Kühltechnologien stellen neue Ansprüche

Die Anforderungen an Recyclinganlagen für Kühlgeräte nehmen zu: Zum einen erfordern neue Technologien neue Behandlungsformen. Zum anderen müssen sie weiterhin den Recyclingerfordernissen älterer Geräte entsprechen. Fehlerhafte Kennzeichnungen machen das Ganze noch schwieriger.

Recycling von Kühlgeräten: Die Lösung sind modulare Prozesse


Das Recycling von Kühlgeräten ist eine herausfordernde Aufgabe. Verschiedenste Gerätetypen und –arten in unterschiedlicher Größe und Form landen gleichzeitig im Abfallstrom. Gemeinsam ist ihnen allen nur, dass sie Kühl- und Treibmittel enthalten, die fachgerecht entsorgt werden müssen.

In Zukunft könnte das Kühlgeräterecycling noch kniffliger werden. Denn neue Technologien stellen die Recycler vor neue Herausforderungen. „Die Kühlgeräterecyclinganlagen müssen regelmäßig den neuen Technologien der ausgedienten Geräte angepasst werden“, sagt Gerhard Jokic, Geschäftsführer von Remondis Electrorecycling. „Zugleich müssen sie aber auch den Recyclingerfordernissen der alten Kühlgeräte entsprechen.“

Recyclinganlagen müssen folglich mit den unterschiedlichsten Gefährdungspotenzialen fertig werden. Zwar ist der Einsatz von ozonschädlichen Fluorkohlenwasserstoffen (FCKW) als Kältemittel und als Treibgas für Schaumstoff seit 1995 verboten. In Kühlgeräten ab Mitte der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts sind FCKW daher nicht mehr anzutreffen. Allerdings kommen aufgrund ihrer langen Lebenszyklen noch immer FCKW-haltige Kühlgerätetypen bei den Recyclern an und machen eine gezielte und fachgerechte Erfassung dieser Kälte- und Treibmittel erforderlich.

„Dazu gibt es Pentan-Kühlgeräte und Kühlgeräte, die das Kältemittel Ammoniak (NH3) enthalten, und entsprechend unterschiedliche Recyclinganforderungen stellen“, zählte Jokic in seinem Vortrag bei der Berliner Recycling- und Rohstoffkonferenz am vergangenen Dienstag auf. Anstelle der FCKW treten in neueren Kühlgeräten fluor- und chlorfreie Kohlenwasserstoffe wie Iso-Butan als Kältemittel oder Cyclopentan als Treibgas. „Diese Ersatzstoffe wirken sich deutlich weniger negativ auf die Ozonschicht aus. Allerdings können potenzielle andere Umweltgefährdungen nicht ausgeschlossen werden.“

Neue Technologien für Recycler nicht immer erkennbar

Daneben machen neue Technologien wie Vakuumisolationspaneele (VIP) als Isoliermaterial und hocheffiziente Kompressoren eine kontinuierliche Anpassung des Kühlgeräterecyclings unumgänglich. Denn auch diese haben möglicherweise gesundheitsgefährdende Eigenschaften. Allerdings sind die in den Geräten verwendeten neuen Technologien nicht immer für die Recycler ersichtlich beziehungsweise erkennbar. Wie problematisch das sein kann, machte der Elektroschrottexperte am Beispiel der VIP deutlich:

VIP haben im Vergleich zu PUR-Schaum eine außerordentlich gute Dämmeigenschaft und werden inzwischen vermehrt in Geräten der Energieeffizienzklassen A++ und A+++ eingesetzt. Diese Paneele bestehen aus pyrogenem Kieselsäure-Pulver und einem Trübungsmittel in einem Vakuum. Dieses ist von einem Polyestervlies eingehüllt und in eine Hochbarrierefolie aus metalliertem Folienlaminat eingeschweißt. „Da die VIP direkt am Gerätekorpus angebracht und mit einer herkömmlichen Pentan-Schäumung umschlossen sind, ist eine eindeutige Klassifizierung der Geräte nicht möglich.“ Das wird beim Shreddern dieser Geräte zu einem gesundheitsgefährdenden Problem. Denn beim Shreddern dieser Paneele entsteht Feinstaub. „Diese Stäube stellen besondere Anforderungen ans Recycling, um das Gefahrenpotenzial auf ein Minimum zu reduzieren.“, betont Jokic. Leichte Bestandteile der VIP würden zudem die Polyurethan-Fraktion verunreinigen, was die Vermarktung erschwere.

