verdoppelt. Der Altpapiermarkt hat sich komplett gedreht.

Preissprung für Altpapier


Die durchschnittlichen Preise für die gängigen Altpapiersorten in Deutschland sind im April deutlich gestiegen. Wie aus der Preiserhebung des Marktforschungsinstituts FOEX hervorgeht, erlöste die Sorte sortiertes gemischtes Altpapier (1.02) im April durchschnittlich 48,42 Euro je Tonne frei Werk. Im März lag der Preis noch bei 25,25 Euro. Der Preis hat sich also fast verdoppelt.

Ähnlich verlief die Preisentwicklung für Kaufhausaltpapier (1.04). Laut FOEX lag der durchschnittliche Erlöspreis im April bei 57,31 Euro frei Werk. Im März lag der durchschnittliche Preis noch bei 30,40 Euro.

Deutlich gestiegen ist auch der durchschnittliche Preis für sortierte Deinkingware (1.11). Eine Tonne erlöste im April 95,37 Euro frei Werk – 13,15 Euro mehr als im März.

„Der April war der verrückteste Monat aller Zeiten“, sagte ein Marktbeobachter Ende April. Die Entscheidung der Regierungen in ganz Europa, aufgrund der Corona-Krise alle nicht wesentlichen Aktivitäten einzustellen, führte zu einem massiven Rückgang der Altpapiersammlung. Branchenkenner schätzen den Mengenrückgang auf 50 Prozent, andere Schätzungen belaufen sich auf 30 bis 40 Prozent.

Infolgedessen waren Papierfabriken bereit, höhere Preise zu zahlen, um die erforderlichen Altpapier-Volumina zu sichern. „Einige Unternehmen befürchteten, dass ihre Rohstoffe knapp werden könnten, und beschlossen Ende März, die Preise zu erhöhen, insbesondere für die Massensorten. Sie wollten wahrscheinlich sicherstellen, die benötigten Mengen zu bekommen“, sagte ein Marktteilnehmer.

Die Bereitschaft, höhere Preise für Altpapier zu zahlen, machte sich dann Anfang April bei den Papierfabriken immer stärker breit. Die Werke befürchteten offenbar, dass die bevorstehenden Osterferien das Angebot und die Transportkapazitäten weiter einschränken würden, was zu einem massiven Anstieg der Altpapier-Nachfrage führte.

„Alle haben verstanden, dass die Schließung aller Geschäfte mit Ausnahme derer im Lebensmittel-, Gesundheits- und Hygienesektor das Altpapieraufkommen massiv verringert hat. Zudem wurden viele Sortierzentren, insbesondere für Haushaltsabfälle, geschlossen, und in einigen Regionen mussten Entsorgungsunternehmen aufgrund von Personalmangel getrennte Papiersammlungen einstellen“, erklärte ein Marktteilnehmer.

„Ich bin versucht zu sagen, dass Papierfabriken heutzutage Altpapier horten. Bereits letzte Woche haben mehrere Käufer versucht, sich Mengen für Mai zu sichern“, sagte ein Händler Ende April. „Es wäre durchaus interessant, einige dieser Aufträge anzunehmen“, fügte er hinzu. Doch es sei fraglich, ob er dann auch die nötigen Mengen habe, um die Papierfabriken zu beliefern.


Gemeinschaftsproduktion von FOEX und RISI:

Der Marktbericht für Altpapier in Deutschland ist eine Kooperation zwischen RISI/PPI Europe und FOEX. Während FOEX für die Preiserhebungen zuständig ist, schreibt RISI die Kommentare zur Marktentwicklung. RISI publiziert unter anderem das wöchentlich erscheinende „PPI Europe“ mit Papiermarktberichten und Papierpreisen.

FOEX Indexes ist ein unabhängiges finnisches Unternehmen, das zertifizierte, markengeschützte Preis-Indices für Zellstoff, Papier, Altpapier und Biomasse erstellt. Im vergangenen Jahr wurde das Unternehmen von der Axio Data Group übernommen, zu der auch der Informationsdienst RISI gehört.

Nach Angaben von FOEX basieren die erhobenen Altpapierpreise ausschließlich auf den Preisen am deutschen Markt und decken mindestens die Hälfte des Marktes ab. Die Käufer (Papierwerke) und Verkäufer (Händler, Sammler, Abfallunternehmen) seien bei der Preiserhebung nahezu gleichberechtigt vertreten. Der Marktbericht und die Altpapierpreise werden zu Beginn eines Monats für den abgelaufenen Monat veröffentlicht.

 

© 320° | 12.05.2020

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