Duales System

Remondis steht möglicherweise kurz vor der Übernahme des Grünen Punktes. Angeblich prüft der Recyclingkonzern bereits die kartellrechtlichen Bedingungen. Branchenvertreter betrachten die Entwicklung mit großer Sorge.

Remondis lotet Übernahme von DSD aus


An Remondis kommt heutzutage niemand aus der Entsorgungsbranche mehr vorbei. Gut möglich, dass Entsorger nun auch mit Remondis zu tun haben werden, wenn es um die Entsorgung von Verpackungsabfällen geht. Nach einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) sondiert Remondis die Übernahme des Dualen Systems Deutschland (DSD). Ein erstes Vorgespräch mit dem Bundeskartellamt habe Geschäftsführer Herwart Wilms bereits geführt, schreibt die Zeitung.

Eigentlich sollte der Verkauf des Grünen Punkts schon Mitte 2017 abgeschlossen sein. Die Gesellschafter Bluebay (55 Prozent) und H.I.G. Capital (25 Prozent) wollen ihre Anteile von insgesamt 80 Prozent verkaufen. Die übrigen 20 Prozent der Anteile, die beim Management des Grünen Punkts liegen, stehen nicht zum Verkauf.

Schon Anfang 2017 kursierten erste Gerüchte, dass auch Remondis Interesse an der Übernahme des Grünen Punkts hat. Mitte des vergangenen Jahres kam dann die Nachricht, dass Remondis sich aus dem Bieterwettbewerb zurückgezogen hat. Angeblich war der Recyclingkonzern nicht bereit, den von den DSD-Gesellschaftern geforderten Kaufpreis zu zahlen. Damals erzählte man sich unter der Hand, dass Bluebay und H.I.G. einen Kaufpreis von mindestens 220 Millionen Euro aufgerufen hätten, Remondis aber nicht bereit war, mehr als 150 Millionen Euro auszugeben.

Offenbar verhandeln aber beide Seiten seit einiger Zeit wieder. Die FAZ beruft sich auf Brancheninsider, die damit rechnen, dass der Deal in einigen Wochen abgeschlossen sein könnte. Die Verbände VKU und bvse haben die mögliche Übernahme immer wieder kritisiert. Sie befürchten steigende Preise und Nachteile für mittelständische Unternehmen.

„Existenzvernichtungsprogramm für mittelständische Unternehmen“

Wenn Remondis DSD übernehmen würde, müssten die an Entsorgungsaufträgen interessierten Remondis-Konkurrenten sich an den Sammel-Ausschreibungen der Remondis-Tochter DSD GmbH beteiligen, kritisiert der bvse. Dies lasse durchaus Steuerungsmöglichkeiten zu. Sortierung und Verwertung müssten erst gar nicht ausgeschrieben werden, so dass hier eine konzerninterne Vergabe erfolgen könnte.

All dies könnte Remondis auch außerhalb des Bereichs der Verpackungsentsorgung einen erheblichen Wettbewerbsvorteil verschaffen, warnt bvse-Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock. Er befürchtet ein „Existenzvernichtungsprogramm für kleinere und mittelständische Unternehmen der Branche“, sollten diese Pläne tatsächlich realisiert werden.

Die Politik könne daher kein Interesse daran haben, dem Konzern auf Kosten des Mittelstandes einen derartigen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Auch das Modell der dualen Systeme, die für die Verpackungsentsorgung bisher Verantwortung tragen, sieht der bvse-Hauptgeschäftsführer gefährdet.

„Faktisch läuft das zukünftig darauf hinaus, dass Handel und Inverkehrbringer eine Handvoll Entsorgungskonzerne beauftragen. Die Gefahr, dass diese sich die Bälle gegenseitig zuspielen, ist enorm. Am Ende würde dies nicht nur dazu führen, dass der Mittelstand der Branche in einem bedrohlichen Maße geschwächt werde, sondern auch, dass der Verbraucher letzten Endes die Zeche bezahlen muss“, ist sich Rehbock sicher.

Ausschreibung durch neue Stelle

Der bvse befürchtet auch, dass Remondis durch den Erwerb von DSD eine marktbeherrschende Stellung im Bereich Kunststoffrecycling erreichen würde. Der Verband fordert daher, dass die Ausschreibungen für Sammlung und Sortierung von Verpackungsabfällen aus privaten Haushalten nicht mehr von den dualen Systemen, sondern von neutraler Seite, etwa von der neugegründeten Zentralen Stelle, vorgenommen werden. Eine entsprechende Änderung des Verpackungsgesetzes könnte nach Ansicht des bvse relativ unkompliziert und zeitnah in Angriff genommen werden.

Rehbock verweist hier beispielgebend auf die Bundesnetzagentur, die in den Märkten Telekommunikation und Post, Energie und Eisenbahnen durch regulatorische Entscheidungskompetenz und die Durchführung von Vergabeverfahren für einen soliden wettbewerblichen Rahmen sorge.

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