Neue Regierung

Der neue Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD ruft in der Recyclingbranche gemischte Reaktionen hervor. Die vereinbarten Ziele für die Kreislaufwirtschaft gehen in die richtige Richtung, so Branchenvertreter. Doch erkennbar groß ist auch die Skepsis. Die Reaktionen im Überblick.

Stimmen zum Koalitionsvertrag



Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE):

„Der BDE begrüßt die im Koalitionsvertrag getroffenen Aussagen zu den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft. Es ist ein wichtiges Signal, dass sich die neue Bundesregierung dem Dreiklang von anspruchsvollen Recyclingquoten, Wettbewerb und Produktverantwortung verpflichtet sieht. Gleiches gilt auch für die Aussagen zur künftigen Mantelverordnung für Ersatzbaustoffe und Bodenschutz und auch für das Eintreten für die Plastikstrategie auf europäischer Ebene.

Der BDE mahnt jedoch, es nicht nur beim Prüfauftrag für Anreize und gesetzliche Pflichten zum Einsatz von recycelten Materialen in der industriellen Produktion zu belassen. Wir erwarten hier zügig konkrete Regelungen und eine schnelle Umsetzung, damit der Prüfauftrag nicht einer Beerdigung erster Klasse für die Vorhaben für mehr Kreislaufwirtschaft gleichkommt. Insbesondere mit Blick auf das chinesische Importverbot von Plastikabfällen wünscht sich die deutsche Entsorgungswirtschaft hier schnelle praktikable Schritte.“


Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung (bvse):

„Die Aussagen im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD sind in erster Linie ein klares Bekenntnis zur Kreislaufwirtschaft. Dabei ist positiv, dass die Punkte „Anspruchsvolle Recyclingquoten, Wettbewerb und Produktverantwortung“ hervorgehoben werden. Wir werten das als klare Absage an alle, die die kommunale Abfallwirtschaft privilegiert sehen wollen. Diesen Worten müssen aber auch Taten folgen. Wir halten in diesem Sinne eine Korrektur des Kreislaufwirtschaftsgesetzes für absolut erforderlich.

Erfreulich ist auch, dass im Koalitionsvertrag die schon in der Vergangenheit angekündigte Absicht festgeschrieben worden ist, dass Recyclingpotenzial von Altholz zu evaluieren. Wenig Hoffnung macht der bvse den Koalitionären, dass im Alttextilbereich noch nennenswerte Recyclingpotenziale zu heben sind. Der bvse begrüßt jedoch die Ankündigung im Koalitionsvertrag, dass ein bundeseinheitlicher und rechtsverbindlicher Rahmen für die Verwertung von mineralischen Abfällen geschaffen werden soll.“


Verband kommunaler Unternehmen (VKU):

„Der VKU begrüßt, dass ein Schwerpunkt der politischen Arbeit auf dem Gebiet Abfallvermeidung und Recycling liegt und hier zum Beispiel die Einsatzmöglichkeiten für recycelte Materialien verbessert werden sollen. Die Produktverantwortung soll so weiterentwickelt werden, dass Hersteller die Langlebigkeit, Reparierbarkeit und Wiederverwendbarkeit stärker berücksichtigen müssen – das fordert der VKU seit langem.“


Bundesvereinigung Deutscher Stahlrecycling- und Entsorgungsunternehmen (BDSV):

„Die BDSV begrüßt den heute von den Koalitionsparteien CDU, CSU und SPD vereinbarten Koalitionsvertrag als Schritt in die richtige Richtung. Beim Bekenntnis, das erfolgreiche deutsche Modell der Kreislaufwirtschaft weiter fortführen zu wollen, wird das Wettbewerbsprinzip ausdrücklich erwähnt. Dies lässt den Schluss zu, dass bei der Politik jetzt endlich angekommen zu sein scheint, das Recycling in Deutschland nicht dadurch verbessern zu können, dass man es der kommunalen Daseinsvorsorge überantwortet.

