Aktuelle Trends

Verpackungshersteller haben derzeit keine einfache Aufgabe: Sie müssen dafür sorgen, dass Verpackungen künftig nicht nur ihren Zweck erfüllen, sondern auch gut recycelbar sind. Ansätze und Ideen gibt es einige. Wir stellen sie Ihnen vor.

So sollen Verpackungen recyclingfähiger werden


Viel Zeit haben Verpackungshersteller nicht mehr, um Geld zu sparen: Ab kommendem Jahr gilt die Vorgabe des Verpackungsgesetzes, dass recyclingfähige Verpackungen mit einem niedrigeren Lizenzentgelt belohnt werden. Aber selbst, wer nicht Geld sparen will, wird künftig recyclingfähige Verpackungen anbieten müssen. Denn die EU-Kommission fordert, dass ab 2030 alle Kunststoffverpackungen auf dem EU-Markt recyclingfähig sind.

Was für Recycler eine gute Nachricht ist, könnte für manche Hersteller zur Herausforderung werden. Nicht immer lassen sich die verschiedenen Ansprüche an Verpackungen leicht verbinden. „Einige davon sind gegenläufig“, sagt Sven Sängerlaub, Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung (IVV). „Man wird sehen, wie die Gesellschaft damit umgeht und was sich letztendlich durchsetzt.“

Im Kern gibt es ein ganzes Bündel von Anforderungen an Verpackungen. Für sich zugenommen, hat jede Anforderung ihre Berechtigung. Die Kunst wird darin bestehen, die Anforderungen geschickt aufeinander abzustimmen.

  • Design for Recycling:

Diese Anforderung drängt sich immer stärker in den Vordergrund, da das Bewusstsein der Hersteller für das Recycling ihrer Verpackungen immer größer wird. Dazu werden verschiedene Materialien ausprobiert, an Innovationen gearbeitet und Recyclingprozesse entwickelt. „Die Dynamik ist definitiv da“, sagt Sängerlaub. „Das was heute schlecht recyclierbar ist, kann morgen schon gut recyclingfähig sein.“

  • Materialreduzierung:

Um Rohstoffe zu sparen, hat die Industrie viel Aufwand betrieben, das Verpackungsmaterial so dünn wie möglich zu machen: Beispielsweise werden Folien stark gereckt, also auseinandergezogen. Sie sind dadurch fester und weniger durchlässig für Gase und Wasserdampf. Auch Multilayer spielen eine große Rolle: Dabei werden die guten Eigenschaften von verschiedenen Polymeren und Materialien kombiniert und so dünne Siegel- und Barriereschichten gewonnen, die dann durch einen Haftvermittler übereinandergelegt werden. „Manche Anlagen können bis zu 14 Schichten kombinieren“, sagt Sängerlaub. Das Problem: Für viele Recycler sind die dünnen Schichten gegenwärtig nicht trennbar.

  • Safe Food:

Eine der Hauptaufgaben von Verpackungen besteht darin, Lebensmittel länger haltbar zu machen. Besonders in Entwicklungsländern zeigt sich: Ein großer Teil der Nahrung verdirbt, weil sie nicht richtig verpackt wurde. Daher wurden neue Ideen entwickelt, um die Lebensmittel noch länger zu konservieren. Sängerlaub gibt aber zu bedenken: „Grundsätzlich ist der Trend zu begrüßen, da in einem Lebensmittel viel mehr Ressourcen – beispielsweise Energie – stecken, als in seiner Verpackung. Trotzdem muss man hinterfragen, ob jedes Lebensmittel immer länger haltbar gemacht werden muss.“

  • Safe Packaging:

Hier geht es vor allem um Migration und Konformität. Die Verpackung darf keine kritischen Stoffe abgeben. Stichwörter sind die Diskussion um Nanopartikel oder Mineralöle aus Recyclingpapier. „Und falls doch etwas austritt, darf es auf alle Fälle keine Gefährdung darstellen“, sagt Sängerlaub. „Die Gesetzgebung ist hier ohnehin schon sehr streng – schon jetzt haben die Verpackungen diesbezüglich ein sehr hohes Level erreicht. Aber das Thema wird sicherlich weiterhin ein wichtiges Thema sein.“

  • Efficiency:

Für eine effiziente Herstellung ist es notwendig, dass das Material der Verpackungen schnell zu verarbeiten ist. Laut Sängerlaub wird auch in diese Richtung ständig geforscht.

  • Bio-Economy:

Bei diesem Trend werden Produkte aus der Landwirtschaft genutzt, um Verpackungsmaterial herzustellen. Teile der Bevölkerung sehen das kritisch. „Die Fachleute betrachten die Verwendung von Biopolymeren jedoch weniger kritisch“, sagt Sängerlaub. „Teilweise gibt es ohnehin ein Überangebot und obendrein wird immer stärker versucht, mit Nebenprodukten aus der Lebensmittelherstellung zu arbeiten wie beispielsweise Molke bei der Käseproduktion wo die Proteine verwendet werden.“

Grundsätzlich gibt es zwei verschiedenen Entwicklungen bei den Biopolymeren: Entweder es wird aus Stoffen wie Zucker oder Proteinen ein Thermoplast hergestellt. Oder es wird direkt die Kohlenstoffquelle verwendet. Dabei wird beispielsweise bei der Zuckervergärung die Kohlenstoffquelle extrahiert und zu Polyethylen synthetisiert. Der Vorteil: Beim Recycling verhält sich das Polyethylen wie herkömmliche Kunststoffe, die Verarbeitungsanlagen müssen nicht angepasst werden.

