Neues Straßenbaukonzept

Die niederländische Stadt Rotterdam ist überzeugt, dass recycelte Kunststoffe eine ideale Alternative für Asphalt sind. Verglichen mit herkömmlichen Straßenkonstruktionen sollen die hohlen Plastikmodule eine Reihe von Vorteilen haben. Für die Umsetzung des Konzepts werden noch Partner aus Industrie und Wissenschaft gesucht.

Rotterdam will Straße aus recyceltem Plastik bauen


Rotterdam ist eine experimentierfreudige Stadt. Das neueste Vorhaben ist ein neuartiges Straßenbaukonzept. An Stelle von Asphalt oder Beton sollen Module verlegt werden, die vollständig aus recycelten Kunststoffen bestehen. Die Module sollen in einer Fabrik vorgefertigt werden. Dadurch können nicht nur Qualitätsmerkmale wie Griffigkeit und Entwässerung besser kontrolliert und garantiert werden, die Straßen könnten auch wesentlich schneller angelegt werden. Statt Monaten soll es mit dem neuen Konzept nur noch Wochen dauern.

Das Konzept mit dem Namen „Plastic Road“ hat eine Firma entwickelt, die eigentlich mit dem herkömmlichen Straßenbau und mit der Herstellung von Asphalt ihr Geld verdient: der niederländische Marktführer KWS Infra, der zum Bauunternehmen VolkerWessels gehört. „Plastik bietet im Vergleich zum aktuellen Straßenbau viele Vorteile, nicht nur bei der Herstellung, sondern auch beim Unterhalt“, sagt KWS-Infra-Direktor Rolf Mars. Denn Plastic Road sei ein praktisch wartungsfreies Produkt. Es sei unempfindlich gegenüber Korrosion und Wettereinflüssen sowie auch widerstandsfähiger gegenüber chemischen Einflüssen. Mars geht davon aus, dass diese Kunststoffstraßen eine drei Mal längere Lebensdauer haben als herkömmliche Straßenkonstruktionen.

Auch extreme Hitze oder Kälte machen den Plastikmodulen anscheinend nicht viel aus. Laut Mars kann das Material Temperaturen von minus 40 Grad bis plus80 Grad problemlos vertragen. Hält das Material, was KWS Infra verspricht, hätte es in der Tat einen großen Vorteil gegenüber Straßenbelägen aus Asphalt oder Beton. Das größte Problem beim Asphalt: Zu große Hitze lässt ihn schmelzen. Selbst spezielle Asphaltmischungen, die auf vielbefahrenen Straßen aufgebracht sind, werden weich, wenn sie sich auf mehr als 70 Grad erhitzen. Und solche Temperaturen sind schnell erreicht, wenn stundenlang die Sonne auf die Fahrbahn scheint. Je nach Belastung kann es dann gefährliche Verformungen geben. Bei Beton provozieren große Temperaturschwankungen Brüche im Straßenbelag, die zu fatalen Unfällen führen können.

Fahrbahnen aus Kunststoff könnten Tür für Innovationen offen

Ein anderer Vorteil gegenüber Asphalt und Beton liegt in dem geringen Gewicht der hohlen Plastikmodule. Aufgrund des geringen Gewichts eignet sich das Material auch für weniger tragfähigen Untergrund. Die Elemente brauchen lediglich Sand als Untergrund, weil sie in sich biegesteif sind. Das „Untergrund-Problem“ trifft laut KWS Infra auf immerhin knapp die Hälfte der Niederlande zu. Weil der Untergrund nur aus Sand bestehen muss und nicht aus unterschiedlichen mineralischen Lagen zur Stabilisierung und wenigstens zwei Asphaltschichten, ist zudem auch weniger Material erforderlich. „In der Folge reduzieren sich die Lkw-Fahrten und damit der störende Bauverkehr“, sagt Mars.

Durch die Hohlkonstruktion der Plastikelemente ist auch Platz für Kabel und Leitungen aller Art, seien es elektrische oder Datenkabel, seien es Gas-, Wasser- oder Abwasserleitungen. Auch als Wasserspeicher könnten die Module dienen, heißt es seitens des Unternehmens. Darüber hinaus könnten in der Fertigungsphase bereits andere Verkehrselemente eingebaut werden. Das können Anschlüsse für Lichtmasten sein, Induktionsschleifen zur Fahrzeugerkennung und Steuerung der Lichtsignale oder Messeinrichtungen. Kunststoffe seien nicht nur nachhaltiger als konventionelle Straßenbeläge, sie würden auch die Tür für Innovationen öffnen, ist die Baufirma überzeugt. KWS Infra denkt unter anderem an geräuscharme Fahrbahnbeläge, beheizbare Straßen oder Energieerzeugung.

Wann die erste Plastikstraße in Rotterdam angelegt wird, steht allerdings noch in den Sternen. KWS Infra sucht momentan nach Partnern für das Pilotprojekt. Wunschpartner wären Hersteller aus der Kunststoffindustrie, Recyclingunternehmen, Universitäten und andere Forschungseinrichtungen.

Die Stadt Rotterdam ist trotz dieser frühen Phase davon überzeugt, dass sich das Konzept auch in der Praxis umsetzen lässt. „Wir sind gegenüber den Entwicklungen rund um Plastic Road sehr positiv eingestellt“, betont Jaap Peters vom Ingenieursbüro der Stadt. „Darum haben wir uns schon jetzt für den Bau einer Teststraße gemeldet und unser ‚Straßenlabor‘ zur Verfügung gestellt.“

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