Belohnung inklusive

Wozu Mülltrennen, wenn am Ende doch alles wieder zusammengeschmissen wird, fragen sich manche Bürger. Mit einer App will ein deutsches Startup-Unternehmen das Vertrauen zurückgewinnen. Damit sollen Bürger künftig den Recyclingweg von E-Schrott nachvollziehen können.

Startup will E-Schrott-Recycling verbessern


Besonders viel Vertrauen in das Recycling haben die Deutschen nicht, hat Martin Jaehnert festgestellt. Der Dresdner hat Anfang des Jahres das Unternehmen Binee gegründet, um das Einsammeln und Recyceln von Elektroschrott deutlich zu verbessern. Eine Befragung im Vorfeld habe gezeigt: „Viele haben Bedenken, nach dem Motto: Wer sagt mir, dass mein Elektrogerät nicht irgendwo auf einer Müllhalde in Afrika landet?“, sagt Jaehnert.

Tatsächlich ist es so, dass ein nicht geringer Teil der rund 700.000 Tonnen E-Schrott, die jährlich allein in Deutschland anfallen, über dunkle Kanäle im Ausland verschwindet. Darüber hinaus landen viele Kleingeräte wie elektrische Zahnbürsten, Föns oder Toaster oft im Restmüll. Entweder weil dem Verbraucher der Weg zum Wertstoffhof zu weit ist, oder weil er es schlicht nicht besser weiß. „Das sind Wertstoffe, die man bergen muss“, sagt Jaehnert. Sein Startup hat daher eine „smarte Tonne“ entwickelt, mit der das Einsammeln vereinfacht und gleichzeitig das Vertrauen der Bürger zurückgewonnen werden soll.

Eine höhere Sammelquote ist auch das Ziel des im Sommer verabschiedeten Elektronikgerätegesetzes (ElektroG). Es sieht vor, dass alle großen Händler, die über eine Verkaufs- oder Versand- und Lagerfläche von mehr als 400 Quadratmetern für Elektro- und Elektronikgeräte verfügen, Altgeräte zurücknehmen und dafür entsprechende Rücknahmestellen einrichten. Das schaffe einen erheblichen Logistikaufwand, klagt die Branche. Oder eine Geschäftsidee, meint Martin Jaehnert.

Information, Transparenz und Belohnung

Die Binee-Tonne wird – wie vom Gesetz verlangt – beim Elektrohändler bereitgestellt. Sie lässt sich mit einer Nfc-Chipkarten öffnen, die der Kunde entweder bereits hat oder die es vor Ort zu leihen gibt. Beim Einwurf wird das eingeworfene Elektroaltgerät von einer in der Tonne integrierten Kamera abgefilmt, automatisch erkannt und schließlich noch in der Tonne gewogen. „Das sichert uns ab gegen den Einwurf von falschen Materialien“, sagt Jaehnert.

Im Anschluss erhält der Verbraucher für seinen Einsatz einen Gutschein, den er beim Neukauf eines Geräts einlösen kann. Gekoppelt ist die Tonne mit einer App, über die der Benutzer weitere Informationen zu seinem Elektro-Abfall und den Verlauf des Recyclings erhält. Denn viele Bürger wüssten nicht, wozu die Mühe, Elektrogeräte separat zu trennen, gut sein soll.

Die wichtigste Funktion der App ist aber die Nachtverfolgung. Ähnlich wie bei einem Trackingservice für Pakete kann der Verbraucher sein altes Gerät über die verschiedenen Stationen des Einsammelns und Verwertens nachverfolgen. „Auf diese Weise kann man sich selbst überzeugen, dass das Gerät eben nicht außer Landes geschafft, sondern fachgerecht in Deutschland verwertet wird“, sagt Jaehnert.

Dies sei ein großes Plus gegenüber den bisherigen Rücknahmemodellen, meint der Binee-Gründer. Mit seinem transparenten Vorgehen könne der Händler zeigen, dass er sich seiner Verantwortung gegenüber der umweltgerechten Entsorgung seiner verkauften Produkte stellt. Mit dem Bonussystem werde außerdem eine Kundenbindung und ein Kaufanreiz direkt vor Ort geschaffen. Und: Das Recyclingunternehmen erhält im Vergleich zur öffentlichen Sammlung einen vergleichsweise reinen Stoffstrom.

Ausweitung auf weitere Stoffströme angedacht

Ob dieses Geschäftsmodell erfolgreich sein wird, muss sich erst noch zeigen. Das Beispiel Handy zeigt, dass es bislang alles andere als einfach ist, Kleingeräte in signifikanten Mengen einzusammeln und lukrativ zu verwerten. Im November beginnt ein Pilotprojekt in Oldenburg, durchgeführt von Enera, einer Sparte des Energieversorgers EWE. Wer das kooperierende Recyclingunternehmen ist, will Jaehnert noch nicht preisgeben. Bewährt sich die Versuchsphase, ist ein bundesweiter Roll-Out geplant, bei dem weitere Kooperationspartner im Elektrohandel und lokale Recyclingpartner gefunden werden sollen.

Binee-Gründer Martin Jaehnert ist in Gedankenschon ein paar Schritte weiter. Langfristig könne er sich auch vorstellen, das Modell auf weitere Stoffströme wie Kunststoffe oder Metalle auszuweiten. „Meine Idealvorstellung ist: Ich entsorge zum Beispiel eine Coladose und nach einigen Monaten schickt mir mein Handy eine Nachricht, dass meine recycelte Dose in einem neuen Auto steckt.“

 

320°/db

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