Metallgewinnung aus MVA

Der Begriff "Thermisches Recycling" hat 2012 für heftige Diskussionen gesorgt. Jetzt legt die ITAD nach und lässt die Zahlen für sich sprechen - in ihrem ersten Jahresbericht.

Über 92 Prozent Recyclingquote


In Deutschland gibt es mittlerweile rund 100 thermische Abfallbehandlungsanlagen für Siedlungs- und Gewerbeabfälle. Das Dreckschleuder-Image der Anfangszeit hat die Branche schon längst abgelegt. Das liegt vor allem daran, dass die Betreiber zu ständigen Weiterentwicklungen und Verbesserungen der Technologie bereit sind. Somit sind beispielsweise Emissionen heutzutage kein großes Thema mehr. Wohl aber eine weitere Effizienzsteigerung und der Beitrag der Abfallverbrennung zur Ressourcensicherheit.

Im vergangenen Jahr hatte die Interessengemeinschaft der Thermischen Abfallbehandlungsanlagen in Deutschland (ITAD) mit dem Begriff des „thermischen Recycling“ Sturm in Teilen der Recyclingwirtschaft geerntet. Die thermische Behandlung von Restabfällen aus Haushalt, Gewerbe und Industrie sei ein aktiver Beitrag zum Recycling und zum Ressourcenschutz, war in einer Pressemitteilung der ITAD zu lesen. Danach trügen deutsche Anlagen zur thermischen Verwertung von Abfällen in erheblichem Maße zur Erzeugung nutzbarer Energie und zum Recycling bei. „Wir können also mit Fug und Recht bei der thermischen Verwertung von Abfällen auch von einem ‚thermischen Recycling’ sprechen“, so ITAD-Geschäftsführer Carsten Spohn damals.

Im ITAD-Jahresbericht für 2012 bekräftigt Spohn seinen Standpunkt: „Tatsächlich geht es nicht um Wortklauberei, die Zahlen sprechen für sich.“ Im Jahr 2012 haben die Müllverbrennungsanlagen (MVA) in Deutschland demnach rund 6 Milliarden Kilowattstunden Strom und circa 16 Milliarden Kilowattstunden Wärme erzeugt. Damit konnten rund 3 Milliarden Liter Heizöl oder 16 Millionen Tonnen Braunkohle ersetzt und der Ausstoß von 5 Millionen Tonnen Kohlendioxid eingespart werden, verdeutlicht Spohn.

Auch aus den Verbrennungsrückständen lässt sich so einiges an Sekundärrohstoffen wieder herausholen. Jedes Jahr werden etwa 5 Millionen Tonnen entsprechend aufbereitete Schlacke als Ersatzbaustoffe unter anderem im Straßenbau eingesetzt. Zudem werden 30.000 Tonnen Aluminium und Nichteisen-Metalle und 350.000 Tonnen Eisenmetalle aus der Schlacke und Asche zurückgewonnen.

Aber das soll noch nicht das Ende der Fahnenstange bei der Rückgewinnung von Metallen aus Verbrennungsrückständen sein. Das Projekt „Recyclingpotenziale bei Rückständen aus der Müllverbrennung“ der Universität Duisburg Essen sowie der Gemeinschaftskraftwerk Schweinfurt GmbH und der C. C. Reststoff-Aufbereitung GmbH + Co. KG in Würzburg hat untersucht, wie die Metallgewinnung aus Müllverbrennungsschlacke verbessert werden könnte.

Im Rahmen des Projektes wurde auch ein Bilanzierungsmodell erstellt, mit dem die Metallströme in einer MVA und im Verlauf der Aufbereitung der Schlacke erfasst werden können. Ein Ergebnis war, dass eine Recyclingquote bei Metallen von 92,3 Prozent erreicht wird. Laut ITAD-Jahresbericht gehen demnach weniger als 8 Prozent des Metalls, das im Müll vorhanden ist, im Laufe des Prozesses verloren.

Ausbaupotenzial birgt auch die Wärmeauskopplung als Möglichkeit zur Steigerung der Energieeffizienz. Allerdings müssen dafür erst einmal die notwendigen Leitungen und Einspeisestationen gebaut und auch Abnehmer gefunden werden. Wie das realisiert werden kann, darüber hat sich Jochen Flasbarth, Präsident des Umweltbundesamtes (UBA), Gedanken gemacht. Er sieht im Wärme-Kopplungsgesetz und Marktanreizprogramm für erneuerbare Energien viele gute Fördermöglichkeiten, die in Form von Zuschlägen oder zinsgünstigen Darlehen mit Tilgungszuschüssen für den Neubau und den Ausbau von Wärmenetzen bereitstehen.

Einen weiteren positiven Impuls zur besseren Wärmenutzung aus MVA erwartet sich der UBA-Präsident vom Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz. „Sinnvoll könnte es zudem sein, das Bauplanungsrecht so zu ändern, dass Städte und Gemeinden für neu zu beplanende Gebiete künftig auf die von vorhandenen Abfallverbrennungsanlagen produzierte Wärme zurückgreifen müssen.“

Neben dem Streben nach einer verbesserten der Energieeffizienz wird in naher Zukunft wohl vor allem die Überarbeitung des BVT-Merkblatts „Abfallverbrennung“ die Branche in Atem halten. Einen Vorgeschmack auf die im kommenden Jahr beginnenden Diskussionen um die beste verfügbare Technik haben die Abfallverbrenner bereits 2012 bekommen. Hat doch die Umsetzung der Anforderungen der Industrieemissionsrichtlinie (IED) in nationales Recht für erheblichen Diskussions- und Erklärungsbedarf gesorgt. Vor allem die dazu nötige Novellierung der 17. Verordnung zum Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchV).

Letztendlich hat sich das Engagement der ITAD ausgezahlt. „Der Einsatz für eine sachgerechte Umsetzung der Anforderungen der Industrieemissionsrichtlinie zu einer novellierten Verordnung geführt, die in vielen Bereichen die tatsächlichen Leistungen der Branche im Bereich des Immissionsschutzes berücksichtigt, jedoch mit angemessenen Übergangszeiten für Bestandsanlagen sowie bei Neuanlagen einige Verschärfungen der Grenzwerte für Staub, Stickoxide und Quecksilber beinhaltet“, zieht Spohn ein Fazit.

Dieser Einsatz hat sich für die rund 80 ITAD-Mitglieder, die zusammengenommen eine Behandlungskapazität von über 20 Millionen Jahrestonnen haben, sprichwörtlich in barer Münze ausgezahlt. Denn im Vorfeld der Novellierung der 17. BImSchV hat der deutsche Gesetzgeber weit schärfere Grenzwerte gefordert, als laut IED-Richtlinie erforderlich gewesen wären. Deutliche Auswirkungen auf die thermische Abfallbehandlung hätte laut ITAD die Absenkung der Grenzwerte für Stickoxide, Ammoniak, Chlor, Staub und Quecksilber sowie die kontinuierliche Quecksilbermessung gehabt. Für die Mitglieder der ITAD hätte sich daraus ein Investitionsbedarf von rund 100 Millionen Euro ergeben, in Einzelfällen wären auf eine Anlage bis zu 10 Millionen Euro Investitionskosten zugekommen.

Allerdings sind die deutschen Grenzwerte immer noch deutlich niedriger als in vielen anderen EU-Mitgliedsstaaten. Daher sieht die ITAD die Gefahr der Verschiebung der Abfallentsorgung in ausländische Anlagen mit niedrigeren Umweltstandards noch nicht gebannt.

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