Positiv nimmt die BDSV auch die Ankündigung auf, eine „Nationale Forschungs- und Innovationsstrategie für Ressourcenschutztechnologie“ gemeinsam mit der Wirtschaft erarbeiten zu wollen. Daran wird sich die Stahlrecyclingbranche mit ihrer Expertise gerne beteiligen.“


Verband Deutscher Metallhändler (VDM):

„Der Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD birgt erheblichen Spielraum nach oben. In einigen Punkten sind zwar positive Ansätze und Ideen niedergeschrieben, letztendlich sind es aber keine konkreten Pläne zur Umsetzung in Wirtschaft und Verwaltung. Es wird nun darum gehen, den vagen Formulierungen Taten folgen zu lassen. Gleichzeitig gehen uns die vereinbarten Punkte mit Blick auf das Recycling nicht weit genug. Hier muss mehr gemacht werden, als Quoten festgelegt werden – und zwar auch mit Blick auf ausländische Unternehmen, die Technik in Deutschland auf den Markt bringen.“


Arbeitsgemeinschaft stoffspezifische Abfallbehandlung (ASA):

„Die ASA begrüßt es nachdrücklich, dass die Koalitionsverhandlungen endlich abgeschlossen sind, sieht die Parteien aber in der Pflicht, Ihre Arbeit zügig aufzunehmen. Es gilt zu hoffen, dass die Bundesregierung noch vor Ostern aktiv wird. Mit Blick in den Vorabentwurf des Koalitionsvertrages sind die Erwartungen groß. Gerade bei dem Thema Recyclingquoten sieht die ASA nach wie vor Handlungsbedarf.

Statt sich auf eine Weiterentwicklung „anspruchsvoller Quoten“ zu konzentrieren, sollte es zunächst einmal oberstes Ziel sein, die bisherigen Quoten ohne Qualitätseinbußen überhaupt zu erreichen und hochwertige Recyclingprodukte auf den Markt bringen zu können. Fraglich bleibt für die ASA weiterhin, ob die Kreislaufwirtschaft mit den Formulierungen aus dem Koalitionsvertrag wirklich einen höheren Stellenwert erlangt und ein klarer Weg in die Zukunft aufgezeigt wird.“


Bundesverband der Altholzaufbereiter und -verwerter (BAV):

„Der Bundesverband der Altholzaufbereiter und -verwerter (BAV) begrüßt ausdrücklich, dass Altholz erstmals Eingang in einen Koalitionsvertrag auf Bundesebene gefunden hat. Dort heißt es: „Wir werden die Recyclingpotenziale weiterer relevanter Abfallströme wie Altholz, Alttextilien oder Altreifen evaluieren und verstärkt nutzen.“ Die Formulierung ist ein erster, aber wichtiger Schritt. Damit verbindet der BAV aber gleichzeitig, in den anstehenden Projekten, darunter etwa die Novellierung der Altholzverordnung oder der Erhalt der Altholzkraftwerke nach Auslaufen des EEG, für Verbesserungen einzutreten.“


Deutsche Umwelthilfe (DUH):

„Der gesamte Koalitionsvertrag ist vom mangelhaftem Anspruchsniveau im Bereich Umwelt- und Verbraucherschutz gekennzeichnet. Das gesamte Papier basiert auf Prüfaufträgen und Finanzierungsvorbehalten, mit denen die notwendigen Entscheidungen zum Klima-, Ressourcen- und Naturschutz auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben werden. Der Umweltpolitik in Deutschland drohen vier weitere bleierne Jahre.

Für äußerst bedenklich hält der Umwelt- und Verbraucherschutzverband, dass das Thema Abfallvermeidung im Koalitionsvertrag praktisch nicht stattfindet. Dabei ist Deutschland Europameister beim Verpackungsabfall. Anstatt das Plastikmüllproblem bereits im Entstehen durch eine klare Förderung von Mehrwegsystemen, höhere Entgelte und Abgaben zu lösen, fehlt ein klares Bekenntnis zur Abfallvermeidung und Mehrwegschutz.“

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