Reaktionen

Zwei wichtige Regelwerke haben vergangene Woche entscheidende Hürden genommen. Die Gewerbeabfall-Verordnung kann damit in Kraft treten, das Verpackungsgesetz steht kurz vor dem Abschluss. Die Reaktionen aus der Branche sind durchwachsen.

Stimmen zu Verpackungsgesetz und Gewerbeabfall-Verordnung


Michael Wiener, CEO Duales System Holding:

„Nach langer und zum Teil quälender Diskussion ist es gelungen, der Kreislaufwirtschaft einen wichtigen Impuls zu geben. Auf dieser Basis können wir das Verpackungsrecycling weiterentwickeln. […] Allein die Erwartung neuer Recyclingziele hat in der Branche einen Knoten gelöst und für eine positive Stimmung gesorgt. […] Die Zentrale Stelle wird die Registrierung der verpflichteten Inverkehrbringer übernehmen und die dualen Systeme überwachen. Sie kann auch Sachverständige sanktionieren, die sich bei ihren Gutachten nicht an die Regeln halten. Ein solches Instrument wird zur nachhaltigen Stabilisierung des dualen Systems beitragen und vor allem Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Unternehmen aus Industrie und Handel beenden.“

Barbara Hendricks, Bundesumweltministerin:

„Nach jahrelangem Ringen haben wir heute im Bundestag ein Gesetz beschlossen, das uns auf dem Weg zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft und den Umweltschutz insgesamt einen großen Schritt voranbringt. Wir stärken das Recycling von Verpackungen durch höhere Recyclingquoten. […] Die von Industrie und Handel finanzierten dualen Systeme müssen ab 2019 deutlich höhere Recycling-Quoten erfüllen. Diese gelten für alle Verpackungen, die bei dualen Systemen lizenziert sind. Die Recycling-Quote für Kunststoffverpackungen steigt bis zum Jahr 2022 von heute 36 Prozent auf 63 Prozent. Die Recycling-Quoten bei Metallen (heute bei 60 Prozent), Papier (70) und Glas (75) steigen bis 2022 auf 90 Prozent an. […] Wir schaffen Anreize für ökologische und recyclingfähige Verpackungen. Wir stärken Mehrweg durch mehr Transparenz an den Getränkeregalen. Und wir verbessern die kommunalen Gestaltungsmöglichkeiten für die Sammlung vor Ort. Jetzt hoffe ich, dass auch die Länder diesen ausgewogenen Kompromiss akzeptieren und wir dieses Kapitel erfolgreich abschließen können.“

N.N., VKU:

„Der VKU bezweifelt, dass das Verpackungsgesetz eine Trendwende bringen wird und fordert eine Neuausrichtung im Interesse von Bürgern und Umwelt. Ein Grund für die zu erwartenden Defizite des Verpackungsgesetzes ist, dass mit der Marktüberwachung Vertreter der Verpackungsindustrie betraut werden sollen. Damit wird der Bock zum Gärtner gemacht: Die zu Überwachenden sollen sich selbst überwachen. Es ist schwer vorstellbar, dass die Zentrale Stelle ökologische Ziele bei der Verpackungsentsorgung über die ökonomischen Interessen der Verpackungsindustrie stellen wird. Das Verpackungsgesetz lässt die Kommunen bei der Aufgabe im Stich, stoffspezifische Trennvorgaben des europäischen und des nationalen Abfallrechts zu erfüllen. Weder erhalten die Kommunen die Befugnis, eine einheitliche Wertstoffsammlung einzuführen, noch werden dafür Anreize gesetzt. […] Der Gesetzgeber des Verpackungsgesetzes erkennt zwar grundsätzlich an, dass die Kommunen die Befugnis haben müssen, das Sammelsystem für Verpackungsabfälle in seinen wesentlichen Parametern – zum Beispiel Behälter und Abholrhythmus – zu bestimmen, bleibt aber leider auf halbem Wege stehen. So sollen die neuen Rahmenvorgaben zwar für die Leichtverpackungen gelten, nicht aber für Glas. Damit wird es den Kommunen weiterhin nicht möglich sein, die vielfach nachgefragten, platzsparenden und barrierefreien Unterflursysteme für sämtliche Abfallfraktionen vorzugeben.“

Peter Kurth, Präsident BDE:

„Der BDE begrüßt die Entscheidungen des Bundestages zum Verpackungsgesetz und zur Gewerbeabfallverordnung. Beide Vorhaben bringen wichtige Fortschritte für das Recycling. […] Die durch das Verpackungsgesetz angehobenen Recyclingquoten und auch die Getrenntsammlungsquote von 90 Prozent in der Gewerbeabfallverordnung können die Recyclingleistung in Deutschland erhöhen. Ob die beschlossenen Regelwerke auch in der Praxis erfolgreich sein werden, wird von ihrem Vollzug abhängen.Der Vollzug beschäftigt die Unternehmen der Entsorgungswirtschaft in der täglichen Praxis. Dass die bisherige Gewerbeabfallverordnung nicht konsequent umgesetzt wurde, darf sich nicht wiederholen.“

