Stahlschrott aus MVA-Schlacke

Stahlschrotte aus Müllverbrennungsanlagen werden immer wieder als hochwertig angepriesen. Stimmt nicht, sagt ein Vermarkter von Müllverbrennungsschrotten. Das Gegenteil sei der Fall. Er rät den Aufbereitern dringend zur Nachbehandlung.

Schrotte aus der Abfallverbrennung haben schlechtes Image


Bei der energetischen Abfallverwertung werden in Deutschland jährlich rund 5,6 Millionen Tonnen Rohschlacke erzeugt. Für die verarbeitende Industrie fallen dabei rund 450.000 Tonnen Stahlschrott und 56.000 Tonnen NE-Metallschrott an. Peter Kosub, Geschäftsführer von SeRohCon, ist mit der Qualität dieser Schrotte alles andere als zufrieden: „Leider lässt die Qualität der aufbereitenden Schrotte selten zu, diese direkt der Stahlherstellung oder Metallverhüttung zur Verfügung zu stellen“, sagte der Geschäftsführer des Sekundärrohstoffvermarkters gestern auf der Berliner Konferenz „Mineralische Nebenprodukte & Abfälle“.

Laut Kosub wird insbesondere von den 450.000 Tonnen Stahlschrott nur ein Bruchteil direkt in der deutschen Stahlindustrie eingesetzt – der Großteil werde exportiert oder findet sich in anderen Schrottsorten wieder. Insgesamt sind in Deutschland derzeit 21 integrierte Hüttenwerke und Elektrostahlwerke in Betrieb, die gemeinsam rund 43 Millionen Tonnen Stahl produzieren. Dabei werden in den Elektrostahlwerken rund 13,1 Millionen Tonnen Stahl hergestellt, erklärte der Experte. Dabei sind die Abfallverbrennungsschrotte offenbar ziemlich unbeliebt.

Kosub zufolge werden die Schrotte aus den Verbrennungsanlagen nur als „Billigmacher“ eingekauft. Ein deutsches Stahlwerk habe diese Art von Sekundärmaterial sogar explizit untersagt. Der SeRohCon-Geschäftsführer kennt Fälle, wo ganze Schiffsladungen mit Abfallverbrennungsschrotten zum Absender zurückgeschickt wurden. Hauptsächlich würden diese Schrotte zur Herstellung von Stählen in Standardqualitäten wie Baustahl eingesetzt, so Kosub. Seien hohe Qualitäten gefordert, wie beispielsweise in der Automobilindustrie, würden die Abfallverbrennungsschrotte jedoch kaum verwendet.

Vor allem die Feinfraktion wird kaum eingesetzt

Derzeit werden im Aufbereitungsprozess aus der Rohschlacke zwei Sorten Stahlschrott produziert: grober Abfallverbrennungsschrott mit einer Größe zwischen 20/30 bis 150/200 Millimetern und feiner Abfallverbrennungsschrott, der kleiner als 20/30 Millimeter ist, erklärte der Experte. Die Industrie setze derzeit fast ausschließlich die groben Schrotte ein, da bei der Feinfraktion die Gefahr bestehe, dass wertloses Eisenoxid und freie Asche in den Stahlherstellungsprozess gelangen. Auch Kupfer und Zinn, das sich häufig im Abfallverbrennungsschrott befindet, ist bei der Stahlproduktion unerwünscht.

Um den hohen Ansprüchen der Stahlhersteller zu genügen, riet Kosub den Aufbereitern, in nachgeschaltete Anlagen zu investieren. Dabei schlug der Experte drei Verfahren vor:

Einsatz einer Siebtrommel für die Nachbehandlung von grobem Abfallverbrennungsschrott: Dabei sollen Anhaftungen wie freie Asche, Rost und Schlacke vom Schrott entfernt werden. In der vier bis sechs Meter langen Trommel sind laut Kosub etwa 70 Prozent der Siebfläche geschlossen – hier sollen die Anhaftungen abgeschlagen werden. Im hinteren Drittel der Siebtrommel werden dann der feine Abfallverbrennungsschrott, die freie Asche und die abgeschlagene Schlacke abgesiebt. Optional könnten in einer nachgeschalteten Sortierkabine weitere Kupfer-Eisen-Anker und Unverbranntes manuell abgetrennt werden. Die Kosten hierfür liegen nach Angaben von Kosub bei etwa 100.000 Euro.

Einsatz eines kombinierten Grob- und Spannwellensiebes: Hierbei können drei Fraktionen gewonnen werden. „Mit einem 4-Zylinder-Caterpillar-Antrieb mit 80 Kilowatt besteht die Siebeinrichtung aus einem 3D-Wertstoffsieb mit frei wählbaren unterschiedlichster individuell abstimmbarer Lochgrößen und –formen und einem darunter angeordneten Spannwellensieb mit ebenfalls frei wählbaren Lochgrößen und – formen“, beschrieb Kosub die Anlage. Der erste Siebschnitt erfolgt im Grobsieb. Eine Magnettrommel trennt magnetische von nichtmagnetischen Bestandteilen. Das Unterkorn fällt anschließend auf ein Spannwellensieb – hier wird Asche und die anbackende Schlacke von dem Abfallverbrennungsschrott getrennt.

Abschließend kann durch verschiedene Siebschnitte sowohl die Feinfraktion, als auch eine mittlere Fraktion mit einer Größe von 10/20 bis 80/100 Millimetern abgetrennt werden. Mit Überbandmagneten sollen wiederum magnetische von nichtmagnetischen Bestandteilen separiert werden. Die Kosten hierfür liegen laut Kosub bei rund 350.000 Euro.

Einsatz eines Prallmühlenverfahrens: Diese Technik wird an sich für die Produktion von Straßen- und Deponiebaustoffe verwendet, kann aber auch zur Gewinnung von Stahl- und Metallschrotten verwendet werden, erklärte Kosub. Dabei wird die Rohschlacke mehrstufig mit speziellen Prallbrechern und Hochgeschwindigkeitsprallmischern zerkleinert und so auch kleinste eingeschlossene Metalle wie Aluminium, Kupfer und Messing freigesetzt. Der in der Schlacke enthaltene Stahlschrott wird dabei vollständig aufgeschlossen, anhaftende Schlacke abgetrennt. Mit diversen Siebschnitten wird weiter klassiert und die Fraktion kleiner 70 Millimeter manuell in Nichteisenmetalle, Unverbranntes und Mineralik getrennt. Mit Magnet- und NE-Metallabscheidern können aus den weiteren Metallfraktionen „hochwertiger Stahlschrott und NE-Metalle“ zurückgewonnen werden, so Kosub.

Trotz der aufgezeigten Möglichkeiten blieb Kosub bei einem Punkt skeptisch: Nach wie vor sei es nicht möglich, den finanziellen Mehraufwand für die Nachbehandlung bei den Stahlwerken auch preislich durchzusetzen.

© 320°/ek | 06.05.2015

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