  • Bioabbaubarkeit:

Inwieweit die Verwendung bioabbaubarer Kunststoffe weiter wachsen wird, hängt laut Sängerlaub auch von der Entwicklung der öffentlichen Diskussionen ab. Bioabbaubarer Kunststoffe werden zum Beispiel für Biomüllbeutel eingesetzt, aber auch für Verpackungen diskutiert, die in die Umwelt gelangen können. „Einige abbaubare Verpackungen sind nur unter industriellen Bedingungen schnell abbaubar. Im kalten Wasser laufen die Prozesse deutlich langsamer ab.“ Abgesehen davon, besteht die Gefahr, dass Kunden die Verpackungen guten Gewissens in die Natur werfen.


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Neue Ansätze für eine bessere Recyclingfähigkeit:

Für Recycler aber bedeuten viele der Trends: Je komplexer die Verpackungen werden, desto schwieriger wird es, diese zu verwerten. „Hier sind die Hersteller, Anlagenhersteller und Recycler gefragt, entsprechende Lösungen zu entwickeln – gerne mit unserer Hilfe“, sagt Sängerlaub. „Gerade vor dem Hintergrund, dass mit dem neuen Verpackungsgesetz gut recycelbare Verpackungen günstiger lizenziert werden, wird da sicher einiges passieren“.

An Vorschlägen aus der Recyclingbranche mangelt es nicht. Manches davon wird bereits in der Praxis umgesetzt. Hinzu kommen neue Ideen aus der Wissenschaft, an denen noch geforscht wird und die gegebenenfalls gute Chancen haben, eines Tages umgesetzt zu werden.

  • Neutrale Schichten:

Für eine bessere Recyclierbarkeit wird an Barriereschichten gearbeitet, die sich im Recyclingprozess neutral verhalten. Beispiele sind hier Schichten aus Aluminiumoxid oder Siliziumoxid, die aufgedampft werden und dann zum Einsatz kommen, wenn das Verpackungsgut oxidieren kann und vor Wasseraufnahme geschützt werden soll. Die Hersteller sagen diesen Techniken ein gesteigertes Wachstum voraus, betont Sängerlaub, da die Stoffe beim Recycling eher als unkritisch gesehen werden: Sie werden einfach mit granuliert und extrudiert und verhalten sich dabei neutral. Der einzige Nachteil: Diese Schichten sind nicht thermoformbar, die Technik wird als nur bei starren Verpackungen angewendet.

  • Lösliche Schichten:

Immer häufiger wird mit Schichten gearbeitet, die sich im Waschprozess beim Recycling auflösen können, beispielsweise Polyvinylalkohol. „Allerdings muss hier noch besser untersucht werden, wie hoch die Wassertemperatur sein muss und wie lange der Waschprozess dauern muss“, sagt Sängerlaub. „Im Labor jedenfalls funktioniert die Trennung gut und die Folienstücke können aussortiert werden. Im industriellen Maßstab muss eventuell der Waschprozess angepasst werden.“

Ein weiterer Ansatz für lösliche Schichten sind Proteinbarrieren, die sich durch eine geringe Zugabe von Enzymen im Waschwasser auflösen. „Das Interesse an der Idee ist definitiv da“, sagt der Wissenschaftler. „Wir versuchen das gerade am Markt zu lancieren. Ob es erfolgreich ist, hängt auch von der Entwicklung der Entgelte bei der Verpackungslizenzierung ab.“

  • Barriereschichten auf Papier:

Als Sauerstoff oder Wasserdampfbarriere werden immer häufiger Schichten auf Papier verwendet. Papier an sich ist gut recyclierbar.

  • Monomaterial:

Für Recycler ist Monomaterial immer noch am unproblematischsten. Hier besteht Potenzial, dass zugunsten eines besser recycelbaren Folienaufbaus und der entsprechenden Auswahl der Barriereschicht auf ein Teil der Haltbarkeit verzichtet wird. So kann Material verwendet werden, dass sich besser recyceln lässt.

  • Flatskin:

Die Kombination aus Karton mit einer polymeren Schutzschicht reduziert die verwendeten Mengen an Kunststoff und der Kunststoff ist grundsätzlich recycelbar – wenn die Folie vom Verbraucher auch abgezogen und getrennt weggeworfen wird.

  • Aktive Verpackungen:

Die aktiven Verpackungen sind aus Materialien, die von sich aus die Bedingungen in der Verpackung verändern können. Ziel ist es unter anderem, die Qualität des Füllgutes zu erhalten, die Haltbarkeitsdauer zu verlängern. Am häufigsten wird derzeit der sogenannte Sauerstoffscavenger eingesetzt – hier wird zum Beispiel Eisenpulver benutzt. „Auf die Polymereigeschaften hat das wenig Einfluss“, betont Sängerlaub. „Lediglich das Recyclat könnte etwas vergrauen.“

Darüber hinaus gibt es noch weitere Ansätze für ein besseres Recycling. So arbeiten wissenschaftliche Einrichtungen wie die Fraunhofer-Institute an neuen Recyclingprozessen. Dazu zählen das CreaSolv®-Verfahren oder ein neuer Kombi-Prozess, um Materialverbunde zu trennen. „Es wird sich mit dem Inkrafttreten des neuen Verpackungsgesetzes vermutlich noch einiges tun“, glaubt Sängerlaub.

 

© 320° | 16.10.2018

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