Eric Rehbock, Hauptgeschäftsführer bvse:

„Die Entscheidung für ein Verpackungsgesetz ist eine wichtige Weichenstellung für mehr Recycling, weniger Verbrennung und für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft. Insbesondere die Erhöhung der Recyclingquoten für Kunststoffverpackungen ist ein zukunftsweisender Schritt. Die Quote für Kunststoffverpackungen soll bis zum Jahr 2022 von heute 36 Prozent auf 63 Prozent steigen. Das ist technisch machbar und sowohl aus ökonomischer wie auch aus ökologischer Sicht sinnvoll. […] Die Neufassung der Gewerbeabfall-Verordnung wird kleinen und mittelständischen Unternehmen das Leben schwerer machen. So kommen auf die Unternehmen beispielsweise zusätzliche Nachweispflichten zu. […] Enttäuschend ist auch, dass keine Differenzierung zwischen einer energetischen und einer hochwertigen energetischen Verwertung im Rahmen der Gewerbeabfallverordnung vorgenommen wird.“

Rainer Cosson, Hauptgeschäftsführer BDSV:

„Wir begrüßen, dass der Gesetzgeber die Bewirtschaftung von gewerblichen Siedlungsabfällen und von bestimmten Bau- und Abbruchabfällen jetzt mit anspruchsvollen Recyclingvorgaben versehen hat. […] Soweit die neue Gewerbeabfallverordnung die Zuführung der verbleibenden Gemische zu Vorbehandlungsanlagen oder Aufbereitungsanlagen verlangt, stehen die Recyclingunternehmen in der BDSV auch für die Errichtung dieser anspruchsvollen Anlagen prinzipiell zur Verfügung. Allerdings: Das A und O ist, dass dafür Planungs- und Investitionssicherheit besteht. Es nutzt nichts, wenn die Anlagenkonfigurationen im Gesetz vorgegeben werden, der behördliche Vollzug der Zuführungs- und Aufbereitungspflicht jedoch nicht stattfindet. Nach Überzeugung der BDSV muss die bisherige Behördenpraxis eine komplette Kehrtwende vornehmen. Ohne klares, konsequentes und transparentes Behördenhandeln wird sich auch die novellierte Gewerbeabfallverordnung als bloßer Papiertiger herausstellen.“

Leif Miller, Bundesgeschäftsführer NABU:

„Das Verpackungsgesetz ist zu lasch, um beim Ressourcenschutz einen echten Schritt voranzukommen. Im vorliegenden Gesetzesentwurf fehlen nach wie vor eine verbindliche Mehrwegquote, ein strenges ökologisches Bonus-Malus-System für Verpackungshersteller sowie Mindestsammelmengen und dynamische Recyclingquoten. […] Der NABU ist enttäuscht über fehlende Regeln und Anreize für Hersteller von Verpackungen. Recyclingquoten alleine funktionieren nicht. Genauso wichtig ist es, dass Produzenten Verpackungen recyclingfreundlicher gestalten und recycelte Wertstoffe wieder einsetzen. Der Gesetzesplan, dass die dualen Systeme zu diesem Zweck ihre Entgelte ökologischer gestalten, wäre grundsätzlich sinnvoll. Weil es aber keine konkreten Vorgaben dafür gibt, weil bei Nichthandeln keine Sanktionen folgen und weil die Systeme nicht öffentlich über die Ziele zum Erreichen ihrer Maßnahmen berichten müssen, wird ein Umdenken in der Verpackungsbranche ausbleiben. Ein erster Schritt hätte sein können, Hersteller für den Einsatz von Sekundärrohstoffen zu belohnen. Doch so bleibt das Gesetz weit hinter seinen Möglichkeiten zurück.“

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer DUH:

„Der Vorschlag aus dem Umweltausschuss des Bundestages rechtliche Maßnahmen zu entwickeln, falls die gesetzliche Mehrwegquote von 70 Prozent drei Jahre nach deren Inkrafttreten noch nicht erreicht wird, wurde im letzten Moment gestrichen. Damit wurde der Mehrwegquote die Verbindlichkeit genommen. So hat sie einen rein appellativen Charakter. Für den Fall der dauerhaften Unterschreitung der Quote sind keine ordnungspolitischen Maßnahmen vorgesehen. […] Für besonders bedenklich halten die DUH, der Bundesrat und auch das Bundeskartellamt die Kontrolle über die Lizenzierung von Verpackungen der Industrie und dem Handel zu übertragen. Eine ‚Zentrale Stelle‘ mit Register- und Kontrollfunktion zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen Lizenzierung und Entsorgung von Verkaufsverpackungen muss unter staatlicher Kontrolle bleiben. Ansonsten droht ein unkontrollierbares Interessensgeflecht von Verpackungsherstellern, Händlern und Entsorgern, das zu Lasten der Verbraucher geht. Einmal mehr setzt die Ministerin auf zweifelhafte Deals mit der Wirtschaft, anstatt auf staatliches Ordnungsrecht zu setzen.“

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