Textilrecycling

Der Textilrecycler Soex wird seinen Standort in Wolfen ausbauen. Im kommenden Jahr soll dort die weltweit erste Recyclinganlage für gebrauchte Schuhe in Betrieb gehen. Zudem will das Unternehmen eine neuartige Material-Sortieranlage errichten. Das Trennverfahren basiert auf der NIR-Spektroskopie.

Soex investiert in neue Recycling-Technologien


Schuhe sind schwierig zu recyceln. Denn ein Schuh besteht aus bis zu 40 verschiedenen Materialien. Schon seit einigen Jahren testet der deutsche Textilrecycler Soex ein geeignetes Recyclingverfahren. Nun ist es soweit: Im kommenden Jahr soll eine Recyclinganlage für gebrauchte Schuhe in Betrieb gehen.

Die Anlage werde die weltweit erste Recyclinganlage für gebrauchte Schuhe aller Art sein, kündigte Pailak Mzikian, Leiter der Abteilung Recycling & Nachhaltigkeit bei Soex, bei der Fachtagung der Gemeinschaft für textile Zukunft (GftZ) an. Der Betrieb werde in zwei Schichten laufen, erklärte er am Dienstag in Berlin. Damit soll es möglich werden, die einzelnen Komponenten der Schuhe zu trennen, um möglichst reine Materialien für Wiederverwendung und Recycling zu gewinnen.

Die neue Anlage wird aus einem Shredder, einem Metallabscheider und einer Delaminationsmühle zur Extraktion von NE-Metallen und Textilflusen bestehen. Hinzu kommen ein Luftabscheider zur Separation von Materialien wie Gummi, Leder und Schaum sowie ein Granulator. An dieser Verfahrenskombination hat Soex bereits seit 2013 zusammen mit den Partnern Air und Eco TLC in Frankreich sowie InCycle in Großbritannien gearbeitet.

Soex scheint sich auch sicher zu sein, die nötigen Absatzmärkte für die Endprodukte, sprich für pulverisierte Leder- oder Gummipellets zu finden. Denkbar wäre die Verarbeitung beispielsweise zu Schuhsohlen mit Recyclinggummi-Anteil oder auch zu Sportböden und Fußmatten. „Testergebnisse mit Schuh- und Fußbodenherstellern liegen bereits vor“, sagte Mzikian bei der Fachtagung.


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Neue Material-Sortieranlage

Für das kommende Jahr hat Soex noch ein weiteres Vorhaben auf der Agenda. Geplant ist auch eine neue Material-Sortierungsanlage für Alttextilien. „Für die Textilsortierung kommen Nahinfrarot-Sortiertechnologien zum Einsatz“, erklärte Mzikian. Mit Hilfe der NIR-Spektroskopie sei nicht nur eine Unterscheidung zwischen reinen Materialien und Mischmaterialien möglich. Auch die prozentuale Zusammensetzung von Mischmaterialien sowie auch Farben ließen sich damit erkennen.

Darüber hinaus will die Gruppe weiter in Forschungsarbeiten im Bereich des chemischen Recyclings investieren. „Beim EU-Projekt Resyntex wird textiler Abfall in seine chemischen Grundbausteine zurückgeführt“, fasste der Soex-Abteilungsleiter die laufenden Arbeiten zusammen.

Reißerei verarbeitet 11.000 Tonnen Altkleider

Am Standort in Wolfen in Sachsen-Anhalt betreibt Soex bereits ein Recyclingwerk. „Die Reißerei verarbeitet jährlich rund 11.000 Tonnen Alttextilien“, berichtete Mzikian. Aus den Reißfasern würden Dämmmaterialien für die Automobilindustrie, Malervliese und Isolationsstoffe für die Hausdämmung hergestellt. Insgesamt stelle Soex an die 28 Produkte her.

Das mechanische Verfahren der Reißerei hat allerdings einige Schwachpunkte: „Es lassen sich nur bestimmte Faserlängen herstellen“, sagte Mzikian. Das schränke die Einsatzmöglichkeiten der Fasern ein. Aber auch auf der Inputseite gibt es Einschränkungen. Denn es können nicht alle Materialien verarbeitet werden. Herausforderungen seien zum Beispiel stretchbare und dünne Stoffe.

Soex sammelt nach eigenen Angaben jährlich circa 115.000 Tonnen Altkleider. In den mechanischen Aufbereitungsprozess des Reißens gehen 14 Prozent der Gesamtsammelmenge an Alttextilien. Ein fast identisch großer Teil der nicht mehr tragbarbaren Ware wird zu Putzlappen verarbeitet. Ins sonstige Recycling gehen 6 Prozent. 10 Prozent beziehungsweise 11.500 Tonnen sind zu nichts mehr zu gebrauchen und müssen daher als Abfall entsorgt werden.

Über die Hälfte der gesammelten Altkleidung, genauer gesagt 55 Prozent, kann Soex als Second-Hand- oder sogar als Neuware vermarkten. Das sind pro Jahr in etwa 63.250 Tonnen, die das Unternehmen in etwa 90 Ländern weltweit vermarktet.

Die Soex Gruppe hat ihren Firmenhauptsitz in Ahrensburg. Neben dem Recyclingwerk in Wolfen betreibt Soex noch Standorte in fünf weiteren Ländern. Zur Gruppe gehören zehn Tochterunternehmen.

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