Beprobung von Altpapier

Bei Altpapiergeschäften kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen Lieferant und Abnehmer, weil die Qualität der Lieferung angeblich zu schlecht ist. Doch woran bemisst sich die Qualität genau? Mehrere europäische Normen sollen das nun klären.

Qualitätsbestimmung von Altpapier soll standardisiert werden


Einkäufer von Papierfabriken beklagen seit Jahren, dass die Qualität des Altpapiers immer mehr abnimmt. Besonders die Zusammensetzung, der Feuchtegehalt und die papierfremden Bestandteile in den Lieferungen werden kritisiert. Dabei legt die Europäische Sortenliste für Altpapier – die sogenannte EN643 – für jede Sorte genau fest, wie die Zusammensetzung aussehen soll. Doch wie diese ermittelt werden soll, dafür gibt es keine allgemein anerkannten Methoden.

Um dies zu ändern, wird derzeit auf EU-Ebene an zwei – möglicherweise drei – Standards gearbeitet. Im Fokus stehen die Probenahme, die Bestimmung von Zusammensetzung und Qualität und eventuell die Feuchtebestimmung. Vergangene Woche hat der Normenausschuss auf europäischer Ebene über die geplanten Standards diskutiert. „Bei der ganzen Diskussion um Qualität ist die allererste und zentrale Frage: Wie führe ich eine sinnvolle Probenahme durch? Erst dann geht es um die eigentlichen Messmethoden“, sagt Andreas Faul, Mitarbeiter in dem europäischen Gremium und Geschäftsführer der Internationalen Forschungsgemeinschaft Deinking-Technik (INGEDE).

Bei der Sitzung haben sich die Beteiligten prinzipiell darauf geeinigt, dass es eine normierte Probenahme geben soll. Ein entsprechendes Genehmigungsverfahren wurde beim Europäischen Komitee für Normung (CEN) bereits eingereicht. Nun müssen die Mitgliedsländer über den Antrag abstimmen und fünf Länder ihre Bereitschaft zeigen, an dem Inhalt der Norm mitzuarbeiten.

Basismethode für Qualitätsmessung?

Wie das Standardverfahren für die Probenahme genau aussehen soll und vor allem wie groß die Probe sein muss, ist derzeit noch nicht vollständig klar. Zum Zeitpunkt der Antragstellung beim CEN ist ein detailliertes Konzept noch nicht notwendig. „Es wurde aber natürlich bereits Vorarbeit geleistet“, sagt Faul. „Bei Deinkingware könnten beispielsweise etwa 30 Kilogramm aus der Lieferung reichen. Wenn es aber um große Verpackungen geht, braucht man eigentlich bis zu 200 Kilogramm, um eine repräsentative Probe zu haben.“ An die Feinheiten für die Norm wird sich der Ausschuss jedoch erst machen, wenn die Genehmigung dafür erteilt ist. Die größte Herausforderung besteht laut Faul darin, von der großen Probe zu einer – möglichst genauso repräsentativen – kleinen zu kommen, die in einen Trockenschrank passt oder weitere Laboranalysen ermöglicht.

Nachgelagert soll dann geklärt werden, wie die Qualität und Zusammensetzung des Altpapiers bestimmt werden kann. Prinzipiell gibt es dafür inzwischen zahlreiche Messmethoden, beispielsweise mithilfe von Kameras. Die Norm wird aber wohl deutlich rudimentärer ausfallen. „Wenn Technik bei der Bestimmung hinzugezogen wird, kann nur mit weiteren Kalibrierstandards normiert werden. Darauf wollen wir uns aber nicht einlassen“, sagt Faul. „Also wird mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Basismethode genommen, bei der die Probe manuell zerpflückt und in die einzelnen Bestandteile zerlegt wird. Diese können dann gewogen werden und die Messung ist eindeutig.“

Zwar sei die manuelle Zerlegung aufwendig, doch laut Faul soll sie nicht die bereits angewendeten Eingangskontrollen ersetzen. „Jeder darf seine eigene Kontrolle weiterhin anders gestalten. Die normierte Methode soll hauptsächlich sicherstellen, dass es im Streitfall die Möglichkeit gibt, eine allgemein anerkannte Untersuchung durchzuführen.“

Weitere Sitzung im Herbst

Ob es eine dritte neue Norm – die zur Feuchtebestimmung – geben soll, steht noch nicht fest. „Vielleicht hängen wir uns da einfach an die Vorgaben der Internationalen Organisation für Normung (ISO) dran“, sagt Faul. Bei der ISO-Methode wird die Probe luftdicht verschlossen ins Labor gebracht und bis zur Gewichtskonstanz getrocknet.

Sollten die Mitgliedsländer des CEN dem Normierungsvorschlag zustimmen, dann treffen sich die Ausschussmitglieder zu einer erneuten Sitzung im Herbst. „In ein oder zwei Sitzungen wird dann die Norm zur Probenahme endgültig erarbeitet sein“, hofft Faul. Die weiteren Festlegungen seien dann vergleichsweise einfach, da eben auf bestehende Regelwerke, von ISO oder der INGEDE, als Grundlage zurückgegriffen werden kann.

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