Krise in der Stahlbranche

Dass die Aussichten in der Stahlbranche alles andere als rosig sind, ist bekannt. Kosteneinsparungen alleine retten strauchelnde Unternehmen jedoch nicht, sagt eine Unternehmensberatung. Sie schlägt Alternativen vor.

Sparen alleine reicht nicht


Die Stahlbranche steckt in einer Krise. Das ist inzwischen bekannt. Einige große Hersteller haben bereits mit Entlassungen und Milliardeneinsparungen bei der Herstellung reagiert. Für die Strategieberater von Roland Berger greifen diese Maßnahme aber zu kurz. In der neuen Studie „Weathering the steel crisis“ versuchen sie, Tipps zu geben, wie Unternehmen die Krise überstehen können.

Aus Sicht der Analysten stellt sich die aktuelle Lage wie folgt dar:

  • Die Stahlnachfrage aus China ist 2014 um 3,3 Prozent zurückgegangen. Mindestens bis 2020 wird der Rückgang fortbestehen, da China alleine im Bausektor plant, 10 Prozent weniger herzustellen.
  • Die Überkapazitäten in Nordamerika werden mindestens bis 2020 bestehen, da im Öl- und Gassektor die Nachfrage rückläufig ist.
  • Die Globalisierung der Märkte macht es für die Hersteller immer schwerer, Handelsströme vorherzusagen.
  • Zwar haben einige große Hersteller bereits ab 2012 massive Sparprogramme durchgeführt, doch kaum einer hat die Kapazitäten verringert. Entsprechend gefährdet sind kleinere Hersteller, die ihre Kosten nicht zurückschrauben können.
  • Durch die Sparprogramme werden auch Investitionen verhindert und weltweit mehrere hunderttausend Beschäftigte arbeitslos.
  • Inzwischen versuchen Hersteller wie Glencore Teile ihre Produktionsstätten zu verkaufen, andere legen Öfen still oder stellen andere Produkte her.
  • Die Aktienkurse der weltweit größten Stahlhersteller an der New Yorker Börse sind massiv gefallen. Bei United States Steel Corporation lag das Minus bei 70 Prozent, bei ArcelorMittal bei 65 und bei Posco bei 50 Prozent.

Für die Experten von Roland Berger sind rigide Sparprogramme alleine jedoch nicht zielführend. Sie schlagen Alternativen vor, die den Stahlherstellern eine wirtschaftliche Zukunft ermöglichen sollen:

  • Persönlicher Kundenkontakt und Forschung: War die Branche jahrelang meist mit Großkunden in Kontakt, beispielsweise aus der Automobilindustrie, raten die Analysten den Herstellern, sich Abnehmer aus anderen Sektoren zu suchen. Die Unternehmen sollten sich mit Herstellern von technischen Produkten zusammentun und gemeinsam Möglichkeiten zum Einsatz von Stahl erarbeiten. Dabei sollten Forschungs- und Entwicklungspartnerschaften gegründet werden. Auch Kontakte im Bereich erneuerbare Energien könnten hilfreich sein. Beispielsweise müssten bei den Offshore-Parks deutlich früher als angenommen einige Elemente ersetzt werden.
  • Anpassung der Wertschöpfungskette: In der schnelllebigen Industrie ist es nach Ansicht der Strategen nötig, dass die Unternehmen ihre Wertschöpfung und Lieferkette schnell anpassen können. In Zeiten, in denen beispielsweise Stahlprodukte über Plattformen wie Alibaba.com gekaufte werden können, müssen die Hersteller beispielsweise kürzere Lieferzeiten für Blei anbieten, um konkurrenzfähig zu bleiben.
  • Konzentration auf regionale „Hot Spots“: Statt weltweit zu agieren raten die Analysten den Unternehmen, sich auf bestimmte Felder zu konzentrieren. Dann bedarf es auch keiner übergroßen Produktionsstätten mehr, die Herstellung könne dezentralisierter stattfinden. Teilweise könnten sich Produzenten auch Anlagen teilen. Beispielsweise sind ArcelorMittal und NSSMC inzwischen ein Joint Venture eingegangen. Außerdem könnten teilweise große, teure Hochöfen gegen kleinere und flexiblere Elektrolichtbogenöfen getauscht werden.

Im Idealfall würden Stahlhersteller einen Mix aus allen drei vorgeschlagenen Maßnahmen wählen. Dann, so glauben die Unternehmensberater, könnten sie die aktuelle Krise überstehen. „Nach vielen Jahren in denen es hieß, möglichst groß, muss es nun heißen: möglichst fokussiert“, raten die Experten.

© 320°/ek | 15.03.2016

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