Strategische Ausrichtung

Mittel- bis langfristig wird die Recyclingbranche um das Thema Chemisches Recycling nicht herumkommen, meint Remondis. Die ersten Schritte in diese Richtung hat der Konzern bereits unternommen. Auch sonst hat das Unternehmen einiges vor – eingebettet in eine eigene Rohstoffinitiative.

Remondis setzt auf Chemisches Recycling


Der Recyclingkonzern Remondis hat am Rande der IFAT eine umfassende Rohstoffinitiative angekündigt. Die Initiative beinhaltet im Wesentlichen drei Elemente: 1) die Forderung nach einer verbindlichen Ökodesignrichtlinie für alle EU-Mitgliedstaaten, 2) mehr Investitionen in Sortierung und Verwertung sowie 3) ein Anreizsystem für den Einsatz von Recyclingrohstoffen.

Für die Ökodesignrichtlinie der EU fordert Remondis, dass das Regelwerk um den Punkt der Rohstoffeffizienz erweitert wird. Alle Produkte müssten schon in der Entwicklungs- und Designphase so gestaltet werden, dass am Ende des Produktlebenszyklus alle darin enthaltenen Rohstoffe möglichst zu 100 Prozent zurückgewonnen und recycelt werden können, erklärte Remondis-Sprecher Michael Schneider bei einer Pressekonferenz.

Remondis hat vor diesem Hintergrund bereits ein Recyclinglabel entwickelt, das analog zum Energieeffizienz-Label die Verbraucher über die Rohstoffeffizienz und Recyclingfähigkeit ihrer Produkte informieren kann. Dadurch könne der Verbraucher erkennen, zu welchem Prozentsatz das Produkt recycelt werden kann, erklärte Schneider. Bislang steht die Verwendung in der Industrie und im Handel aber noch aus.

„Dann wären Störstoffe kein Problem mehr“

Zum zweiten Punkt der Rohstoffinitiative, der Investitionsoffensive, sagte Schneider, dass Remondis aktuell in den Bau einer Recyclinganlage für Polystyrol und andere Kunststoffe auf dem Gelände des Lippewerks in Lünen investiere. Die neue Anlage soll spätestens Ende 2018 in Betrieb gehen und über eine Jahreskapazität von 20.000 Tonnen verfügen. Das Material hierfür werde vor allem aus dem WEEE-Recycling stammen.

Mittelfristig jedoch geht der Konzern davon aus, dass das Kunststoffrecycling von PE, PP und PET neue technische Wege gehen muss, um eine Recyclingquote von 100 Prozent zu erreichen und die Belastungen der Umwelt mit Plastikabfällen zu reduzieren. Remondis setzt hierbei auf das sogenannte Chemische Recycling. Damit könnten über die Depolymerisation fast alle gängigen Kunststoffe in ihre chemischen Ausgangsstoffe zurückgeführt und somit zu 100 Prozent recyclingfähig gemacht werden.

„Wenn das funktioniert, dann wären Störstoffe in den Kunststoffen kein Problem mehr“, so Schneider. Denn diese könnte man auf chemischem Wege vom eigentlichen Grundstoff abtrennen. Zunächst gelte es aber, die technischen und wirtschaftlichen Hürden zu überwinden. Dafür will Remondis zusammen mit einem „großen deutschen Chemieunternehmen“ innerhalb der kommenden fünf Jahre eine Pilotanlage auf die Beine stellen.

Darüber hinaus investiert Remondis auch in den Bereich Bioabfall. Derzeit baue das Unternehmen 7 Anlagen zur Vergärung, Biogaserzeugung und Verstromung – unter anderem in Singen, Frankfurt und Osnabrück. Auch im Lippewerk in Lünen entsteht eine neue Biogasanlage, in der ab 2019 die gesammelten Bioabfälle der braunen Tonne des Kreises Unna zu Methan vergärt und anschließend verstromt werden. Der so gewonnene regenerative und CO2-neutrale Strom wird in das öffentliche Netz eingespeist.

Ziel: Substitutionsquote von 70 Prozent

Der dritte Baustein der Rohstoffinitiative beinhaltet die Forderung nach einem Anreizsystem, um den Einsatz von Recyclingrohstoffen zu fördern. Der Konzern lässt dabei bewusst offen, wie das Anreizsystem ausgestaltet werden könnte, beispielsweise durch eine steuerliche Förderung. Dies sei eine Entscheidung der Politik.

Das Anreizsystem sei aber gerade vor dem Hintergrund der Erreichung der Pariser Klimaziele von entscheidender Bedeutung, betonte Remondis-Geschäftsführer Herwart Wilms. Denn jeder Recyclingrohstoff sei klimaschonender als sein vergleichbarer Primärrohstoff. Das Ziel müsse daher eine Anhebung der Verwendungsquote von Recyclingrohstoffen in der Industrie sein. Bislang liegt diese Quote bei 14 Prozent. Geht es nach Remondis, soll die Substitionsquote in den kommenden zehn Jahren auf 70 Prozent ansteigen.

 

© 320° | 22.05.2018

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