Auch die individuell platzierten Digitalanzeigen beziehungsweise Displays moderner Kühlgeräte erfordern eine besondere Behandlung. „Eine standardisierte und automatisierte Separation der integrierten Displays ist in der Recyclingpraxis nur schwer umsetzbar“, so Jokic. Im Rahmen der Schadstoffentfrachtung müsse daher vor dem Shredderprozess eine manuelle Separation der Digitalanzeigen erfolgen. Diese Gerätebauteile müssen natürlich auch einer fachgerechten Aufbereitung, sprich dem Stoffstrom und den Aufbereitungsprozess der Bildschirmgeräte zugeführt werden.

Eindeutige Kennzeichnungspflicht dringend erforderlich

Jokic‘s Liste der Herausforderungen für Recyclingbetriebe geht noch weiter. Eine „besondere Herausforderung“ stellen unzureichende und bisweilen auch fehlerhafte Kennzeichnungen der verschiedenen Gerätetypen und Geräteteile dar. „Dabei ist eine korrekte Kennzeichnung für den Recyclingprozess von größter Wichtigkeit“, betont der Geschäftsführer der Remondis-E-Schrott-Sparte. Nicht nur, um Schadstoffe korrekt entsorgen zu können und das Gefahrenpotenzial zu minimieren. Sondern vor allem auch, um Rückgewinnungsquoten korrekt dokumentieren und Zielquoten erreichen zu können. Darüber hinaus müsse eine Verlässlichkeit der Kennzeichnungen gewährleistet sein. „Um das Rohstoffpotenzial der Kühlgeräte optimal ausschöpfen zu können, ist eine eindeutige Kennzeichnungspflicht dringend nötig“, fordert Jokic.

Der Wert der enthaltenen Sekundärrohstoffe lässt sich aber dennoch vorab nur schwer kalkulieren. „Die Werthaltigkeit und das damit verbundene Rohstoffpotenzial der Kühlgeräte ist von mehreren Faktoren abhängig, da die Zusammensetzung der Geräte stark variiert“, erklärt Jokic. Nicht nur, dass die in den Geräten verbauten Fraktionen sich im Zuge der sich weiterentwickelnden Technologien verändern. Die Werthaltigkeit sei auch von Gerätetyp, Alter des Geräts und der Gerätequalität abhängig. Auch die verbauten Kunststoffe, die je nach Alter und Technologie unterschiedlich seien, hätten unterschiedliche Qualitäten und Recyclinganforderungen. „Eine Anpassung der Recyclingtechnik zur optimalen Ausschöpfung des Rohstoffpotenzials ist demnach unbedingt erforderlich“, sagt Jokic.

Der Remondis-Manager rät, möglichst modulare Recyclingprozesse einzusetzen, die die Individualität der Geräte berücksichtigen. Unbedingt erforderlich sei dabei, dass sämtliche Gerätetypen und –arten in geschlossenen Shredder-Prozessen verarbeitet werden. Der WEEELABEX-Recyclingstandard und das Europäische Komitee für elektrotechnische Normung Cenelec untersagen die Aufbereitung von Kühlgeräten in offenen Shreddern bereits ausdrücklich. „Dieses Verbot muss aber ganzheitlich implementiert und ausdrücklich formuliert werden, sodass keine Rechtslücke gefunden werden kann, die die Verarbeitung in offenen Shreddern legitimiert“, fordert Jokic. Nicht nur wegen der davon ausgehenden latenten Gesundheitsgefährdung. Bedingt durch ihre gröberen Sortiertechniken erschwerten offene Shredder-Systeme zudem die Erreichung gesetzlich vorgegebener Recyclingquoten.

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