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Der Verdrängungswettbewerb auf dem Markt für Elektro- und Elektronik-Altgeräte hält an. Für mittelständige Entsorger werde die wirtschaftliche Situation immer prekärer, warnt der bvse. Der Negativtrend werde durch eine Reihe von Faktoren verstärkt.

Schlinge um mittelständische E-Schrott-Recycler zieht sich zu


Eigentlich sollten bei den Recyclern spürbar mehr Elektro- und Elektronik-Altgeräte ankommen. Schließlich schreibt das neue ElektroG eine Steigerung der Sammelmengen vor. Dieses Ziel wird aber bislang nicht einmal ansatzweise erreicht, beklagt der Recyclingverband bvse. Im Gegenteil: Die Mitgliedsunternehmen erwarten für dieses Jahr einen Rückgang ihrer Erfassungsmenge um 1,5 Prozent.

Dabei muss ab 2019 zwingend eine Sammelquote von 65 Gewichtsprozent im Verhältnis zum Gewicht der neu in Verkehr gebrachten Geräte erreicht werden. „Aktuell werden nicht einmal 45 Gewichtsprozent erreicht“, wie der Entsorgerverband bvse in seinem Branchenreview schreibt. Die Entsorgung der Kleingeräte über die graue Tonne sowie die immer noch nicht geschlossenen Schlupflöcher in illegale Kanäle und Beraubung, würden sich weiterhin negativ auf die Erfassungsquote auswirken. Der bvse ist auch skeptisch, ob die verpflichtende Rücknahme von Elektrogeräten beim Handel dazu führen wird, dass Verbraucher mehr Altgeräte abgeben.

Deutlich verbesserungswürdig sei auch die Erfassungsqualität. Das beziehe sich vor allem auf die Mengen in der Abholkoordination der Stiftung Elektro-Altgeräte Register (ear). Als besonders problematisch stufen die bvse-Mitglieder die gemeinsame Erfassung von CRT-Bildschirmgeräten und Flachbildschirmen ein. So komme es regelmäßig zu inakzeptablen Zerstörungen an den Geräten, insbesondere an den Flachbildschirmen. Mittlerweile würden 60 Prozent der bvse-Unternehmen eine getrennte Erfassung begrüßen.

Auftraggeber wälzen alle Risiken auf Recycler ab

Darüber hinaus bereiten den Recyclern auch die Ausschreibungsverfahren über Verträge mit Herstellen und örE bei Optierungen große Probleme. „Hier gibt es kaum einen Verhandlungsspielraum für unsere Unternehmen“, kritisiert Bernhard Jehle, Vorsitzender für den Bereich Elektro(nik)-Altgeräterecycling im bvse-Fachverband Schrott, E-Schrott und Kfz-Recycling. „Die vertraglich schwächere Verhandlungsposition der Auftragnehmer wird ausgenutzt und Risiken einseitig auf diese abgewälzt.“

Preisgleitklauseln sind demnach nicht durchsetzbar. „Dabei sind Fixpreise für Rohstoffe angesichts der auf den Märkten herrschenden volatilen Preise in keinster Weise realistisch – Erlösschmälerungen gehen einzig zu Lasten der Aufbereiter“, kritisiert Jehle. „Andererseits bleiben Entsorger vollkommen alleine auf der Verantwortung für die ordnungsgemäße Rücknahme der Altgeräte sitzen.“

Das sei selbst dann der Fall, wenn die Gründe für Reklamationen nicht auf eine Fehlleistung des Entsorgers, sondern auf Versäumnisse auf den Sammelstellen der örE zurückzuführen sind. „Vertragspartner schließen Zurückweisungs- und Anpassungsrechte des Entsorgers wegen mangelnder Qualität der Sammlung oder Bereitstellung meist vertraglich aus“, sagt Jehle weiter.

Gefahr eines Oligopols

Die Luft im Existenzkampf der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) werde dabei immer dünner, warnt der bvse. Einige Unternehmen seien bereits in die Insolvenz geraten, andere hätten diese nur durch Umstrukturierung verhindern können. Fakt sei, dass sich immer mehr Mittelständler aus dem Markt zurückziehen oder aufgeben müssten.

In der Folge werde die Angebotsvielfalt auf Dauer eingeschränkt. Schon heute zeichne sich eine oligopolistische Struktur weniger Großunternehmen auf der Entsorgerseite ab. „Dies kann langfristig nicht im Sinne der Produktverantwortlichen sein“, sagt Jehle.

„Grundsätzlich fehlt die Wahrnehmung dafür, dass es sich beim Elektronikschrottrecycling um eine Umweltdienstleistung handelt, die entsprechend honoriert werden sollte“, macht auch bvse-Fachreferent Andreas Habel deutlich. „Die Gesamtsituation wird eher dazu führen, dass Investitionen in Behandlungsverfahren ausbleiben, da unter den genannten Bedingungen die Investitionsfreude erlischt“, warnt der Experte.

Obendrein gibt auch das Auslandsgeschäft Grund zum Klagen. So machten geänderte Vorgaben auf dem chinesischen Absatzmarkt der Branche zusätzlich zu schaffen, wie der bvse mitteilt. Die chinesische Regierung hat nämlich die Qualitätskriterien für den Import von Mischkunststoffen massiv hochgesetzt. Die Aufbereiter und Händler würden beklagen, dass sich Mischkunststoffe aus der Aufbereitung von Elektroaltgeräten derzeit dort nur sehr schwierig und mit Erlösschmälerungen verkaufen lassen.

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