Neuorganisation

Die Abfallwirtschaft im Rems-Murr-Kreis wird neu organisiert: Anstelle der Abfallwirtschafts GmbH tritt eine Anstalt des öffentlichen Rechts. Damit soll unter anderem der Gebührenhaushalt entlastet werden.

Rems-Murr-Kreis: Abfallwirtschafts GmbH wird zur AöR


Auch im baden-württembergischen Rems-Murr-Kreis wird es ab kommendem Jahr eine Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR) geben. Sie wird an Stelle der bisherigen Abfallwirtschafts GmbH treten. Das hat der Kreistag auf seiner Sitzung am Montag (16. Oktober) beschlossen. Erst vor einigen Tagen hatte der Neckar-Odenwald-Kreis entschieden, Teile der Abfallwirtschaft in eine neue AöR zu integrieren.

Die neue Kommunalanstalt soll „Abfallwirtschaft Rems-Murr AöR (AWRM)“ heißen und unter anderem die Gebührenkalkulation und -veranlagung übernehmen. Ferner wird sie für die Abfallwirtschaftssatzung und teilweise für das Abfallwirtschaftskonzept zuständig sein. Diese Aufgaben hatte bislang das Abfallwirtschaftsamt im Landratsamt übernommen.

Darüber hinaus wird die neue Kommunalanstalt für den operativen Aufgabenbereich der AWG zuständig sein. Dieser umfasst die Sammlung und Entsorgung von Abfällen aus Privathaushalten und von Gewerbebetrieben, den Betrieb von Deponien, Recyclinghöfen, einer Biovergärungsanlage, Häckselplätzen und Problemmüllsammelstellen. Aufgrund privatwirtschaftlicher Verträge wird die AöR außerdem unternehmerisch tätig werden. Dies betrifft:

  • die Entsorgung von Erdaushub,
  • den Betrieb von Photovoltaikanlagen,
  • die Sammlung und Verwertung von gewerblichem Grüngut,
  • die optierte Verwertung von E-Schrott (Eigenvermarktung) sowie
  • die DSD-Abfallberatung und
  • die Mitbenutzung des Altpapiersammelsystems.

Von der Umwandlung der AWG versprechen sich die Kreisverantwortlichen einige Vorteile. So kann die AöR künftig mehr gestalten, etwa neue Geschäftszweige aufnehmen, Unternehmens- und Kooperationsverträge abschließen und besondere Maßnahmen verabschieden. Die endgültige Entscheidung darüber trifft allerdings der Kreistag, der damit künftig mehr politischen Einfluss auf die Abfallwirtschaft hat.

Außerdem rechnet der Kreis mit weiteren finanziellen und organisatorischen Vorteilen:

  • Entlastung des Gebührenhaushalts bis zum Jahr 2035 um 11,5 Millionen Euro. Das entspricht einer Gebührenentlastung von insgesamt 680.000 Euro pro Jahr oder rund 3 Euro je Haushalt und Jahr.
  • Weitere Entlastung der Abfallgebühr bis 2027 durch einen geringeren Aufholungsbetrag der Nachsorgerückstellung in Höhe von 6,8 Millionen Euro. Das entspricht 3,80 Euro pro Haushalt und Jahr. Grund ist der niedrigere Wertansatz in der AöR, der geringere Rückstellungen für zukünftige Nachsorgemaßnahmen auf den Altdeponien erlaubt.
  • steuerliche Vorteile,
  • Synergieeffekte im Verwaltungsbereich:
    • Bündelung der EDV-Betreuung
    • Zentralisierung Call Center
    • Bündelung von Sekretariatstätigkeit zugunsten der Abfallberatung
    • Wegfall von Schnittstellen zwischen dem Amt 13 und der AWG
    • Einsparung von zwei Führungspositionen

Den Vorteilen steht allerdings ein gewichtiger Nachteil gegenüber. Der Wechsel der Rechtsform von AWG zu AöR bedeutet für den Kreis einen einmaligen Steueraufwand von rund 2,9 Millionen Euro. Wie aus einem Konzeptpapier des Kreises hervorgeht, ist dabei die Umsatzsteuerkorrektur für Wirtschaftsgüter mit gut 2,2 Millionen Euro der größte Posten. Diese werden bei der AWG oder dem Rems-Murr-Kreis unternehmerisch genutzt, aber bei der neuen Kommunalanstalt im nicht umsatzsteuerbaren Hoheitsbereich eingesetzt.

Die restliche Summe ergibt sich aus der Überführung von Vermögen sowie Wirtschaftsgütern der AWG in den hoheitlichen Bereich. Für das Vermögen (Aufdeckung der stillen Reserven) sind 450.000 Euro fällig. Ferner müssen für die Wirtschaftsgüter circa 240.000 Euro Kapitalertragssteuer gezahlt werden.

Aus Sicht des Kreises lohnt sich die Investition aber dennoch. Wie die Verantwortlichen vorrechnen, ergibt sich unterm Strich eine Amortisationszeit von rund einem Jahr und fünf Monaten, also Mai 2019.

Nach dem Beschluss des Kreistags vom Montag sind nun weitere rechtliche Schritte auf dem Weg zu einer AöR erforderlich. Unter anderem muss die Anstaltsatzung dem Regierungspräsidium Stuttgart zur Genehmigung vorgelegt werden. Anfang Dezember 2017 ist dann eine Gesellschafterversammlung mit notariellem Vollzug des Rechtsformwechsels vorgesehen. Mitte Dezember steht die konstituierende Sitzung des Verwaltungsrats der AöR auf dem Plan.

Zum Vorstand der Abfallwirtschaft Rems-Murr AöR sollen Gerald Balthasar, Geschäftsführer der AWG und Frank Geißler, nebenamtlich Geschäftsführers der AWG, bestellt werden. Balthasar soll auf Wunsch des Kreistags den Vorstandsvorsitz übernehmen und gleichzeitig als Vorstandssprecher agieren.

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