Aufbereitung von Scherben

Schwermetalle im Behälterglas lassen sich oft kaum vermeiden. Dafür sorgen unter anderem Fehlwürfe in Altglascontainer. Ein neues Verfahren könnte das Problem aber lösen und den Einsatz von Scherben bei der Glasherstellung fördern.

Schwermetalle: Verfahren entfernt Verunreinigungen im Altglas


In Deutschland sind über die Hälfte der glasindustriellen Produkte Behälterglas. Je nach Farbe bestehen die Produkte aus 60 bis 90 Prozent Altglas. Doch die Verwertung von Scherben bringt auch Probleme mit sich: Weil in den Containern auch Bleikristall-, Flach- und Beleuchtungsglas sowie Spezialgläser landen, die nicht gänzlich abgetrennt werden können, reichern sich früher oder später Schwermetalle an.

Auch in Flach- und Spezialgläsern – knapp 33 Prozent der in Deutschland produzierten Glasartikel – sind aufgrund technischer Anforderungen Schwermetalle enthalten. Darüber hinaus sind sie zunehmend mit Silber, Gold, Indium oder Platin funktionalisiert. Bislang wird Flach- und Spezialglas kaum recycelt. So liegt die Recyclingquote von Flachglas bei 20 Prozent und von Spezialglas noch darunter. Die restlichen Anteile werden als Bergversatz oder im Deponiebau verwertet.

Um der Behälterglasindustrie eine alte Rohstoffquelle zu erhalten und zwei neue zu erschließen, haben Forscher der Universität Bayreuth ein neues Verfahren entwickelt. Das zugehörige Projekt trägt den Titel ‚Aufreinigung von Gebrauchs- und Spezialgläsern zur Dissipationslimitierung und Rückgewinnung von Wertmetallen‘. Beteiligt waren zwei oberfränkische Unternehmen: der Behälterglasersteller Wiegand-Glas und Füller Glastechnologie, ein Hersteller von Produktionsanlagen für optisches, technisches sowie Kristallglas.

Blei ist das große Problem

Generell darf die Schwermetallkonzentration (Blei, Cadmium, Quecksilber, Chrom) im Behälterglas gemäß der Europäischen Verpackungsrichtlinie nicht höher als 250 parts per million liegen. Zukünftig soll die Grenze auf 100 parts per million verschärft werden. Wie die Forscher in ihrem Abschlussbericht schreiben, sei die hohe Bleikonzentration für die Glasindustrie dabei eine besondere Herausforderung.

Die Arbeiten konzentrierten sich daher darauf, den Bleigehalt beim Wiedereinschmelzen der Altglasscherben zu reduzieren. Hier wurden zwei Wege beschritten: die Flüssig-flüssig-Extraktion und die Flüssig-Gas-Extraktion.

Konzentration deutlich erniedrigt

Bei der ersten Methode wird Blei (als Bleioxid) aus der Glasschmelze in eine Metallschmelze überführt. Dafür wurde zunächst ein Modellglas aus gemahlen Scherben hergestellt, die zu 91 Gewichtsprozent aus Grünglas, zu 4,5 Gewichtsprozent aus Bleikristallglas und zu 4,5 Gewichtsprozent aus Bariumoxid-haltigem-Glas bestanden. Anschließend wurden beide Schmelzen wärmebehandelt. Sie mischen sich dabei nicht.

Am effektivsten erwies sich nach mehreren Versuchen die dreistündige Behandlung in einem Hochtemperaturofen bei 1.450 Grad Celsius. Eine Metallschmelze aus Silizium und Zinn im Verhältnis 50/50 konnte dabei die größte Bleiabnahme im Glas bewirken – durchschnittlich 89 Prozent des Bleioxids. Mit einer reinen Siliziumschmelze lag die Extraktion von Bleioxid zwar höher, nämlich bei 91,4 Prozent. Allerdings blieben dabei Metallpartikel im Glas zurück, was zur einen gräulichen Verfärbung des Glases führt, so die Autoren.

Im zweiten Ansatz wird Blei (als Bleichlorid) aus der Glasschmelze verdampft. Dazu wurde das Modellglas leicht modifiziert, gemahlen und Calciumchlorid-Pulver beigemengt. Das Ganze wird in ein Quarzrohr gegeben, welches in einem klappbaren Rohrofen steckt, und erhitzt.

Wie es im Abschlussbericht heißt, war der Prozess bei zwei Stunden Verweildauer und 1.100 Grad Celsius schon sehr effektiv. Dadurch konnte die Bleikonzentration um knapp 88 Prozent reduziert werden. Wird darüber hinaus noch Calciumhydroxid zugegeben, erhöhe sich die Extraktion von Blei auf bis zu 97 Prozent.

Auch Silber abtrennbar

Die Flüssig-Gas-Extraktion eignet sich aber nicht nur dafür, Schadstoffe aus Glas zu entfernen. In einem weiteren Versuch konnten die Forscher mit der Methode ebenfalls Silber aus Silber-beschichteten Glasscheiben zurückgewinnen, wie sie in Photovoltaikanlagen eingesetzt werden. So reiche den Autoren zufolge bereits eine zweistündige Behandlung mit Temperaturen über 750 Grad Celsius aus, um Silber vollständig von der Glasoberfläche zu entfernen.

In einem anderen Versuch kombinierten die Forscher beide Verfahren. Laut Abschlussbericht konnten auf diese Weise selbst stark verunreinigte Altglasscherben mit einem Bleigehalt von über 1.000 parts per million aufgereinigt werden. Die umgeschmolzenen Gläser seien REACH-konform und die gesetzlichen Grenzwerte würden eingehalten.

Wann eine Skalierung der Aufreinigungsmethoden realisiert wird, steht noch nicht fest. Zuvor seien Langzeitversuche erforderlich, die den Einfluss der Metallschmelzen sowie des Chlors auf die Korrosion der Feuerfeststeine zeigen, so die Wissenschaftler. Zudem müsse das Wannendesign der eigens für die Schmelzversuche entwickelten Mini-Schmelzanlage angepasst werden. Eventuell sei außerdem eine Modifikation der Abgasreinigung für das Abscheiden der flüchtigen Chloride notwendig. Alle Projektpartner wollen das Projekt aber fortsetzen.

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